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Nach Kritik sollen Pharma-Zuwendungen an Ärzte öffentlich werden

Berlin (dpa) - Der Einfluss der Pharmaindustrie auf Ärzte steht seit langem in der Kritik, nun wollen die forschenden Arzneimittelhersteller ihre Zahlungen an Mediziner offenlegen. Ein freiwilliger Kodex soll Basis für die Offenlegung von Zuwendungen werden, wie der Pharmaverband vfa in Berlin mitteilte. Krankenkassen und Ärzte begrüßten den Schritt, der aus ihrer Sicht aber zu spät kommt.

Bis zum Sommer werde es einen entsprechenden Transparenz-Kodex des europäischen Pharma-Dachverbands EFPIA geben, sagte vfa-Kommunikationschefin Susan E. Knoll der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Derzeit beraten die Pharmaverbände über die nationalen Grenzen hinweg.» Bis Jahresende komme die Umsetzung für Deutschland.
«Ab Anfang 2015 sollen alle Daten erfasst und ab 2016 veröffentlicht werden.» Schneller gehe es nicht, auch weil die Unternehmen Zeit bräuchten für Umstellung oder Aufbau von Datensystemen.

«Das zeigt, wie ernst es den forschenden Pharma-Unternehmen mit dem Thema Transparenz ist», sagte Knoll. Der Sprecher des Krankenkassen-Verbands, Florian Lanz, hingegen meinte: «Es ist mehr als überfällig, dass die Pharmaindustrie endlich Klarheit schafft, warum und wie viel Geld sie extra an die einzelnen Ärzte zahlt.»

Lanz sagte der dpa: «Jede Zahlung an Ärzte oder Krankenhäuser sollte veröffentlicht werden.» Patienten müssten sich informieren können, ob sein Arzt für die Verschreibung zusätzliches Geld von einem Pharmaunternehmen bekommen habe. Der Geschäftsführer der Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie, Holger Diener, kündigte umfassende Veröffentlichungen an: «Die Spanne reicht von Honoraren für wissenschaftliche Vorträge über Vergütungen für Beratungsleistungen der Ärzte bis zu Einladungen zu wissenschaftlichen Kongressen.»

In Fahrt gekommen war die Debatte durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Sommer. Korruption niedergelassener Ärzte ist demnach nach geltendem Recht nicht strafbar - etwa die Annahme von Zuwendungen für die Verordnung bestimmter Arzneien. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte eine Gesetzesänderung angekündigt, so dass im Verdachtsfall Staatsanwälte gegen Ärzte ermitteln können. Derzeit laufen nach Ministeriumsangaben Auswertungen von Regelungen in den Ländern und Ärztekammern.

Der Chef der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, kritisierte: «Europa hat hinsichtlich der Transparenz von finanziellen Zuwendungen an Ärzte und Forschungseinrichtungen spät nachgezogen.» In den USA werde ein Register mit allen Zahlungen in diesem Jahr öffentlich. Gefährdet sei das Vertrauen in den Arztberuf. Der geplante Kodex der Industrie könne nur ein erster Schritt sein. Es fehle an Regeln, was erlaubt sei - und an der Umsetzung.

Diener betonte, von Missständen zu sprechen, wäre unangemessen. Bereits existierende strenge Vorgaben etwa zu Geschenken an Ärzte würden weiterentwickelt. Ein enormes Datenvolumen zeichne sich ab, das zu 100 Prozent korrekt sein müsse. «Wir hoffen auf breite Kooperation mit der Ärzteschaft.»