Klinikärzte leiden unter langen Arbeitszeiten
Berlin (dpa) - Wochenarbeitszeiten von mehr als 48 Stunden bei drei von vier Klinikärzten werden nach Ansicht der Medizinergewerkschaft Marburger Bund zunehmend zum Risiko für die Patienten. Fast jeder zweite Arzt gab in einer Umfrage an, dass seine Wochenarbeitszeit inklusive Überstunden und Bereitschaftsdienste im Schnitt zwischen 49 und 59 Stunden liegt, wie der Marburger Bund am Montag mitteilte. Das Institut für Qualitätsmessung und Evaluation hatte die Mitglieder des Verbands in dessen Auftrag befragt.
Der Vorsitzende Rudolf Henke sagte: «Die Arbeitszeiten an deutschen Kliniken sind ungesund.» 71 Prozent beklagten, die eigene Gesundheit werde durch die Arbeitszeiten beeinträchtigt. Irgendwann seien die Mediziner nicht mehr in der Lage, den Kliniken optimal zu helfen, warnte Henke.
Besonders empört zeigte sich der Verbandsvorsitzende darüber, dass bei vielen Ärzten die weit verbreiteten Überstunden nicht erfasst würden. Die Kliniken ließen hier Missstände offenbar bewusst zu. Rund 21 Prozent der befragten Ärzte gaben an, ihre Überstunden würden weder vergütet noch ausgeglichen. Der Marburger Bund rechnete das Ergebnis von 8,6 Überstunden pro Arzt und Woche aus einer älteren Umfrage hoch und teilte nun mit, pro Jahr leisteten die Ärzte 13 Millionen Überstunden für 400 Millionen Euro ohne jeden Ausgleich.
Ein Viertel der Ärzte ist laut Umfrage pro Woche sogar 60 bis 79 Stunden im Dienst. Drei Prozent arbeiten durchschnittlich mehr als 80 Stunden.
An diesem Dienstag startet der Marburger Bund mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder in Berlin Verhandlungen über Bezahlung und Arbeitsbedingungen in 20 Unikliniken. Die Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr Gehalt.