Grüne sehen Bayerns Gesundheitswesen vor schwerer Krise
München (dpa) - Die Grünen sehen Bayerns Gesundheitswesen vor einer schweren Krise, wenn nicht schnell Abhilfe geschaffen wird. Die Landesvorsitzende Theresa Schopper warnte am Dienstag, dass die Kombination von alternder Gesellschaft und fehlendem medizinischem Personal schon in wenigen Jahren zu einer Verschlechterung der Versorgung führen könnte. «Wenn wir nichts tun, bekommen wir galoppierende Beitragssätze, die aber nicht zu einer besseren Versorgung führen, sondern nur zu Mängelverwaltung», sagte Schopper. Sie ist auch gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen- Landtagsfraktion.
Als Konsequenz fordern die Grünen ein ganzes Bündel von Maßnahmen: darunter größere Anstrengungen in der Prävention, damit die Bürger erst gar nicht krank werden; bessere Zusammenarbeit der Ärzte vor allem auf dem Land und die Übernahme ärztlicher Aufgaben durch Krankenschwestern - vor allem bei der Betreuung chronisch Kranker.
In Bayern wird die Bevölkerungszahl nach den gängigen Prognosen bis 2050 weniger schrumpfen als im Bundesdurchschnitt. Doch auch in Bayern wird die Zahl der Rentner um die Hälfte ansteigen - von derzeit 2,4 auf 3,6 Millionen. Da alte Menschen häufiger und länger krank sind als junge, werden die Kosten für chronische Erkrankungen voraussichtlich stark steigen. Gleichzeitig lassen sich aber in den ländlichen Regionen immer weniger Ärzte nieder; manche Ärzte finden keinen Nachfolger, der ihre Praxis übernehmen will. «Wir haben jetzt schon Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von Landarztpraxen», sagte Schopper.
Abhilfe könnte nach Einschätzung der Grünen-Politikerin geschaffen werden, indem Ärzte, Krankenhäuser, Apotheker, Pflegedienste und die sonstigen Zweige des Gesundheitswesens sich zu Versorgungsnetzen zusammenschließen und die Honorare aufteilen. «Das Einzelkämpfertum, das wir heute haben, wird in der Zukunft schwierig zu erhalten sein», sagte sie. Bei der Versorgung chronisch Kranker könnte das Pflegepersonal nach Meinung der Grünen eine viel größere Rolle spielen als bisher. In ländlichen Regionen halten die Grünen den Ausbau der Telemedizin für sinnvoll - so dass die Patienten ihren Arzt zur Ferndiagnose auch per Computer kontaktieren können, wie es in Norwegen und Schweden bereits gängig ist.
Um das Gesundheitswesen finanziell zu entlasten, müsste die Vorbeugung gegen Krankheiten eine viel größere Rolle spielen als bisher, sagte Schopper. «Der Dreh- und Angelpunkt wird sein, dass die Leute erst gar nicht mehr krank werden.» Sie verwies darauf, dass heute drei Viertel aller Männer und 85 Prozent aller Frauen in Deutschland zu dick sind.
Schopper warf Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) fehlende eigene Ideen für die Verbesserung des bayerischen Gesundheitswesens vor. «Bisher ist er nur der Wadlbeißer bei Herrn Rösler», sagte Schopper zu den Attacken Söders auf den FDP- Bundesgesundheitsminister.
Söders Ministerium warf den Grünen im Gegenzug vor, sie seien bislang durch keinen einzigen Vorschlag zur Gesundheitspolitik positiv aufgefallen. «Bayern liegt im Ländervergleich an der absoluten Spitze der medizinischen Versorgung», sagte eine Sprecherin Söders. Zur weiteren Stärkung habe das bayerische Kabinett auf Initiative Söders bereits im März entsprechende Beschlüsse gefasst: «Ziel ist unter anderem eine Stärkung der Allgemeinmedizin, eine Verbesserung der Bedarfsplanung und Starthilfen für junge Mediziner», sagte die Sprecherin. «Bayern ist zudem das einzige Bundesland mit einer eigenen Initiative für mehr Prävention in der Gesundheitspolitik.»