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Gemeinsam für Gesundheit und Entwicklung

Ursachen der Gesundheitsmisere

In den ärmsten Ländern der Erde steht die Gesundheit der Menschen täglich auf dem Spiel - wegen mangelhafter Ernährung, Hygiene und Bildung, aber auch wegen unzureichender staatlicher Fürsorge. Die meisten dieser Aspekte lassen sich auf den wirtschaftlichen Rückstand dieser Länder zurückführen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlicher Natur und meist historisch gewachsen. Oft verstärken sie sich gegenseitig.

Die Probleme im Gesundheitswesen von Namibia sind andere als in Kamerun oder Indien. Dennoch stößt man bei der Analyse der Gesundheitsmisere auf bestimmte Problemfelder immer wieder.

Armut
Eines der Kernprobleme heißt Armut: Viele Entwicklungs- und Schwellenländer sind geprägt von einer immensen Kluft zwischen wenigen Reichen und sehr vielen Armen. Daraus ergibt sich ein niedriges Durchschnittseinkommen, in manchen Entwicklungsländern von unter fünf US-Dollar pro Tag. Es reicht damit kaum für den Grundbedarf an Nahrungsmitteln, Kleidung und Behausung. Ärztliche Leistungen, stationäre Aufenthalte und Arzneimittel können nur selten aus eigener Kraft finanziert werden - selbst wenn ein Erkrankter nicht sofort seinen Arbeitsplatz und damit sein geringes Einkommen verliert. In den am wenigsten entwickelten Ländern, so schätzte die Weltgesundheitsorganisation WHO 2002, werden pro Kopf nur 13 US-Dollar jährlich ausgegeben. Daraus errechnete die WHO, dass in den ärmsten Ländern insgesamt jedes Jahr 57 Milliarden US-Dollar zusätzlich notwendig wären, um eine ausreichende gesundheitliche Versorgung zu ermöglichen.

 
Fehlende Infrastruktur
Meist mangelt es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung buchstäblich an allem: an Hygiene, an sauberem Wasser, an Transportmöglichkeiten für Patienten und medizinischen Gütern, an Krankenhäusern, an qualifiziertem medizinischen Personal und an Medikamenten. Die größten Probleme in der Arzneimittelversorgung werden durch einen oft schwachen, schlecht organisierten staatlichen Sektor verursacht. Selbst wenn notwendige gesetzliche Regelungen vorhanden sind, fehlt oftmals eine zuverlässige Kontrolle. Nach WHO-Informationen verfügt beispielsweise nur eines von drei Entwicklungsländern über eine funktionierende Arzneimittelzulassung. Und nur wenige haben kontrollierte Vertriebswege. Deshalb haben Arzneimittelfälscher leichtes Spiel, ihre wirkungslosen, teilweise sogar giftigen Imitate in den Handel zu bringen. Untersuchungen der angolanischen Behörden haben beispielsweise 2004 ergeben, dass 70 Prozent der von der Bevölkerung im eigenen Land eingenommenen Medikamente Fälschungen waren. Dies ist ein außergewöhnlich hoher Wert, doch rechnet die WHO auch für andere Entwicklungsländer damit, dass mindestens 10 bis 30 Prozent der dort verkauften Präparate gefälscht sind. Fälschungen schaden aber nicht nur dem einzelnen Patienten, sie untergraben auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Behandlungsmöglichkeiten. Ein fehlendes Krankenversicherungswesen begünstigt die Anwendung gefälschter oder minderwertiger Arzneimittel zusätzlich: Patienten können Ärzte oder Apotheken gar nicht in Anspruch nehmen, sondern erstehen Medikamente auf Märkten oder von fliegenden Händlern. Der weit verbreitete Analphabetismus und die mangelnde Aufklärung über mögliche Gefahren durch Nebenwirkungen tun ihr Übriges. Die WHO versucht das Problem seit 2006 im Rahmen des Programms IMPACT (International Medical Products Anti-Counterfeiting Taskforce) mit verschiedenen Partnern - darunter der Industrie - einzudämmen, doch wird es einige Jahre dauern, bis die von IMPACT angestoßenen Maßnahmen greifen.
Ein besonders eklatantes Problem ist auch der Mangel an Gesundheitspersonal. Laut World Health Report 2006 der WHO besteht in 57 Ländern der Welt ein derart großer Mangel, dass allein schon deshalb die gesundheitsbezogenen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen nicht erreicht werden können. Vier Millionen Arbeitskräfte wären zur Überwindung dieses Defizits nötig. Wesentlich trägt zu dieser Situation der "brain drain" bei: Ärzte und Pflegekräfte aus den armen Ländern wandern in Länder mit besseren Arbeitsbedingungen und Erwerbsmöglichkeiten ab. Teilweise werden sie sogar aktiv von Industrienationen angeworben. So praktizieren einer Studie des Washingtoner Centers for Global Development von 2007 zufolge drei Viertel der mosambikanischen Ärzte im Ausland, ebenso 80 Prozent aller in Liberia gebürtigen Krankenschwestern. Ohne medizinische Fachkräfte, die Krankheiten diagnostizieren und Therapien anleiten können, sind Medikamente und andere medizinische Güter aber völlig nutzlos.

Sozio-kulturelle Faktoren
Die langjährige südafrikanische Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang pries Diät mit Rote Beete als AIDS-Therapie an.Unkenntnis über Entstehung und Verlauf von Krankheiten stehen ebenfalls einer wirksamen Krankheitsbekämpfung entgegen. So kann sich beispielsweise HIV nicht zuletzt deshalb so rasant ausbreiten, weil immer noch viele den Ansteckungsweg nicht kennen und die Mehrheit der HIV-Positiven gar nicht weiß, dass sie infiziert ist. Aber auch bei anderen Krankheiten könnte viel durch mehr Bildung verbessert werden: Dass etwa an Malaria Moskitos schuld sind, die man deshalb am besten nachts durch Netze fernhält, oder dass striktes Händewaschen nach einem Toilettengang Infektionsrisiken absenkt, ist vielerorts noch unbekannt.