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AOK: Ärzte arbeiten zu wenig für das Geld der Versicherten

Joachimsthal (dpa) - An unnötig langen Wartezeiten von Kassenpatienten sind nach Darstellung des AOK-Bundesverbandes häufig die Ärzte schuld: Sie arbeiteten zu wenig für das erhaltene Geld, sagte der designierte Verbandsvorsitzende Jürgen Graalmann am Freitag bei einem Presseseminar in Joachimsthal bei Berlin. «Aktuell bringen die Versicherten rund vier Milliarden Euro mehr für die ärztliche Versorgung auf, als sie real dafür bekommen.» Vor allem Fachärzte hielten die zugesagte Arbeitszeit von 51 Wochenstunden für die Behandlung von Kassenpatienten nicht ein.

Das pauschale Argument ärztlicher Standesvertreter, Wartezeiten seien dem Ärztemangel geschuldet, wies Graalmann zurück. Er forderte die Kassenärztlichen Vereinigungen auf, den Missstand zu beenden. Sie hätten dafür zu sorgen, dass die Mediziner ihre für die Behandlung von Kassenpatienten zugesagten 51 Wochenstunden auch tatsächlich leisten. Viele der niedergelassenen Mediziner widmeten einen zu großen Teil ihrer Arbeitszeit Privatpatienten und sogenannten Wahl-Leistungen, die Kassenpatienten selber bezahlen.

Eine von der AOK in Auftrag gegebene Umfrage ergab, dass Hausärzte rund 47 Stunden in der Woche für ihre Patienten da sind, Fachärzte dagegen nur 39 Stunden. Dennoch bekämen die Mediziner ein Honorar, «das dem mit 51 Stunden kalkulierten Lohn entspricht», kritisierte Graalmann. Er bezifferte die Minderleistung «auf glatte 23 Prozent». Honorarkürzungen solle es aber nicht geben.

Graalmann, der sein neues Amt am 1. Oktober als Nachfolger von Herbert Reichelt antritt, nannte Wartezeiten von mehr als einer Woche für einen Arzttermin nicht akzeptabel - vor allem dann, wenn Privatpatienten vorgezogen würden. 2006 hätten 11 Prozent der gesetzlich Versicherten drei Wochen und mehr auf einen Arzttermin warten müssen, zuletzt seien es schon 20 Prozent gewesen. Dies komme auch daher, dass Ärzte ihre Praxen aus Budgetgründen zum Quartalsende schlössen und Behandlungen ins nächste Quartal verschöben. Jeder dritte befragte Arzt habe in den letzten zwölf Monaten das Schild «Geschlossen» an die Praxistür gehängt, kritisierte der derzeitige AOK-Verbands-Vize.

Obwohl immer mehr Geld ins System fließe, ist die medizinische Versorgung nach seinen Worten nicht besser geworden. Von 2007 bis 2010 hätten Deutschlands Ärzte rund 4,6 Milliarden Euro mehr bekommen, zugleich sei deren Zahl um 4300 gestiegen. «Längere Wartezeiten ergeben sich aus Sprechzeitenverkürzung bei stetig steigender Vergütung», keineswegs aber wegen mangelnder personeller oder finanzieller Ressourcen, sagte Graalmann.