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Studie: Deutschland braucht neuen Ansatz für Gesundheitsdaten in Forschung & Entwicklung

Gesundheitsdaten sind wesentliche Innovationsressourcen. Deutschland muss deshalb endlich systematisch solche Daten erheben, normiert und strukturiert zur Verfügung stellen und für akademische wie industrielle Forschungszwecke nutzbar machen. Andere Länder haben hier längst einen produktiven Standard gesetzt und sich damit als Standort für Pharmaforschung aufgewertet. Das sind Kernergebnisse der Studie „Pharma-Innovationsstandort Deutschland“, die der vfa zusammen mit der Unternehmensberatung Kearney im Juli 2023 erarbeitet hat.

Die Verbindung von einzelnen Punkten zeigt ein Bild eines rennenden Mannes. Die Punkte sollen für Datenpunkte, die Bewegung für Gesundheit und Fortschritt stehen.

Die Studie identifiziert wesentliche Defizite Deutschlands als Pharma-Innovationsstandort und zeigt zugleich, wie Spitzenforschung ermöglicht, neue Therapieoptionen gesichert und Deutschlands internationale Position gestärkt werden können.

Um diese Ziele speziell im Feld der Erhebung und Nutzung von Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung und Entwicklung zu erreichen, ist es laut Studie insbesondere nötig, hierzulande zeitnah flächendeckend die elektronische Patientenakte einzuführen und für Interoperabilität mit anderen medizinischen datenhaltenden Stellen bzw. Registern weltweit zu sorgen. Denn nur dann wäre es beispielsweise möglich, Therapieverlaufsdaten aus einem deutschen, einem US- und einem französischen Register technisch-automatisch zusammenzuführen, ohne dass dafür Datensätze händisch neu eingegeben werden müssen. Und erst so wird es möglich, dass sich pseudonymisierte Daten über Therapieergebnisse mit Genom- oder Proteom-Daten der gleichen Personen aus anderer Quelle zusammenführen lassen, ohne dass die Pseudonymisierung aufgehoben werden müsste.

Auch sei es wichtig zu ermöglichen, dass pseudonymisierte Gesundheitsdaten mit einem Regionalfokus ausgewertet werden können, damit Unternehmen und Kliniken mit Blick auf geplante klinische Studien sehen, ob es im Einzugsgebiet der Kliniken überhaupt genügend Krankheitsfälle der zu untersuchenden Art gibt. Bis heute geschieht es allzu oft, dass an einer Studie teilnehmende Kliniken nach einem Jahr konzedieren müssen, dass sie keine oder nur eine Person im Rahmen der Studie behandeln konnten - was ineffizient für alle Beteiligten ist.

Bei all diesen Handlungsempfehlungen müsste Deutschland gar kein absolutes Neuland betreten; die Studie von vfa und Kearney führt UK, Israel, Frankreich und Finnland (siehe Kasten) als Positivbeispiele an, von denen Deutschland lernen könnte.

Konkret halten die Autor:innen der Studie „Pharma-Innovationsstandort Deutschland“ folgende Maßnahmen im Bereich der Forschungsdaten für dringend geboten:

  • Maßnahme: Digitales Gesundheitssystem
    Die Digitalisierung des Gesundheitssystems muss schneller vorangetrieben werden (inkl. elektronischer Patientenakte nach Opt-out-Prinzip). Datenschutz und Forschungsinteresse müssen dabei in Einklang gebracht werden.
  • Maßnahme: Registerlandschaft
    Es muss eine nachhaltige Registerlandschaft aufgebaut werden, welche die zentralisierte Aufbereitung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken ermöglicht. Hierzu müssen vorhandene Register nutzbar und verknüpfbar gemacht werden, etwa durch Nutzung eines Forschungspseudonyms.
  • Maßnahme: Interoperable Datenplattformen
    Der Austausch von standardisierten Daten, welcher im Rahmen der Medizininformatik-initiative durch die Schaffung von Datenplattformen an Universitätskliniken angegangen wurde, muss weiter vorangetrieben werden, z. B. durch Erweiterung auf Klinikkonzerne oder niedergelassene Ärzt:innen. Dabei sollte auch auf eine internationale Anschlussfähigkeit geachtet werden.
  • Maßnahme: Forschungsdatenzentrum
    Aufbau und Sicherstellung eines Forschungsdatenzentrums, welches mit einer leistungsstarken Governance und ausreichend spezialisiertem Personal ausgestattet sein muss. Die industrielle Forschung muss gleichberechtigt Zugang zu Gesundheitsdaten erhalten. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme in den Kreis der Nutzungsberechtigten des Forschungsdatenzentrums.

Die Studie „Pharma-Innovationsstandort“

In der Studie „Pharma-Innovationsstandort“ werden insgesamt 20 Einzelmaßnahmen in drei Handlungsfeldern empfohlen. Diese können nach der Überzeugung der Autor:innen – sofern konzertiert und simultan adressiert – positiv selbstverstärkend auf den Pharma-Innovationsstandort wirken.

Die Studie kann hier als PDF heruntergeladen werden.