Drucken
öffnen / schließen
Wenn Sie diese Felder durch einen Klick aktivieren, werden Informationen an Facebook, Twitter oder Google in die USA übertragen und unter Umständen auch dort gespeichert. Näheres erfahren Sie hier: https://www.heise.de/ct/artikel/2-Klicks-fuer-mehr-Datenschutz-1333879.html

"Über den Nutzen wird kaum gesprochen"

Dr. Andeas BarnerDer Vorstand des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller hat am 13. November 2003 Dr. Andreas Barner, Mitglied der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim, zum neuen VFA-Vorsitzenden gewählt. Barner war bereits seit 2001 stellvertretender VFA-Vorsitzender und wird nun als Nachfolger von Prof. Dr. Bernhard Scheuble an der Spitze des Verbands stehen.

Frage: Welche Ziele möchten Sie in Ihrer Amtszeit verwirklichen? Was kann der VFA in der politischen Diskussion bewegen?

Dr. Barner: Wenn wir auf die Diskussion zum Gesundheitsreformgesetz im vergangenen Sommer zurückblicken und auch darüber hinaus, stellen wir fest, dass die Medikamente, die die forschende pharmazeutische Industrie bereitstellt, primär als Kostenfaktor gesehen werden. Über den Nutzen neuer Medikamente, über die Tatsache, dass die forschende pharmazeutische Industrie in mannigfacher Weise zur Heilung bisher nicht heilbarer Krankheiten beigetragen hat, viele Patienten gesünder älter werden lässt und in vielen Fällen die Lebensqualität chronisch kranker verbessert, wird kaum gesprochen. Ich denke, dass wir das "F" im VFA deutlicher betonen müssen - Innovationen sind gut für die Patienten, geben den Ärzten mehr Möglichkeiten der Behandlung und sind auch für die Wissenschaft außerhalb der pharmazeutischen Industrie stimulierend und damit von Bedeutung.

Wenn es uns darüber hinaus gelänge, das Thema Gesundheit nicht nur unter Kostenaspekten, sondern unter Qualitätsaspekten und als Chance auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu begreifen, dann würden wir viel bewegt haben.

Frage: Die aktuellen Maßnahmen zur Kostendämpfung in Deutschland treffen zu einem großen Teil die forschenden Pharmahersteller; unternehmerisches Risiko und hohe Forschungsaufwändungen werden kaum mehr honoriert. Mit welchen Konsequenzen muss der Patient mittel- und langfristig rechnen?

Dr. Barner: Das Beispiel der Erforschung und Entwicklung von AIDS Medikamenten - es ist jetzt erst etwas mehr als 10 Jahre her, dass AIDS als nicht therapierbar galt - zeigt, dass eine ganze Reihe von Unternehmen das unternehmerische Risiko hoher Forschungsaufwändungen in diesem Gebiet gescheut haben und sich aus der AIDS Forschung zurückgezogen haben. Wenige Unternehmen wie GlaxoSmithKline, Roche, Merck, BMS aber auch Boehringer Ingelheim haben das unternehmerische Risiko auf sich genommen, forschten im AIDS Gebiet und haben maßgeblich dazu beigetragen, dass aus einer tödlichen Erkrankung eine, so kann man heute trotz aller Probleme sagen, chronische Erkrankung geworden ist. Werden durch restriktive Kostenmaßnahmen und durch fehlende adäquate Honorierung neuer Medikamente die Anreize, aber auch die Möglichkeiten gänzlich genommen, Forschung zu betreiben, so kann man sich gut vorstellen, wie im Falle einer zukünftigen AIDS analogen Erkrankung die Patienten getroffen werden könnten. Ich bin dennoch optimistisch, dass es uns gelingen wird, den Wert der Innovation auch den Gesundheitspolitikern und Haushaltspolitikern begreiflich zu machen. Auf europäischer Ebene scheint sich mehr und mehr die Ansicht durchzusetzen, dass es gut wäre, wenn Europa eine konkurrenzfähige qualitativ hoch stehende forschungsorientierte pharmazeutische Industrie hätte.

Frage: Hat die Gesundheitspolitik Folgen für den Forschungsstandort Deutschland?

Dr. Barner: Zurzeit heißt Gesundheitspolitik Kostendämpfungspolitik und dies primär bei patentgeschützten Arzneimitteln - ganz ohne Frage macht dies Deutschland insbesondere für ausländische Unternehmen nicht attraktiv. Dabei ist die Verletzung des Patentschutzes durch Festbeträge sicherlich ein besonders herausragendes negatives Signal an die forschenden Unternehmen. Ich hoffe jedoch, dass in Bälde sich auch in der Politik wieder eine positivere Einstellung durchsetzt, dass das, was im Bereich der biotechnologischen kleineren Unternehmen in Deutschland gelungen ist, sich umsetzt in einen attraktiveren Standort Deutschland. Es bleibt zu hoffen, dass wir durch kein allzu großes Tief gehen müssen, bis sich die Vernunft und Einsicht des Wertes der Forschung auch in Deutschland wieder durchsetzen.

Lebenslauf von Dr. Andreas Barner