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Nobelpreisträger widmen sich Kampf gegen Krankheiten

Lindau (dpa) - Sie haben bahnbrechende Entdeckungen gemacht und damit Menschenleben gerettet: Zwei Dutzend Nobelpreisträger aus Medizin und Chemie werden sich vom 26. Juni an zur traditionellen Tagung der Nobelpreisträger in Lindau erwartet. Zur Eröffnung kommt Bill Gates. Denn Thema ist die Weltgesundheit - und der zeitweise reichste Mann der Welt engagiert sich zusammen mit seiner Frau Melinda im Kampf gegen Krankheiten. Insbesondere unterstützen sie mit ihrer Stiftung Impfprogramme in Afrika und Asien. «Ich glaube, dass wir die Gelegenheit haben, eine neue Zukunft zu schaffen, in der die weltweite Gesundheit zum Eckpfeiler des globalen Wohlstands wird», sagte der Microsoft-Mitgründer kürzlich. Die Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertreffen am Bodensee wird ihn in ihren Ehrensenat aufnehmen.

Bis zum 1. Juli wollen die Nobelpreisträger mit 570 ausgewählten Nachwuchswissenschaftlern aus 80 Ländern über die Weltgesundheit, Genetik und Entwicklung dringend nötiger neuer Medikamente diskutieren. «Internationale Zusammenarbeit, die direkte Begegnung sowie der offene Austausch von Argumenten und Ideen ermöglichen es Forschern, Antworten auf die drängenden Herausforderungen unserer Zeit zu finden», sagt der Vorstandsvorsitzende der Lindauer Stiftung, Wolfgang Schürer.

Ansätze für neue Antibiotika werden ein wichtiges Thema sein. Denn immer öfter wirkt dieses ehemals als Geheimwaffe gegen tödliche Krankheiten gefeierte Mittel nicht mehr, immer mehr Bakterienstämme werden resistent.

«Die Welt steht kurz davor, diese Wundermittel zu verlieren», warnte die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Margaret Chan, erst im April mit Blick auf die zunehmenden Antibiotika-Resistenzen weltweit.

Die Hälfte aller verfügbaren Antibiotika töten Bakterien ab, indem sie bei ihnen die Herstellung lebenswichtiger Proteine in den sogenannten Ribosomen - den Eiweißfabriken der Zellen - unterbinden. Die Chemie-Nobelpreisträger von 2009, Ada Yonath und Thomas Steitz, konnten die Struktur bakterieller Ribosome und damit den Ansatzpunkt für verschiedene Antibiotika in vorher unbekannter Auflösung entschlüsseln. Beide werden in Lindau über ihre Arbeit sprechen. Steitz wird auch berichten, wie er von der Grundlagenforschung zur angewandten Wissenschaft kam und ein Unternehmen zur Entwicklung neuartiger Antibiotika mitgründete; zwei Wirkstoffe sind bereits in klinischer Prüfung.

Einen anderen Weg für neue Antibiotika weist die Arbeit des Japaners Ei-ichi Negishi, Chemie-Nobelpreisträger des vergangenen Jahres auf. Das von ihm mitentwickelte Verfahren ermöglicht es, chemische Stoffe, die sonst nur in der Natur vorkommen, mit Hilfe des Metalls Palladium als Katalysator nachzubauen, um daraus Medikamente zu entwickeln. Auf dieser Grundlage konnte eine neue Variante des ursprünglich aus dem Dschungelboden von Borneo gewonnenen Antibiotikums Vancomycin geschaffen werden. Vancomycin galt lange als letztes Mittel gegen den gefährlichen Krankenhauskeim MRSA. Die neue Antibiotikum-Variante kann auch MRSA-Erreger bekämpfen, die gegen herkömmliches Vancomycin schon resistent sind. Darüber wird Ei-ichi in seinem Vortrag auf der Lindauer Tagung berichten.

Erstmals laden die Organisatoren neben Nobelpreisträgern und Nachwuchswissenschaftlern 18 Lehrer aus Deutschland und Österreich nach Lindau ein. Sie werden für ihr besonderes Engagement bei der Vermittlung von naturwissenschaftlichem Wissen ausgezeichnet. «Engagierte Lehrer wirken oft als Katalysatoren und Multiplikatoren. Sie regen das Interesse an naturwissenschaftlichen Phänomenen an - und legen damit nicht selten Grundlagen für eine wissenschaftliche Laufbahn», sagt Schürer.

Vom 23. bis 27. August werden ferner zum 4. Mal die Wirtschaftswissenschaftler nach Lindau kommen und über die Lage der Weltwirtschaft diskutieren. Zur Eröffnung will Bundespräsident Christian Wulff kommen. Zu dem Treffen, die nur alle drei Jahre stattfindet, werden 20 von weltweit 35 Nobelpreisträgern aus dem Bereich der Wirtschaft erwartet.