Drucken
öffnen / schließen
Wenn Sie diese Felder durch einen Klick aktivieren, werden Informationen an Facebook, Twitter oder Google in die USA übertragen und unter Umständen auch dort gespeichert. Näheres erfahren Sie hier: https://www.heise.de/ct/artikel/2-Klicks-fuer-mehr-Datenschutz-1333879.html

Wenn Krankenkassen Geld verplempern - Erkenntnisse der Abteilung K

Berlin (dpa) - Die Prüfer bleiben im Verborgenen. Doch wenn die Abteilung K hinter der unscheinbaren Fassade des Bonner Bundesversicherungsamts ihre Erkenntnisse zusammenträgt, ergibt sich ein aufschlussreiches Bild. Mindestens alle fünf Jahre haben die 135 Mitarbeiter laut Gesetz die Geschäfte der gesetzlichen Krankenkassen zu überprüfen - der jüngste Tätigkeitsbericht zeigt: Im Dickicht des deutschen Gesundheitswesens bleibt die Weste der Kassenmanager nicht immer rein.

Beispiel Auftragsvergabe: Eine Kasse ließ ihre Räume umfangreich sanieren. Sie beauftragte einen Elektrotechnik-Meister - doch ließ sie auch Sanitär- und Malerarbeiten machen, für die der Mann gar nicht zugelassen war. Dafür gehörte er dem Verwaltungsrat der Kasse an. Ergebnis: Beide Seiten müssen wegen der Ordnungswidrigkeit mit bis zu 50 000 Euro Bußgeld rechnen.

Beispiel Büromiete: Für den Hauptsitz mietete eine Kasse 4152 Quadratmeter hochwertige Bürofläche an - und ließ das meiste davon leerstehen. Von 117 Arbeitsplätzen waren nur 40 belegt. Doch es kam noch dicker, wie die Prüfer feststellten: «Eine nachträglich zusätzlich angemietete Etage mit einer Größe von 633 qm steht im Rohbau und unausgebaut leer.» Gesamtkosten bei bestehender zehnjähriger Frist für den Mietvertrag: 13 Millionen Euro. Die Kasse ist inzwischen per Fusion in einer anderen Versicherung aufgegangen.

Beispiel Detektei: Die Krankenkassen sind stets Betrügereien auf der Spur - doch schießen sie dabei offenbar auch übers Ziel hinaus. Weil ein Arbeitgeber eine Kasse darauf hinwies, dass eine entlassene und arbeitsunfähige Mitarbeiterin freiberuflich gearbeitet habe, ließ die Versicherung die Frau von Detektiven observieren. Die Kosten standen in keinem Verhältnis zu möglichen Einsparungen.

Was ist los bei den Krankenkassen, die gerne öffentlich vor drohenden Finanzlöchern warnen und Ärzten und Kliniken teure Behandlungen vorhalten? Ist die vielzitierte Korruption im Gesundheitswesen nicht nur ein Problem bei den oft in Verdacht stehenden Pharmavertretern, Ärzten, Apothekern?

«Es sind Einzelfälle», sagt der Sprecher der Bonner Behörde, Tobias Schmidt. Tatsächlich machen die Unregelmäßigkeiten bei Gesamtausgaben von 180 Milliarden Euro im Jahr nur einen Bruchteil aus. Doch die Abteilung K und weitere Abteilungen im Bundesversicherungsamt stießen auch auf Probleme im System.

So muss die Aufsicht die Finanzen der Kassen insgesamt prüfen - doch wo Fehler in den Statistiken stecken, fällt dies schwer. Die Prüfer berichten von unvollständigen, nicht aktuell gepflegten oder fehlerhaften Grundlagen statistischer Programme. Gleich mehrere Fehlerquellen häuften sich zum Beispiel bei einem grundlegenden Zahlenwerk an - der Mitgliederstatistik. Die halbherzige Anwendung teilautomatisierter Verfahren bemängelt das Amt auch bei Statistiken zu den Leistungen der Kassen.

Besonders genau nehmen es manche Kassen dagegen bei anderen Unterlagen - denn da geht es um bares Geld. Stichwort: Codierung. Hierbei ordnen Ärzte und Kliniken den Patienten Diagnosen aus einer Liste zu. Bei 80 bestimmten Krankheiten winken der jeweiligen Kasse Zuschläge aus dem Gesundheitsfonds. Mehrere Kassen traten aber an Ärzte und Kliniken heran, um nachträglich lukrativere Diagnosen als ursprünglich angegeben zu erreichen.

Eine Kasse forderte einen Arzt sogar auf, ihr Diagnosen direkt zu melden - ohne den Standardweg über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Datenschutzrechtlich - so der klare Hinweis der Bonner Behörde - ist das aber gar nicht zulässig.