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Impfstoffe zum Schutz vor der Coronavirus-Infektion Covid-19

Auch wenn die Pandemie offiziell vorüber ist, erkranken weiter Menschen an Covid-19. Die WHO und andere Gesundheitsinstitutionen raten deshalb zumindest bestimmten Bevölkerungsgruppen zu Auffrischimpfungen. Zudem besteht die Hoffnung, dass Impfstoffe künftig nicht nur vor einem schweren Verlauf, sondern sogar vor Ansteckung schützen können, und das idealerweise sogar hinsichtlich verschiedener Corona-Viren. Deshalb arbeiten Unternehmen und Forschungsinstitute weiter an Corona-Impfstoffen.

Das Bild zeigt eine symbolische Impfstoffflasche mit der Aufschrift Coronavirus Vaccine sowie eine Spritze, beides gehalten von einer Hand, die einen blauen Schutzhandschuh trägt.

Impfaktion in Deutschland

Gezeigt sind Unternehmen und Institute, deren Covid-19-Impfstoffe mit dem Ziel einer EU-Zulassung entwickelt wurden oder werden (kein Anspruch auf Vollständigkeit). α, β, BA.2, BA.4/5 und XBB.1.5 bezeichnen SARS-CoV-2-Varianten, an die die betreffenden Impfstoffe angepasst sind; w = Wildtyp des Virus. Influ. = soll auch vor Grippe schützen, RSV = soll auch vor RSV schützen. Die Impfstoffe enthalten D = DNA, I = inaktivierte Erreger, M = mRNA, Pe = Peptide, Pr = Protein, V = Vektor-Viren. Für den Impfstoff Sputnik V und den Sinovac-Impfstoff wurde ein Teil der Zulassungsunterlagen eingereicht, ein anderer noch nicht. Quellen: EMA, EU-Kommission, vfa-Recherche; Stand: 13.02.2024

Entwicklung und Produktion von Covid-19-Impfstoffen in Deutschland

In Deutschland wurden während der Pandemie zahlreiche Projekte für Covid-19-Impfstoffe initiiert. Doch nur eins hat bislang einen zugelassenen Covid-19-Impfstoff hervorgebracht: das Projekt von BioNTech und Kooperationspartner Pfizer für einen mRNA-Impfstoff. Aber Projekte für weitere Impfstoffe werden in Deutschland von folgenden Unternehmen und Forschungseinrichtungen durchgeführt:

  • CureVac (Tübingen) und GSK (UK): mRNA-Impfstoffe. Fortgeschrittenstes Projekt in Phase II.
  • Speransa Therapeutics und Prime Vector Technologies (PVT) (Tübingen): Vektorvirus-Impfstoffe. Fortgeschrittenstes Projekt in Phase I.
  • Universität Tübingen: Peptid-Impfstoff CoVac-1 speziell für Patient:innen in Krebsbehandlung oder anders verursachter Immunschwäche. Projekt hat positive Ergebnisse in einer Phase II-Studie erbracht.
  • Das Universitätsklinikum Erlangen: Vektorimpfstoff für Booster-Impfungen, der als Nasen- oder Mundspray verabreicht werden soll. Projekt im Laborstadium.
  • Universität München: Vektorimpfstoff auf Basis des MVA-Vektorvirus, der u.a. zu einer verbesserten T-Zell-Antwort führen soll. Status: k. A.
  • Die Freie Universität Berlin, die Universitäten von Bern und Genf (Schweiz), das Friedrich-Loeffler-Institut sowie RocketVax (Schweiz): Impfstoff mit abgeschwächten (= attenuierten) SARS-CoV-2-Viren zur intranasalen Anwendung. Status: vorklinische Entwicklung
  • Das Konsortium vir4vac aus dem Universitätsklinikum Tübingen und der Abt. Molekulare Medizin des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried: Impfstoff vom Typ "semi-live vaccine". Status: k. A.
  • Klinikum der LMU München: nasal verabreichbarer Impfstoff mit mRNA oder DNA. Das Projekt wird vom deutschen Bundesminsterium für Bildung und Forschung gefördert. Status: Laborstadium
  • Ethris in Kooperation mit DIOSyn (UK), gefördert von CEPI: mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 und andere Betacoronaviren. Status: Laborstadium

Außerdem wirken die folgenden Unternehmen und Forschungsinstitute unterstützend bei der Impfstoffproduktion mit:

  • Dermapharm (Brehna): wirkt an Fertigung des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer mit
  • Allergopharma (Reinbek) wirkt an der Herstellung des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer mit (Fertigungsschritt Formulierung)
  • Siegfried (Hameln): wirkt an Abfüllung und Verpackung des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer und künftig auch von Novavax mit
  • Sanofi (Frankfurt a.M.) wirkt an der Abfüllung des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer mit
  • Merck (Darmstadt) hat zu rund 50 Projekten zur Entwicklung und Produktion von Covid-19-Impfstoffen weltweit beigetragen; zudem produziert das Unternehmen Lipide für mRNA-Impfstoffe
  • Lipoid: liefert Phospholipide für die Herstellung von mRNA-Impfstoffen
  • Evonik produziert Lipide für den mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer in Hanau und Dossenheim

Arten von Impfstoffen

Die in der EU zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 basieren auf mRNA, Vektorviren, ausgewählten Proteinen oder abgetöten Coronaviren. In anderen Regionen wurden auch noch andere Typen zugelassen; und weitere sind in Entwicklung. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Impfstoff-Typen:

Schematische Darstellung des Virus, der Virusbestandteile im Impfstoff sowie im Körper, unterteilt nach Totimpfstoff, Vektorimpfstoff und RNA-Impfstoff

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Protein-basierte Impfstoffe: Sie werden auch Subunit-Impfstoffe genannt und nach manchen Definitionen (siehe unten) zu den Totimpfstoffen gezählt, weil in ihnen keine lebenden Viren enthalten sind. Diese Impfstoffe enthalten einige Mikrogramm eines ausgewählten Proteins von SARS-CoV-2. Technisch wird das Protein aber nicht direkt aus dem Coronavirus gewonnen, sondern gentechnisch herstellt. Beispiele sind die Impfstoffe von Novavax (zugelassen), Sanofi / GSK und dem Texas Children's Hospital / Baylor College / Biological E (zugelassen in Indien). Typischerweise enthalten Impfstoffe mit Virusprotein noch einen Wirkverstärker (Adjuvans), der das Immunsystem direkt nach der Impfung in Alarmbereitschaft versetzt. Dadurch wird es besonders aufmerksam für das injizierte Fremdprotein und baut eine Abwehr dagegen auf; die kann dann auch die eigentlichen Viren bekämpfen. Impfstoffe mit Virusprotein haben sich schon gegen andere Krankheiten bewährt, beispielsweise Hepatitis B und Grippe (in letzterem Fall wird das Protein allerdings meist direkt aus den Viren gewonnen).


mRNA-Impfstoffe: Diese Impfstoffe enthalten statt eines ausgewählten Virusproteins das zugehörige Gen dafür; und zwar in Form einer mRNA (messenger-RNA), eingebettet in kleine Bläschen (Lipidnanopartikel), die sie schützen und ihnen das Eindringen in Zellen ermöglichen. Für Zellen sind mRNAs etwas Alltägliches, sie erstellen sich selbst ständig mRNA-Abschriften von Genen im Zellkern, wenn sie die entsprechenden Proteine herstellen wollen. Sie benutzen eine von außen zugeführte mRNA genauso wie eine eigene: Sie stellen mehrmals damit das darin beschriebene Protein her und bauen sie dann ab. Auf diese Weise entsteht nach der Impfung im Körper Virusprotein, das dann genauso das Immunsystem aktiviert, wie es Impfstoffe mit Virusprotein tun (gut dargestellt von #EUmythbusters). mRNA-Impfstoffe haben den Vorteil, dass das Herstellungsverfahren unabhängig vom jeweiligen Erreger immer gleich ist. Man spart also Entwicklungszeit für das Produktionsverfahren, und auch die Anpassung der Produktion an neue Virusvarianten ist einfach. Zwei mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 sind in der EU zugelassen (von BioNTech/Pfizer und von Moderna), zudem noch mehrere an Virusvarainten angepasste Versionen dieser Impfstoffe. Ein weiterer RNA-basierter Impfstoff ist im Zulassungsverfahren (von CSL Seqirus); er enthält selbstamplifizierende RNA (saRNA), die nicht nur als mRNA für das Spikeprotein fungiert, sondern von den Zellen, in die sie gelangt, auch noch vermehrt wird. Weitere mRNA-Impfstoffe sind in anderen Weltregionen zugelassen (z.B. ein Impfstoff von Daiichi Sankyo in Japan) oder in Entwicklung.


DNA-Impfstoffe: Ähnlich wie mRNA-Impfstoffe funktionieren auch DNA-Impfstoffe funktionieren. Bei ihnen ist das Gen für ein Virusprotein auf einem Stück DNA enthalten (beispielsweise auf einem DNA-Ring [= Plasmid]). Nach dem Impfen muss das DNA-Stück in Zellen gelangen; und die Zellen müssen daraufhin davon ausgehend Abschriften in mRNA erstellen, die wiederum zur Herstellung von Virusprotein dienen, das dann wie bei einem Impfstoff mit Virusprotein wirkt. Es sind hier also noch mehr Schritte zum Erzielen der Impfwirkung nötig als bei mRNA-Impfstoffen; und damit die DNA überhaupt in die Zellen gelangt, sind besondere Impfgeräte erforderlich. Ein Vorteil gegenüber den bislang zugelassenen mRNA-Impfstoffen ist aber, dass DNA stabiler ist und DNA-Impfstoffe deshalb weniger stark gekühlt werden müssen. In Indien hat das Unternehmen Zydus die Zulassung für den ersten DNA-Impfstoff gegen Covid-19 erhalten, genannt ZyCoV-D (es ist damit sogar der weltweit erste DNA-Impfstoff überhaupt); bislang wurde aber noch keine EU-Zulassung beantragt. Daneben entwickelt auch das schwedische Karolinska-Institut an einem DNA-basierten Covid-19-Impfstoff und erprobt ihn gerade in einer Phase-I-Studie mit Freiwilligen.


Impfstoffe mit Vektorviren: Wie bei mRNA- und DNA-Impfstoffen geht es bei Vektor-Impfstoffen darum, Körperzellen durch Einbringen eines Gens zur Bildung eines Proteins von SARS-CoV-2 zu bringen, das dann eine Abwehrreaktion im Immunsystem stimuliert (1) . Das betreffende Gen wird hier jedoch mit Hilfe eines anderen, harmlosen Virus in die Zellen gebracht. Solche harmlosen, als Überbringer tauglichen Viren werden Vektorviren genannt. Beispiele sind einige Adenoviren von Schimpansen oder Gorillas und das „Modifizierte Vaccinia-Virus Ankara“ (MVA). In der EU zugelassen sind Vektor-Impfstoffe gegen Covid-19 von AstraZeneca und Janssen. Der Impfstoff Sputnik V des russischen Gamaleya-Instituts wird bei der EMA in einem Rolling Review begutachtet. Weitere Vektor-Impfstoffe sind in Entwicklung, beispielsweise ein inhalierbarer Impfstoff durch das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) mit IDT Biologika und ein nasaler Impfstoff durch das Universitätsklinikum Erlangen. Auch Prime Vector Technologies (Tübingen) und Speransa Therapeutics arbeiten an einem Vektorimpfstoff. Schon vor der Corona-Pandemie gab es zugelassene Vektorviren-Impfstoffe gegen Ebola.


Impfstoffe mit inaktivierten SARS-CoV-2-Viren: Solche Impfstoffe basieren auf einem der ältesten Prinzipien der Impfstoffherstellung: Im Prinzip werden SARS-CoV-2-Viren selbst (produziert in Zellkulturen) als Impfstoff zur Stimulation einer schützenden Immunreaktion verwendet. Nur werden sie zuvor so geschädigt ("abgetötet"), dass sie nicht mehr zur Vermehrung fähig sind. Das kann mit unterschiedlichen Techniken erfolgen. Solche Impfstoffe zählen nach allen unterschiedlichen Definitionen zu den Totimpfstoffen. Ein Beispiel liefert der EU-zugelassene Impfstoff VLA2001 von Valneva.


Impfstoffe mit attenuierten SARS-CoV-2-Viren: Attenuierte Viren sind Viren, die Menschen infizieren und sich in ihnen vermehren können, aber nur langsam. So können sie keine schweren Symptome hervorrufen, aber eine Immunreaktion. Impfstoffe dieses Typs werden seit langem unter anderem gegen Mumps, Masern und Röteln eingesetzt. Nun werden solche Impfstoffe auch gegen Covid-19 entwickelt, u.a. von der Freien Universität Berlin in Verbindung mit den Universitäten von Bern und Genf (Schweiz), dem Friedrich-Loeffler-Institut sowie RocketVax (Schweiz).


Peptid-Impfstoffe: Solche Impfstoffe ähneln den Impfstoffen mit Virusprotein – sie enthalten beispielsweise kein genetisches Material, aber einen Wirkverstärker (Adjuvans). Aber statt ganzen Proteinen enthalten sie nur kleine Bruchstücke davon. Diese sind besonders gut dafür geeignet, nach dem Impfen eine schützende Abwehrreaktion durch T-Zellen (einen bestimmten Typ von Immunzellen) zu stimulieren. Das ist von Bedeutung für Menschen, die aufgrund einer Krebs-Chemotherapie oder eines angeborenen Immundefektes nicht gut Antikörper bilden können und daher auf ihre T-Zellen für eine Virenabwehr angewiesen sind. Noch ist kein solcher Impfstoff in der EU zugelassen, aber unter anderem die Universität Tübingen (CoVac-1) arbeitet daran und hat damit positive Ergebnisse in einer Phase II-Studie erreicht.

Applikationsformen

Unterschiede gibt es auch bei den Applikationsformen. Zwar zielen die meisten Projekte auf injizierbare Impfstoffe ab, doch gibt es Ausnahmen. So verbindet sich mit der Entwicklung von über die Nase applizierbaren Impfstoffen die Hoffnung, Menschen so zu immunisieren, dass sich nicht nur selbst vor einem Krankheitsausbruch geschützt sind, sondern auch niemanden mehr mit SARS-CoV-2 anstecken könne. Eins dieser Projekte wird vom Universitätsklinikum Erlangen vorangetrieben (siehe oben). Tierexperimente verliefen positiv. Mehr zu diesem Thema findet sich im Artikel "Corona-Impfstoffe der nächsten Generation".

"Neue Medikamente, große Hoffnungen - Ausblick aufs Pharmajahr 2024" im vfa-Podcast #MicroScope:

Fußnoten

(1) mRNA-, DNA- und Vektor-Impfstoffe werden deshalb mitunter zu "genbasierten Impfstoffen" zusammengefasst.