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Ärztechef will Patienten an Therapiekosten beteiligen

Berlin (dpa) - Deutschlands oberster Kassenarzt Andreas Köhler (50) muss um seinen Job bangen. Zwei Gegenkandidaten gibt es für den Spitzenposten bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: die Chefs der Ärzteorganisationen MEDI, Werner Baumgärtner, und NAV-Virchow-Bund, Dirk Heinrich. Die eigentlich für April geplante Wahl könnte bereits an diesem Freitag auf einer KBV-Vertreterversammlung in Berlin stattfinden - ein entsprechender Antrag von der Ärztebasis hat gute Chancen. Köhler sagte der Nachrichtenagentur dpa, warum er nach sechs Jahren wieder antritt:

Welchen Schwerpunkten wollen Sie sich in einer weiteren Amtszeit stellen?

Köhler: «Hauptthema der nächsten Monate wird zweifelsfrei der drohende Ärztemangel bleiben. Richtigerweise nimmt sich inzwischen auch die Politik dieses Themas ernsthaft an und wird im Frühjahr einen Entwurf für ein neues Versorgungsgesetz vorlegen. Um den Arztberuf wieder attraktiver zu gestalten, müssen meiner Ansicht nach Richtgrößenprüfung und Regresse fallen. Sie stellen schon für Medizinstudenten mit die größten Hemmschwellen dar, um sich niederzulassen. Auch der Bürokratieabbau und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehören zu den Maßnahmen gegen die drohende Unterversorgung. Und die jetzige Bedarfsplanung ist zu starr. Wir müssen die besonderen Bedürfnisse von Städten und Dörfern stärker berücksichtigen. Außerdem wollen wir die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen stärker in die Entscheidungsfindung einbinden.»

In der Koalition herrscht Uneinigkeit, ob dem Ärztemangel mit zusätzlichem Honorar oder mit Umverteilung begegnet werden soll - wieviel Geld braucht es aus Ihrer Sicht zusätzlich, um Ärzten einen ländlichen Einsatzort schmackhaft zu machen?

Köhler: «Dies ist nicht konkret in Zahlen und Ziffern zu benennen. Viele KVen haben bereits Maßnahmen unternommen, um junge Ärzte für eine Niederlassung auf dem Land zu gewinnen - seien es Stipendien für Medizinstudenten, finanzielle Beteiligungen an Lehrstühlen für Allgemeinmedizin oder die Unterstützung bei der Einrichtung von vernetzten Filialpraxen. Alle diese Maßnahmen kosten Geld, jedoch werden sie nur in der Kombination zum gewünschten Ziel führen. Ohne finanzielle Aufwendungen ist dem drohenden Ärztemangel aber auf keinen Fall zu begegnen! Vor allen Dingen aber: Auch Kommunen sind gefragt, ihre Standorte für Ärzte attraktiv zu gestalten. Wir haben es mit einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu tun.»

Sollen Patienten sich an steigenden Behandlungskosten beteiligen?

Köhler: «Angesichts steigender Nachfrage und Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen aufgrund des demografischen Wandels ist es langfristig unumgänglich, dass auch Patienten mit in die Verantwortung genommen werden, wenn es um die Deckung der Behandlungskosten geht. Hier sehe ich grundsätzlich drei Möglichkeiten: Zum einen die Kostenerstattung, also die direkte Abrechnung nach dem Vorbild der Privatversicherung für alle Patienten. Dies schärft das Kostenbewusstsein. Hier begrüßen wir es, dass die Debatte wieder geführt wird. Zum anderen könnten zukünftig kassenfinanzierte Grundleistungen neben privat zu zahlenden Wahlleistungen eingeführt werden. Oder, als dritte Alternative, ist auch eine prozentuale Beteiligung der Patienten an den Behandlungskosten denkbar.»