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"Von null auf 55.000 - das ist eine unglaubliche Leistung"

"Es gibt mehr afrikanische Ärzte in Kanada und Großbritannien als in Afrika selbst"

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Wie kann Ihrer Meinung nach der Personalmangel, besonders bei Ärzten und medizinischem Personal, überwunden werden?»

University of Botswana in Gaborone: Kampf gegen den Brain DrainDe Korte: Ich glaube, es gibt mehr afrikanische Ärzte in Kanada und Großbritannien als in Afrika selbst. Zum Teil hat es also etwas mit der Abwanderung von medizinisch ausgebildetem Personal nach Europa und in die Vereinigten Staaten zu tun, die aufhören muss, weil Afrika andernfalls niemals ausreichende eigene Ressourcen haben wird. Sicherlich hat es auch etwas mit den Gehältern zu tun, die Ärzte und qualifiziertes Medizinpersonal in Afrika bekommen. Finanziell sollte es für afrikanisches Medizinpersonal attraktiver sein, in Afrika zu bleiben. Wir sind dem dadurch begegnet, dass wir viele Leute ausgebildet haben. Wir haben große Anstrengungen unternommen, um Gesundheitspersonal direkt und im Rahmen von Fernlehrgängen zu schulen, und werden dies auch in Zukunft tun. Dies geschieht teilweise auch durch so genannte "klinische Mentorprogramme", in denen Ärzte und Krankenpfleger - hauptsächlich aus Westeuropa - bis zu zwei Jahren arbeiten und Leute vor Ort ausbilden.

Ferner haben wir in Botswana Behandlungsteams eingeführt. Patienten, die auf die antiretrovirale Therapie eingestellt sind, müssen in vielen Fällen nicht monatlich zum Arzt. Wenn ihr Gesundheitszustand stabil ist und es keine besonderen Probleme gibt, suchen sie nur einen Krankenpfleger oder Berater auf. Dies bedeutet einen Zeitgewinn für die Ärzte. Es ist auch hier, wie so oft: Damit wir die Effektivität unseres Hilfsprogramms optimieren können, versuchen wir, das Gesundheitssystem sowie die Erbringung von Gesundheitsleistungen effizienter zu machen.

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Es gab Berichte, dass die Arbeit von ACHAP fünf Jahre dauern sollte, aber dass es nicht möglich war, die hierfür bestimmten Gelder während dieser Zeit auszugeben. Warum?»

De Korte: Was wir mit dem Begriff "Aufnahmefähigkeit" bezeichnen, ist einfach nicht vorhanden. In einem Umfeld mit beschränkten Ressourcen ist es unglaublich schwierig, finanzielle Transparenz zu schaffen, so dass über jeden Dollar Rechenschaft abgelegt werden kann. Als Projektverantwortlicher möchte ich doch sicher sein, dass wir das Beste aus unserem Geld machen - aber das ist wirklich schwer. Das Programm ist jetzt um vier Jahre verlängert worden, obwohl wir angekündigt hatten, die Gelder innerhalb von fünf Jahren auszugeben. Wir haben das Programm bis Ende 2009 verlängert und hoffen, dass wir es in diesem Zeitraum schaffen.

Entwicklungsland Botswana: Controlling nur schwer umsetzbarEin weiterer Grund, warum wir das ursprüngliche Budget noch nicht ausschöpfen konnten, ist die Tatsache, dass dank des strategischen Planungsprozesses in den letzten zwei Jahren eine Menge Ressourcen über die Nationalregierung Botswanas für die Bekämpfung von HIV/Aids zur Verfügung gestellt wurden. Da ist insbesondere die PEPFAR-Initiative der US-Regierung, der Fonds von Präsident Bush, der wichtige Ressourcen bereitgestellt hat, und Botswana ist eines der Länder, die als Empfänger dieser Gelder ausgesucht wurden. Also sind die verfügbaren finanziellen Ressourcen enorm gesteigert worden, was uns die Verwendung unserer Gelder weiter erschwerte.

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Wenn wir aber trotz der vier zusätzlichen Jahre für ACHAP in die Zukunft sehen, wächst die Anzahl der Menschen, die behandelt werden müssen wahrscheinlich schneller, als Sie das Programm erweitern können. Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, das HIV/AIDS-Problem in Botswana zu lösen?»

De Korte: Natürlich sieht das Problem wie folgt aus: Wenn Sie anfangen, die Menschen zu behandeln, bleiben sie am Leben. Je mehr Menschen Sie behandeln, umso mehr vergrößern Sie letztendlich die Krankheitslast des Landes. Die Leute, die vor acht oder zehn Jahren infiziert wurden, entwickeln jetzt Symptome. Also steigt die Krankheitslast - und es wird noch viele Jahre dauern, bis die Steigerungsrate abnimmt. Letztendlich sind verbesserte Präventionsmaßnahmen die wirkliche Lösung, denn dies hat eine langfristige Perspektive und garantiert, dass Sie die Oberhand gewinnen und die Epidemie beenden können.

Waisenheim: Jedes fünfte Kind ist ohne ElternDie Auswirkungen von HIV werden sich in Botswana noch viele Jahre lang bemerkbar machen. Manch einer schätzt diesen Zeitraum auf mindestens zwei oder drei Generationen. Bedenken Sie, dass derzeit eines von fünf Kindern, also 20 Prozent aller Kinder in Botswana Waisen sind. Laut Hochrechnungen würde diese Zahl ohne die Behandlung AIDS-Kranker auf mehr als eines von zwei Kindern, also 50 bis 60 Prozent, steigen. Durch antiretrovirale Behandlung werden wir das in den Griff bekommen, obwohl wir immer noch keine Sicherheit haben, dass die Eltern am Leben bleiben. Die langfristige soziale Auswirkung der Epidemie ist einer der wichtigen Gründe, weshalb die Therapie wahrscheinlich auf lange Sicht wirtschaftlich notwendig ist. Dennoch wird es viele, viele Jahre dauern, bis wir die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise überwinden werden.

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