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Fragen und Antworten zu Post Covid und Long Covid

Bei anhaltenden Symptomen nach einer Corona-Infektion unterscheiden Mediziner:innen – je nach Dauer – derzeit zwischen Post Covid und Long Covid. In diesem Q&A finden sich zu beiden Krankheitsbildern Informationen.

Frau mit Long Covid Symptomen sitzt mit geschlossenen Augen auf einem Sofa und hält eine Hand vors Briustbein

Bei anhaltenden Symptomen nach einer Corona-Infektion unterscheiden Mediziner:innen – je nach Dauer – derzeit zwischen Post Covid und Long Covid. In diesem Q&A finden Betroffene und Interessierte zu beiden Krankheitsbildern Informationen.

Teil 1: Symptome und Diagnose von Long und Post Covid / Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

Haben Patient:innen vier bis zwölf Wochen nach der SARS-CoV-2-Infektion noch Beschwerden, spricht man von Long Covid. Halten diese Beschwerden aber länger als zwölf Wochen nach der Infektion an und lassen sich nicht durch andere Diagnosen erklären, spricht man vom Post-Covid-Syndrom.

ME/CFS steht für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom. Es ist eine langfristige, oft schwerwiegende Erkrankung, die sich nicht nur in einem einzelnen Organ abspielt. Die genaue Ursache von ME/CFS ist derzeit unbekannt. Ein Zusammenhang zwischen ME/CFS und viralen Infektionen wird vermutet.
Die Hauptmerkmale von ME/CFS sind extreme Erschöpfung, die sich nach körperlicher oder geistiger Anstrengung. Die auftretende Belastungsintoleranz wird auch als Post-Exertionelle Malaise (PEM) bezeichnet. Die Symptome bestehen über mindestens sechs Monate und können durch Ruhe oder Schlaf nicht vollständig gelindert werden.
Weitere mögliche Symptome sind Kopf-, sowie Glieder- und Gelenkschmerzen.

Long und Post Covid sind durch eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome gekennzeichnet, die bei den einzelnen Patient:innen in unterschiedlicher Häufigkeit, Schwere und Form auftreten können. Insbesondere zählen dazu

  • Fatigue (ausgeprägte Erschöpfung nach körperlicher oder geistiger Anstrengung)
  • Denk- und Konzentrationsstörungen
  • Eingeschränkte Leistungsfähigkeit
  • Anhaltender Verlust von Geruchs- und/oder Geschmackssinn
  • Post-exertionelle Malaise (PEM, Zunahme der Beschwerden nach kleinen Anstrengungen)

Patient:innen mit Verdacht auf Long oder Post Covid sollten sich zunächst an iIhre jeweiligen Haus-/Allgemeinärzt:innen, Infektiolog:innen, Pneumolog:innen oder Kardiolog:innen wenden, die bei entsprechender Symptomatik gemäß der Leitlinie eine Überweisung in eine Fachambulanz für Long Covid vornehmen sollten.

Hinsichtlich der Symptome ähneln sich Long Covid und Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Symptom (ME/CFS) in vielen Fällen. Insbesondere die chronische Erschöpfung und geringe Belastbarkeit haben beide Erkrankungen gemein. Zudem sind auch von anderen Infektionserkrankungen Fälle von postviralem ME/CFS bekannt, was die Hypothese unterstützt, dass Long/Post Covid zumindest in einigen Fällen eine Form von ME/CFS ist. Da jedoch nicht alle Long Covid-Patient:innen ME/CFS-Symptome zeigen, handelt es sich vermutlich nicht immer um dieselbe Erkrankung.

Noch ist unklar, ob Post Covid mit der Zeit wieder von alleine verschwinden kann oder wie ME/CFS einen chronischen Verlauf nimmt. Nach einem halben Behandlungsjahr erfüllt ca. die Hälfte der Post Covid-Betroffenen die ME/CFS-Kriterien.

Weitere Langzeit-Studien mit einer großen Zahl an Patient:innen können hier helfen, Klarheit zu schaffen und ggf. eine bessere Abgrenzung zu ermöglichen.

Long Covid/Post Covid sind relativ neue Erkrankungen, die in größerem Umfang erst auftreten, seit viele Menschen eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus durchstanden haben. Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen mussten daher Long/Post Covid erst als eigenständige Erkrankung erkennen. Zudem ist diese Erkrankung sehr individuell und die Symptome sind vielfältig bzw. variieren stark zwischen den Patient:innen. Es hat daher zusätzliche Zeit gebraucht, einheitliche Diagnosekriterien aufzustellen. Insbesondere aufgrund des Engagements von Betroffenen und Spezialist:innen haben die Covid-Folgeerkrankungen jedoch an Aufmerksamkeit gewonnen, weshalb Patient:innen zukünftig hoffentlich schneller zu ihrer Diagnose kommen.

Es ist derzeit schwierig, die genaue Anzahl der von Long / Post Covid Betroffenen zu bestimmen. Dies hängt zum einen mit der komplexen Symptomatik des Krankheitsbildes zusammen, zum anderen mit der Tatsache, dass sowohl körperliche als auch psychische Beschwerden nach einer SARS-CoV-2-Infektion auch andere Ursachen haben können.

Die Auswertung bestehender Studien ist auch durch verschiedenartige Definitionen von Covid-19-Langzeiteffekten erschwert. Manche Studien betrachten als Langzeiteffekte diejenigen, die über mindestens vier Wochen nach der Infektion bestehen, während andere als Langzeiteffekte nur solche betrachten, die auch nach zwölf Wochen noch andauern. Darüber hinaus variieren die betrachteten Symptome und Einflussfaktoren wie Vorerkrankungen, und unterschiedliche Forschungsansätze machen die Bewertung noch schwieriger.

In Deutschland wird der Anteil der Personen mit Long Covid auf etwa 6 bis 15 Prozent geschätzt (variierende Angaben).

Quellen:

Langzeitfolgen nach einer SARS-CoV-2-Infektion können auch bei Kindern und Jugendlichen auftreten, sind jedoch im Vergleich zu Erwachsenen seltener. Allerdings wurden bisher viel weniger minderjährige als erwachsene Long/Post Covid-Erkrankte untersucht. Auch ist es bei Kindern und Jugendlichen nicht einfach, die direkten Langzeitfolgen der Corona-Infektion von anderen gesundheitlichen Auswirkungen abzugrenzen (Lockdown, Fernunterricht, Isolation).

Ein umfangreicher Forschungsbericht, der die Ergebnisse aus 23 Übersichtsarbeiten und 102 einzelnen Studien zusammengefasst hat, schätzt die Prävalenz von Long / Post Covid in dieser Altersgruppe auf 2 bis 3,5 Prozent. Eine weitere Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2022, die 22 Studien berücksichtigte, bezeichnete die vorliegenden Daten zu Long / Post Covid in dieser Altersgruppe als ziemlich uneinheitlich und nur begrenzt aussagekräftig.

Quellen:

Teil 2: Was weiß man über die Ursachen und molekularen Mechanismen?

Die Gründe für die Entwicklung von Long / Post Covid und die zugrundeliegenden Krankheitsvorgänge sind noch nicht verstanden. Man müsste sie aber kennen, um zielgerichtet neue Medikamenten oder andere Therapiemaßnahmen entwickeln zu können.

Einigkeit besteht in der Wissenschaft nur, dass verschiedene Ursachen zur Entstehung von Long Covid beitragen und es nicht den einen Krankheitsverlauf gibt.

Eine Hypothese geht davon aus, dass viele Symptome von Long und Post COVID darauf zurückzuführen sind, dass SARS-CoV-2-Viren all solche Zellen befallen, die auf ihrer Oberfläche ACE2-Rezeptoren tragen. ACE2-Rezeptoren sind nicht nur auf Lungenzellen, sondern u.a. auch bei Zellen auf der Innenseite von Blutgefäßen zu finden. Wenn das Virus an diese Rezeptoren bindet, könnte es Immunreaktionen auf diese Zellen lenken.

Quellen:

Ja, tatsächlich sind auch von anderen Infektionserkrankungen Patient:innen mit anhaltenden Beschwerden nach überstandener Infektion bekannt. Zu diesen zählen etwa Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (bis zu 7% der Patient:innen ein Jahr nach Infektion) und das SARS-CoV-1-Virus.

Teil 3: Therapiemöglichkeiten für Long Covid-Patient:innen

Bislang sind noch keine Medikamente zur Behandlung von Long Covid zugelassen. An solchen wird aber bereits geforscht, siehe Teil 4.

Die Datenlage für die verschiedenen Behandlungsformen ist derzeit noch ungenügend. Bewegungs- und Trainingstherapien sowie Verhaltenstherapien werden eingesetzt. Für Bewegungs- und Trainingstherapien konnte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) keinen Nutzen ausmachen (Bericht Mai 2023). Positiver werden Verhaltenstherapien bewertet.

Das ist derzeit noch unklar. Aber zahlreiche Medikamente werden dafür erprobt.

Apherese ist ein Sammelbegriff für das Entfernen jeweils unterschiedlicher Stoffe aus dem Blut, das dazu aus dem Körper heraus und nach der Behandlung wieder eingeleitet werden muss. Mehrere Formen von Apherese werden verschiedentlich gegen Long/Post Covid angeboten, doch laut Recherchen des „IGeL-Monitors“ des Medizinischen Diensts Bund (MD) liegen für keine davon bereits Wirksamkeitsdaten aus klinischen Studien vor.

Teil 4: Arzneimittel-Entwicklung zu Long/Post Covid

Unternehmen, Institute und Kliniken haben weltweit etliche Projekte aufgelegt, in denen sie den bisher zusammengetragenen Hinweisen nachgehen, was helfen könnte. In den meisten Projekten werden bereits Patient:innen im Rahmen von Studien probeweise mit den Medikamenten behandelt. In einem Artikel in der Fachzeitschrift „Clinical Microbiology and Infection“ ist von mehr als Medikamenten die Rede, die derzeit in Projekten erprobt werden (und zusätzlich von einigen Projekten mit Traditioneller Chinesischer Medizin). Der Artikel weist auch auf nicht-medikamentöser Behandlungs-Maßnahmen hin, die derzeit erprobt werden. Einige der laufenden Projekte werden in einem eigenen Artikel des vfa vorgestellt.

Die meisten Studien zur Erprobung von Medikamenten für Betroffene von Long / Post Covid finden außerhalb Deutschlands statt.
Wir wissen aber von folgenden Studien, an denen medizinische Einrichtungen in Deutschland mitwirken:
Phase II-Studie mit BC 007 [Link]
Phase II-Studie mit Vericiguat [Link]
PreVitaCOV-Studie mit Prednisolon (einer Form von Cortison) und den Vitaminen B1, B6 und B12 [Link]

Teil 5: Long Covid und Impfung

Derzeit weiß man nicht, wie man sich vor Long-/Post -Covid schützen kann. Es bestehen Hinweise darauf, dass Menschen, die einen schweren Covid-Verlauf haben, wahrscheinlicher an Langzeitfolgen leiden werden als solche, die nur eine leichte Erkrankung durchgemacht haben. Eine Corona-Schutzimpfung kann vor einem schweren Verlauf schützen.

Quellen:

Teil 6: Sonstige Fragen

Long Covid-Betroffene können sich an verschiedene Anlaufstellen wenden.

Für die medizinische Versorgung (Diagnose und Therapie) gibt es zwei Spezialambulanzen in Deutschland: das Post-Covid-Netzwerk der Charité Universitätsmedizin Berlin (für Erwachsene, (Link) und die Long Covid Ambulanz der Kinderklinik der TU München (Link).

Welche Angebote für einen individuell die richtigen sind, hängt von den Symptomen und der Lebenssituation ab. Das Vorgehen kann gemeinsam mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin besprochen werden. Erste Anlaufstellen können neben den Ärzt:innen auch die Krankenkassen sein. Zum Teil bestehen Online-Angebote. Selbsthilfegruppen und das Gespräch mit anderen Betroffenen können bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) gesucht und gefunden werden.