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BGH vertagt Entscheidung über mögliche Arzt-Bestechung

Karlsruhe (dpa) - Die Frage, ab welchem Zeitpunkt Geschenke von Pharmaunternehmen an Ärzte einer Bestechung gleichkommen, bleibt vorerst unbeantwortet. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe verschob sein für Donnerstag angekündigtes Urteil. Bevor der Senat eine Entscheidung treffen könne, müsse die grundlegende Frage geklärt werden, ob ein Kassenarzt ein Amtsträger für die Versicherungen ist oder nur ein Beauftragter der Kassen, erläutere der Vorsitzende Richter Jörg-Peter Becker.

«Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu ist bislang nicht ergangen.» Deshalb werde diese Problematik jetzt dem Großen Senat zur Klärung vorgelegt. Zur Zeit seien etliche Verfahren zum Pharma-Marketing anhängig, die alle um diese Frage kreisten. «In diesem Bereich wird viel Geld umgesetzt, und unsere Entscheidung kann erhebliche Auswirkungen haben.» Wann der Große Senat sich des Themas annimmt, ist noch nicht abzusehen (Az. 3 StR 458/10).

Im vorliegenden Fall wurde ein Pharmaunternehmen angeklagt, Ärzte bestochen zu haben, damit sie den Patienten ihre Reizstromgeräte verschreiben. Im Gegenzug erhielten die Ärzte für ihre Praxis hochwertige medizinische Geräte für einen günstigeren Preis oder ganz umsonst. Die Krankenkassen kritisieren dieses Vorgehen seit Jahren vehement, da dadurch die Versicherten zur Kasse gebeten würden.

Ob der Arzt Amtsträger oder Beauftragter ist, ist entscheidend für das Strafmaß. Wird der Arzt als Amtsträger gesehen, müsste er im vorliegenden Fall mit einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme rechnen. Auch die Pharmaunternehmen wären wegen Bestechung zu belangen. Ist der Arzt nur Beauftragter, sind geringere Strafen oder sogar Straffreiheit denkbar.

Jörg-Peter Becker ließ keinen Zweifel daran, dass sein Senat die Kassenärzte für Amtsträger hält. Damit sprach er den Versicherungen aus dem Herzen. «Wir sind überrascht, wie klar die Aussage war», sagte Peter Scherler von der AOK Niedersachsen. Er erwartet sich von dem Urteil vor allem eine andere Kultur im Umgang zwischen Pharmaunternehmen, Ärzten, Patienten und Kassen. «Es kann nicht sein, dass die Medikamente und medizinischen Geräte verschrieben werden, die für den Arzt am meisten Gewinn versprechen.»