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vfa-Faktencheck zum „Arzneimittel-Kompass 2025“

Der AOK-Bundesverband und das wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) haben am 9. Dezember 2025 den „Arzneimittel-Kompass 2025“ veröffentlicht. Der vfa hat sich mit einigen Aussagen des Arzneimittel-Kompass auseinandergesetzt und diese einem Faktencheck unterzogen.

Junge Expertin in kollaborativer Büroatmosphäre blickt rätselnd auf ihren Laptop.

Aussage 1:

Das AMNOG bleibe im Kern preisblind, kenne keine Preisobergrenzen und ermögliche so eine „völlig freie Preisfestlegung durch die Pharma-Industrie“. Zugleich können „selbst Arzneimittel ohne belegten Zusatznutzen hohe Erstattungsbeträge erzielen“. Bei Indikationserweiterungen werde keine Bewertung durchgeführt und der Erstattungsbetrag werde nicht angepasst.

Aussage 2:

Kommt es zu Verzögerungen im Verhandlungsprozess, verlängere sich der Zeitraum unregulierter Preisbildung im AMNOG. Dazu zähle z.B., dass nach der G-BA-Bewertung „Rückspracheverfahren“ eingefordert werden können, um Zeit zu gewinnen.

Aussage 3:

Es gebe einen Trend zu hohen Preisen bei neuen Arzneimitteln, da die Durchschnittspreise pro Arzneimittelpackung in den letzten 15 Jahren angestiegen sind. Es werde “immer mehr Geld für immer weniger Versorgung ausgegeben”.

Aussage 4:

Mithilfe einer „Orphanisierung“ werde die regulatorische Sonderstellung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen im AMNOG gezielt ausgenutzt.

Aussage 5:

Die Preisverhandlungen zu neuen Arzneimitteln würden zu einem sogenannten „Turmtreppeneffekt“ führen.

Aussage 6:

Die Arzneimittelausgaben seien im Jahr 2024 um “rund 10 Prozent gestiegen”. Zudem wird postuliert, dass der “Anteil patentgeschützter Arzneimittel 2024 bei 54 Prozent der Gesamtkosten” liege, “obwohl ihr Anteil an verordneten Tagesdosen im gleichen Jahr nur sieben Prozent” bemessen hat.

Fazit

Festzuhalten ist, dass der „Arzneimittel-Kompass 2025“ eine Reihe grober inhaltlicher Fehler enthält und der Themenkomplexität nicht gerecht wird. Auch insgesamt wirkt der Arzneimittel-Kompass wie ein aus der Zeit gefallenes Relikt. Er diskutiert Ausgaben und Preise weitgehend im nationalen Tunnelblick und blendet zentrale geo- und industriepolitische Verschiebungen aus. Weder die massive Verschärfung des Standortwettbewerbs noch der damit einhergehende Innovationsrückstand Europas werden adäquat adressiert. Vor allem aber ignoriert der Kompass die Tragweite des Most-Favored-Nations-Prinzips (MFN) und seine möglichen Folgen für Deutschland und Europa. Eine wissenschaftlich adäquate Analyse müsste daher auch die langfristigen Risiken für die Versorgungssicherheit und den Innovationszugang in den Mittelpunkt stellen.