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Ärztegipfel im Schatten der EHEC-Krise

Berlin (dpa) - Daniel Bahr kann sich auf seinem ersten Ärztetag als Minister ein bisschen entspannen. «Es ist heute Tag 19 für mich als neuer Bundesgesundheitsminister», sagt er vor rund 500 Ärzten aus ganz Deutschland in Kiel. «Die 19 Tage haben mir gezeigt, was die Vielfalt der Gesundheitspolitik so alles zu bieten hat.» Zuerst der Ärger um abgewiesene Versicherte der bankrotten City BKK. Und dann vor allem die EHEC-Krise.

So ernst die Bedrohung ist - sie gibt dem FDP-Politiker auch Gelegenheit für eine Lobeshymne auf die Ärzte: «Sie schaffen es, die Verunsicherung der Bevölkerung (...) abzubauen durch ihren großen Einsatz.» Die Lage sei angespannt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sagt: «Der EHEC-Erreger macht den Menschen in Norddeutschland große Angst.» Stille im Saal.

Da verblassen alte Kämpfe zwischen Ärzten und Politik - auch wenn der scheidende Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe noch einmal das ganze Register zieht. Seine Stimme ist bei der Abschiedsrede brüchig. «Es sind nur die Stimmbänder», versichert er. Viel Applaus ist ihm immer wieder sicher. Gegen selbsternannte Ärztekritiker wettert er, vor überall bald fehlenden Ärzten warnt er, Prioritätensetzung bei Behandlungen fordert er, Wildwuchs und Gier privater Krankenkassen geißelt er.

Doch gegenüber dem FDP-geführten Ministerium in Berlin bleibt Hoppe versöhnlich, spricht von einer «neuen Dialogkultur». Für Bahrs Vorgänger war der Gang zum Ärztetag meist lästige Pflicht. Der neue Mann im Gesundheitsressort nun rennt offene Türen ein bei den stolzen Medizinern, als er seine Gesetzespläne erläutert, die Landärzten mehr Geld bringen sollen, und ein hohes Lied auf die Freiberuflichkeit der Ärzte singt.

Modernisieren will Bahr, auch bessere Bedingungen für die immer zahlreicheren Frauen im Arztberuf schaffen. Doch Konzentration in Medizinischen Versorgungszentren statt Einzelpraxen? Versorgung nur noch in großen Zentren mit angestellten Ärzten sei nicht das Ziel.

Jetzt geht es bei den Ärzte vor allem um die Nachfolge für Hoppe nach zwölf Jahren. Im Ring sind unter anderem der bisherige Stellvertreter Hoppes, Frank Ulrich Montgomery aus Hamburg, und der Berliner Kammerchef Günther Jonitz. Für Montgomery wäre es nicht nur ein verspätetes Geburtstagsgeschenk - just zur Eröffnung des Ärztetags wird er 59. Vor allem wäre es die konsequente Fortsetzung einer zielstrebig verfolgten Laufbahn.

Als Streikführer machte sich Montgomery einen Namen, als er als Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund mehr Geld für die Klinikärzte erstritt. Gegen Jonitz gewann der Hanseat aber schon einmal 2007 im Kampf um den Vizeposten in der Bundesärztekammer nur überraschend knapp.

Dass der neue Schmusekurs der Ärzte mit der Politik Bestand haben wird, ist alles andere als sicher. Montgomery hat vorsorglich schon mal eine Eskalationsstrategie im Kampf um mehr Geld und eine neue Gebührenordnung angedroht. Er und Jonitz sind auch der Meinung, endlich müsse diskutiert werden, was von der ganzen teuren Spitzenmedizin sich die Gesellschaft noch leisten wolle. Bahr hält von der Debatte nichts, wie er den Delegierten ins Stammbuch schreibt.