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Spotlight Pharma Market 04.25

Chronische Erkrankungen

Eine Ärztin misst bei einem älteren Herren im Umfeld einer medizinischen Praxis dessen Blutdruck.

Anteil chronisch Erkrankter an der Bevölkerung

Chronische Erkrankungen betreffen mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Mit Blick auf die demografische Entwicklung wird der Versorgungsbedarf in Zukunft noch wachsen.

Chronische Erkrankungen nehmen weltweit(1) zu. Eine Analyse des Robert Koch Instituts zeigt, dass diese bei den über 18-Jährigen auch in Deutschland stetig anwachsen. Im Jahr 2024 gaben rund 54 Prozent der Erwachsenen an, eine chronische Erkrankung bzw. ein lang andauerndes Gesundheitsproblem zu haben.(2) Dies entspricht einem Anstieg von rund 16 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014.

Der Anteil chronisch Erkrankter nahm insbesondere in den höheren Altersgruppen systematisch zu. Etwa 34 Prozent der 18 bis 29-Jährigen sind chronisch krank. In der Gruppe der 45 bis 64-Jährigen lag dieser Anteil mit 59 Prozent bereits über dem Durchschnitt und steigerte sich bei den über 80-Jährigen auf 73 Prozent.

Der Indikator umfasst den Anteil der Erwachsenen mit einer chronischen Erkrankung oder einem lang andauernden Gesundheitsproblem. Die Operationalisierung beruht auf bundesweiten Befragungssurveys des Robert Koch-Instituts: GEDA 2014/2015-EHIS, GEDA 2019/2020-EHIS, GEDA 2022, GEDA 2023 und einem Panel aus dem Jahr 2024. Die Surveys basieren auf der deutschsprachigen Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 18 Jahren in Deutschland. Als lang andauernd gilt eine Erkrankung bei einer Dauer von mindestens 6 Monaten. Zur Häufigkeit von chronischen Erkrankungen bei Kindern gibt es keine aktuellen Angaben.

Prävalenzen

Mit einer alternden Bevölkerung steigen die Prävalenzen vieler chronischer Erkrankungen weiter an. Ein frühzeitiger Einsatz innovativer Arzneimittel kann die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Belastungen gleichermaßen begrenzen.

Die Diagnoseprävalenzen von chronischen Erkrankungen haben mit wenigen Ausnahmen in den letzten Jahren teilweise deutlich zugenommen. Dies resultiert zum Teil auf einer tatsächlichen Zunahme der Fallzahlen. Insbesondere mit Blick auf die demografische Entwicklung ist erwartbar, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Zum Teil ist der Anstieg aber auch darauf zurückzuführen, dass zuvor unerkannte Erkrankungen vermehrt diagnostiziert und behandelt werden (z.B. Niereninsuffizienz).

Eine Ausnahme ist die koronare Herzkrankheit, deren Diagnoseprävalenz seit 2015 um 4,3 Prozent zurückgegangen ist, primär in Folge von Lebensstilveränderungen. Auch der Rückgang der COPD(3) ist auf präventive Maßnahmen (weitreichende Rauchverbote) zurückzuführen.

Der Indikator bildet vorwiegend die Diagnoseprävalenzen der zehn häufigsten, chronischen Erkrankungen ab. Sofern diese nicht vorhanden waren, wurde auf Prävalenzangaben zurückgegriffen. Diagnoseprävalenzen umfassen ausschließlich dokumentierte Fälle. Basis hierfür sind bundesweite vertragsärztliche GKV-Abrechnungsdaten gemäß § 295 SGB V der Jahre 2015 bis 2023 des ZI . Diese wurden auf die Gesamtbevölkerung umgelegt. Die Identifikation der Indikationen basiert auf ärztlichen Diagnosecodes gemäß der ICD10-GM . Ein Fall gilt als prävalent, wenn die Erkrankung in mindestens zwei Quartalen kodiert wurde. Für die Depression wurde auf Diagnoseprävalenzdaten des Robert-Koch-Instituts zurückgegriffen; für Adipositas und Demenzen liegen ausschließlich Prävalenzangaben vor.

Entwicklung der Krankheitskosten nach Segment

Die Kosten für chronische Erkrankungen entwickeln sich unterdurchschnittlich.

Für die meisten der dargestellten chronischen Erkrankungen gilt: Mit ihnen assoziierte Krankheitskosten wuchsen zwischen 2015 und 2023 weniger stark als die Gesamtkrankheitskosten bzw. nahezu gleich (Adipositas und Diabetes). Lediglich bei der Herzinsuffizienz stiegen die Krankheitskosten überdurchschnittlich. Gleichzeitig stieg bis auf eine Ausnahme in allen dargestellten Erkrankungen die Prävalenz an.

Personen über 65 Jahren verursachen 53 Prozent der Krankheitskosten über alle Erkrankungen hinweg.(4) Bei sechs der neun betrachteten chronischen Erkrankungen liegt der Wert deutlich darüber.

Innerhalb der einzelnen Indikationen nahmen Anteile der Kosten, die für Arzneimittelversorgung und Krankenhausbehandlungen anfielen, zwischen 2015 und 2023 vorwiegend ab. Verschiebungen erfolgten zugunsten des Kostenanteils der ambulanten und stationären Pflege, der Arztpraxen oder der Ausgaben der privaten Haushalte.

Der Indikator untersucht auf Basis der Krankheitskostenrechnung die Veränderung der indikationsspezifischen Kostenanteile in der Arzneimittel- und der Krankenhausversorgung zwischen 2015 und 2023. Die Veränderung der Kostenanteile ist in Prozentpunkten dargestellt. Die Arzneimittelversorgung entspricht dem Segment Apotheke der Krankheitskostenrechnung (Apotheken ohne Krankenhausapotheken) Die darin enthaltenen pharmazeutischen Dienstleistungen sind vernachlässigbar (Anteil < 1 Prozent). Betrachtet werden die häufigsten chronischen Erkrankungen. Die COPD ist in der Statistik nicht separat aufgeführt.

Innovationsaktivität

Die Zulassung neuer Wirkmechanismen sind Ausdruck der Innovationskraft der Pharmaindustrie. Auch bei chronischen Erkrankungen werden beständig neue Arzneimittel entwickelt, denn obwohl sie häufig bereits gut behandelbar sind, besteht für viele Patientengruppen nach wie vor ein Unmet Medical Need.

Für chronische Erkrankungen hat sich in den vergangenen 15 Jahren durch zahlreiche Arzneimittel mit einem neuen Wirkmechanismus die Therapievielfalt erhöht. Diese First-in-Class-Arzneimittel basieren in der Regel auf neuen Erkenntnissen zum jeweiligen Krankheitsmechanismus. Einige dieser neuen Medikamente sind seit Jahrzehnten die erste Therapieoption im jeweiligen Krankheitsgebiet. Zumeist bieten sie Patient:innen, die mit den bisher verfügbaren Optionen nicht adäquat behandelt werden können, eine deutlich bessere bzw. überhaupt eine Behandlungsmöglichkeit.

Neue Wirkmechanismen gab es in folgenden Erkrankungen:

  • je einen gegen Adipositas, Alzheimer, Osteoporose und Migräne,
  • je zwei gegen chronische Nierenerkrankung, COPD, Diabetes Typ 2, Herzinsuffizienz,
  • drei gegen atopische Dermatitis,
  • vier gegen Asthma und
  • fünf gegen Hypercholesterinämie.

Der Indikator zeigt an, wie häufig seit 2011 neue Wirkmechanismen bei chronischen Erkrankungen zugelassen wurden. Dargestellt ist der Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung eines Wirkmechanismus im jeweiligen Krankheitsgebiet auf Basis der Angaben im Arzneimittelregister der Europäischen Kommission. Einbezogen sind chronische Erkrankungen ohne Autoimmunerkrankungen und chronische Infektionen.

AMNOG-Bilanz der chronischen Erkrankungen

Im Vergleich zu anderen Krankheitsgebieten schneiden chronische Erkrankungen in den AMNOG-Verfahren schlechter ab. Der größere Anteil von Verfahren, in denen der G-BA aus formalen Gründen keine Bewertung vornimmt, weist auf eine systemische Ursache hin.

Bis September 2025 haben 83 Arzneimittel gegen chronische Erkrankungen 136 frühe Nutzenbewertungen durchlaufen. Einen beträchtlichen Zusatznutzen gab es in den Indikationen atopische Dermatitis, COPD, Diabetes, Depression, Herzinsuffizienz, Migräne und Niereninsuffizienz. Ein erheblicher Zusatznutzen wurde bei chronischen Erkrankungen noch nie ausgesprochen. Bei 68 Prozent der Verfahren wurde maximal ein nicht belegter Zusatznutzen erreicht. Dieser Wert liegt deutlich über dem Durchschnitt und insbesondere höher als bei Krebserkrankungen.

In 65 Prozent der Verfahren zu chronischen Erkrankungen wurden vom G-BA aufgrund von pauschalen Anforderungen die verfügbaren Studiendaten aus formalen Gründen nicht herangezogen. Über alle Verfahren hinweg ist das in 38 Prozent der Fall; bei Krebserkrankungen sind es 28 Prozent.

Der Indikator stellt das maximale Ausmaß des Zusatznutzens in Verfahren zu Arzneimitteln gegen chronische Erkrankungen im Vergleich zu sonstigen AMNOG-Verfahren dar. Erfasst wurden alle abgeschlossenen Verfahren. Chronische Erkrankungen umfassen nicht Autoimmunerkrankungen und chronische Infektionen. Der maximale Zusatznutzen ist die höchste je Verfahren in einer Patientengruppe vergebene Zusatznutzenkategorie.

Quellennachweise:

(1) Schmitz et al. 2023: Multimorbidität in Deutschland und ihre Bedeutung für die Versorgung der Zukunft – eine Sekundärdatenanalyse basierend auf 67 Mio. Versichertendaten, In: Gesundheitswesen 2023; 85: 871-877.

(2) Robert-Koch-Institut, Chronisches Kranksein, Zugriff: 2. Juli 2025

(3) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

(4) Pressemitteilung DESTATIS zu Krankheitskosten im Jahr 2023 vom 8. August 2025