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#MacroScopePharma 04/22

Der Economic Policy Brief des vfa



Innovationen als Grundlage für mehr Wachstum

Im kommenden Jahrzehnt wird die Alterung der Bevölkerung das gesamtwirtschaftliche Wachstum erheblich belasten. Immer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr Menschen im Ruhestand sorgen. Dies kann durch Investitionen und Innovationen kompensiert werden. Die kommenden zehn Jahre werden oder gar müssen deshalb durch einen strukturellen Wandel hin zu einer deutlich wissensintensiveren Wertschöpfung gekennzeichnet sein.

Weniger Erwerbstätige - weniger Wachstum

Diese Herausforderungen liegen primär in der demographischen Entwicklung. Immer mehr Menschen werden in den kommenden Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden und gleichzeitig immer weniger Menschen eintreten. Bis in das Jahr 2035 dürften unter dem Strich etwa sieben Millionen Beschäftigte den Arbeitsmarkt verlassen haben, wenn die Zuwanderung und die Erwerbsbeteiligung von Frauen nicht deutlich steigen.(2) Die Folge ist ein erheblicher Fachkräftemangel.

Größe ist nicht alles - Innovationsintensität in den Blick nehmen

Die Versuchung ist groß, die Innovationspolitik an den existierenden industriellen Strukturen auszurichten. So haben beispielsweise der Fahrzeugbau, der Maschinenbau und die metallverarbeitende Industrie einen erheblichen Anteil an der Bruttowertschöpfung. Gleichwohl verteilt sich die Wirtschaftsleistung auf deutlich mehr Branchen, als die Innovationsleistungen. Während 90 Prozent der Bruttowertschöpfung durch 12 Branchen des verarbeitenden Gewerbes erbracht werden, werden 90 Prozent der Innovationsausgaben von gerade einmal acht Wirtschaftszweigen gestemmt. Knapp drei Viertel aller Innovationsausgaben tragen vier Branchen: Automobilherstellung, Maschinenbau, pharmazeutische Industrie und die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten.

Innovationsintensität in der pharmazeutischen Industrie mit Abstand am höchsten

Dabei ist das Verhältnis aus Innovations- und Wertschöpfungsanteil bei der pharmazeutischen Industrie mit dem Faktor 3,2 am größten, gefolgt von der Automobilindustrie (2,2), der Herstellung elektronischer Datenverarbeitungsgeräte (1,5) und dem sonstigen Fahrzeugbau (1,3). Alle anderen Branchen haben einen geringeren Anteil an den Innovationsausgaben als dies ihr Wertschöpfungsanteil nahelegen würde.

Dies zeigt sich auch in der Innovationsintensität: Knapp ein Fünftel des Umsatzes wird in der pharmazeutischen Industrie in Forschung und Entwicklung verwendet. In den ebenfalls innovationsstarken Branchen der Automobilherstellung, EDV oder dem Maschinenbau sind es deutlich weniger.

Dabei ist die Innovationsintensität nicht maßgeblich für den Anteil innovativer Unternehmen in einer Branche: Beispielsweise geben im Wirtschaftszweig der Kokerei und Mineralölverarbeitung 90 Prozent der Unternehmen an, Innovationen im Unternehmen zu verwenden. Deren Innovationsaufwendungen fallen mit 0,4 Prozent des Umsatzes weit hinter die sonst beobachtbaren Werte im verarbeitenden Gewerbe zurück. Im Durchschnitt liegt die Innovationsintensität der Industrie bei sechs Prozent des Umsatzes und die Innovatorenquote bei 58,5 Prozent.

Adaptieren oder innovieren?

Die Branchen verfolgen mit ihren Innovationsaktivitäten unterschiedliche Zielstellungen. Grundsätzlich gilt: Je höher die Innovationsintensität, desto geringer ist der Anteil investiver Innovationsausgaben, also der Mittel, die für den reinen Zukauf neuer Verfahren und Produkte aufgewendet werden. Branchen mit hoher Innovationsintensität betreiben daher in großem Umfang eigene Forschung und Entwicklung (Abbildung 2 rechts) mit entsprechend hochqualifiziertem Personal.

Dies bedeutet nicht, dass Branchen mit hoher Innovationsintensität immer an grundlegend neuen Produkten und Verfahren forschen. Viele nutzen ihre F&E-Kapazitäten, um existierende, bereits am Markt verfügbare Lösungen nachzuahmen oder diese inkrementell zu verbessern.

So liegt der Umsatzanteil der Automobilindustrie mit reinen „Nachahmerinnovationen“ bei knapp 40 Prozent. In anderen Worten: Ein großer Markt verleitet dazu, die Forschungskraft weniger stark auf grundlegende Innovationen zu richten, sondern das Augenmerk auf den Erhalt von Marktanteilen legen.

In anderen innovationsintensiven Branchen ist dies deutlich anders gelagert. Beim F&E-intensivsten Wirtschaftszweig – der pharmazeutischen Industrie – beträgt der Anteil von „Nachahmerinnovationen“ rund zehn Prozent. Dort liegt der Fokus vielmehr auf der Entwicklung neuartiger Produkte.

Innovations-Booster für Hightechbranchen notwendig


(1) Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2021). Krise wird allmählich überwunden – Handeln an geringerem Wachstum ausrichten, Gemeinschaftsdiagnose 2/2021, online verfügbar.

(2) Fuchs, J., Söhnlein, D., & Weber, B. (2021). Projektion des Er-werbspersonenpotenzials bis 2060: Demografische Entwicklung lässt das Arbeitskräfteangebot stark schrumpfen (Nr. 25/2021). IAB-Kurzbericht, online verfügbar.

(3) Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2021). Pandemie verzö-gert Aufschwung–Demografie bremst Wachstum, Gemeinschaftsdi-agnose 1/2021, online verfügbar.

(4) Expertenkommission für Forschung und Innovation (2021). Gut-achten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfä-higkeit Deutschlands, online verfügbar.

Autor:

Dr. Claus Michelsen
Geschäftsführer Wirtschaftspolitik
Dr. Claus Michelsen

Telefon 030 20604-120

c.michelsen@vfa.de

Pressekontakt:

Henrik Jeimke-Karge
Pressesprecher Wirtschaftspolitik
Henrik Jeimke-Karge

Telefon 030 20604-205

h.jeimke-karge@vfa.de