Pflege soll schärfer benotet werden
Berlin (dpa) - Millionen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen mit genaueren Pflegenoten die Qualität der Heime bald besser einschätzen können. Die Koalition will die seit Monaten andauernde Blockade der Reform des Pflege-TÜV nun per Gesetz aufheben. «Ich erwarte, dass nicht mehr Mini-Verbände in der Lage sind, eine gute konstruktive Lösung zu blockieren», sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
Pflegeeinrichtungen, die etwa bei der Versorgung mit Getränken mangelhaft abschneiden, sollen keine guten Gesamtnoten mehr bekommen können. Der erste Versuch, die Noten transparenter zu machen, war im November nach monatelangen Verhandlungen am Veto zweier kleiner Verbände gescheitert.
Mitte März soll das Kabinett einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Schiedsstelle beschließen. Diese soll Streitfragen innerhalb von drei Monaten per Mehrheitsbeschluss klären. «Inhaltlich werden wir uns nicht einmischen», sagte Spahn.
Seit dem Start des Pflege-TÜV im Sommer 2009 wurden rund 18 000 der 22 000 Pflegeheime und ambulanten Dienste bewertet, teilte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung mit. «Rund 70 Prozent der Einrichtungen hatten gute oder sehr gute Gesamtnoten», sagte Sprecherin Christiane Grote der dpa. Sie begrüßte, dass Kernkriterien nun stärker zum Tragen kommen sollen.
Künftig sollen zentrale Punkte wie die Ernährung oder die Verhinderung von Druckgeschwüren bei der Benotung eine größere Rolle spielen als etwa das Angebot von Osterfeiern. In der Vergangenheit waren Fälle bekanntgeworden, in denen Menschen in Heimen eher schlecht gepflegt wurden, obwohl die Gesamtnote gut war. Das Bewertungssystem umfasst Schulnoten von 1 bis 5.
Gernot Kiefer vom Vorstand des Kassen-Spitzenverbandes sagte: «Es darf keine Toleranz für schlechte Pflege geben.» Mit Blick auf den Verband Deutsche Alten- und Behindertenhilfe und den Arbeitgeber- und Berufsverband Private Pflege sagte er, die gesamte Branche sei von Verbänden, die weniger als fünf Prozent der Arbeitgeber vertreten, an Verbesserungen gehindert worden. «Es ist gut, dass die Bundesregierung hier rasch tätig werden will.»
Das Gesetz soll im Sommer in Kraft treten. Die Schiedsstelle beim Pflege-TÜV soll gemeinsam mit Verbesserungen zur Krankenhaushygiene eingeführt werden. In dem Gremium sollen weiter Vertreter der Heime sitzen, das Einstimmigkeitsprinzip gilt dann aber nicht mehr.
Das Familienministerium und der Deutsche Pflegerat wollen unterdessen mehr junge Menschen für eine Pflegeausbildung gewinnen. Dazu solle die Pflegeausbildung modernisiert werden. Ministerin Kristina Schröder (CDU) sagte: «Ich möchte vor allem junge Männer für das Berufsfeld Altenpflege gewinnen.» Geeignete Menschen müssten auch vermehrt zu qualifizierten Fachkräften umgeschult werden.