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Kassenausgaben steigen auf Rekordhöhe

Berlin (dpa) - Höhere Kassenbeiträge dürften der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr ein Defizit ersparen. Erwartet werden Rekordausgaben von rund 180 Milliarden Euro, die auch weitgehend durch höhere Einnahmen gedeckt werden. Klarheit über die Finanzlage der Kassen soll am Abend herrschen, wenn der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenversicherung seine Prognose vorlegt. Vorher debattiert der Bundestag erstmals über die Gesundheitsreform. Die SPD griff bereits im Vorfeld Minister Philipp Rösler (FDP) scharf an.

Kernpunkte der Reform sind die Beitragssatzerhöhung von 14,9 auf 15,5 Prozent und Zusatzbeiträge ohne Obergrenze. Der Satz soll eingefroren werden. Das Beitragsplus und die Dämpfung des Umsatzanstiegs von Ärzten, Pharmaindustrie und Kliniken um 3,5 Milliarden Euro sollen den gesetzlichen Kassen rund 10 Milliarden Euro bringen - und das drohende Defizit 2011 ausgleichen.

Die Beitragssatzerhöhung spülten kommendes Jahr rund 6,5 Milliarden Euro zu die Kassen, sagte der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Ihnen stünden somit rund 180 Milliarden Euro zur Verfügung. Auch die Ausgaben würden sich in etwa dieser Höhe belaufen, so dass die Krankenkassen im Großen und Ganzen so viel Geld aus dem Gesundheitsfonds bekämen, wie sie für ihre Ausgaben bräuchten, erläuterte Wasem.

«Ich rechne damit, dass im nächsten Jahr die Zusatzbeiträge nicht weiter ansteigen», sagte Wasem. Derzeit erheben 16 Krankenkassen Zusatzbeiträge, weil sie mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Die meisten verlangen pauschal acht Euro, andere den maximalen Betrag von einem Prozent des Monatseinkommens. Künftig soll es keine Obergrenze für die Zusatzbeiträge mehr geben. Der Aufschlag wird nur noch als Pauschale erhoben - Gut- und Geringverdiener zahlen gleich viel.

Ab 2012 würden diese neu geregelten Zusatzbeiträge verstärkt fällig, sagte Wasem. Bereits im kommenden Jahr sei das Geld trotz Rekordsumme knapp. «Wenn ich als Krankenkasse viele Versicherte in teuren Regionen habe, wo es teure Krankenhäuser gibt, oder in einer Region, in der Ärzte teure Arzneimittel verordnen, kann es schon sein, dass ich Probleme habe, ohne Defizit davonzukommen», sagte Wasem. Dann könnten auch 2011 wieder vereinzelt Zusatzbeiträge fällig werden.

Vor der Debatte über die Reform im Bundestag griff die SPD den Bundesgesundheitsminister frontal an. «Herr Rösler hat ein Jahr lang versucht, die Probleme wegzulächeln», sagte die Fraktionsvize Elke Ferner der dpa, «jetzt schafft er neue Probleme und zerschlägt die solidarische Krankenversicherung.» Die Versicherten würden durch höhere Beiträge und einseitige Zusatzbeiträge über Gebühr belastet. «Klientelpolitik pur» finde zugunsten der Privatkassen statt - denn diese sollten lukrative Zusatzversicherungen künftig exklusiv anbieten dürfen. Die gesetzliche Krankenversicherung solle dagegen den Grundschutz organisieren.

Die interne Sitzung der Schätzer findet im Bundesversicherungsamt in Bonn statt. Versammelt sind in dem Gremium Vertreter des Amts, des Bundesgesundheitsministeriums und des Kassen-Spitzenverbands. Für das Jahr 2010 hatte der Schätzerkreis im Juli mit Ausgaben in Höhe von 173,4 Milliarden Euro gerechnet. Die Einnahmen betragen demnach 172,5 Milliarden Euro.