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Public Health: Chancen & Potenziale eines neuen Bundesinstitutes

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Schaffung eines Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit festgelegt, um die Koordination und Aufklärung im Public Health-Bereich zu stärken. Die Ausgestaltung ist derzeit noch offen. Eine Kernkompetenz des Bundesinstitutes muss das Thema Prävention werden.

Eine Mehrgenerationenfamilie freut sich beim Spaziergang in der Natur, sie lachen, laufen, springen.

Aus Sicht des vfa sind bei der Etablierung des Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit folgende Punkte besonders wichtig:

Stärkung des Stellenwerts präventiver Maßnahmen

Die Public Health-Landschaft wird zurzeit durch unzureichend ausgeprägte Vernetzung untereinander darin geschwächt, eine effiziente Gesundheitsschutzstrategie für die Gesamtbevölkerung voranzutreiben.

Das Definieren einer nachhaltigen Strategie zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit in Deutschland stellt eines der Haupthandlungsfelder des neuen Bundesinstituts dar. Daher müssen unter dem Dach des neuen Bundesinstitut alle zu berücksichtigenden Kompetenzen aus Naturwissenschaft, Medizin, Sozialwissenschaft, Kommunikation, Informationstechnologie und -wissenschaft gebündelt, interdisziplinär vernetzt und optimal eingesetzt werden.

Das Thema Prävention darf als elementarer Bestandteil von Public Health nicht als Sammelbecken aller Maßnahmen und Themen im Zusammenhang mit Gesundheitsschutz verwässert werden. Zentrale Aspekte der Prävention (Hygienemaßnahmen und Infektionsschutz, Impfprävention sowie gesundheitliche Folgen des Klimawandels) sollten im neuen Bundesinstitut in Fachabteilungen mit angemessener Personalstärke intensiv bearbeitet werden können.

Verpflichtung zu Public Health-Zielen

Integraler Bestandteil einer erfolgreichen Public Health-Strategie sollten klar definierte Zielsetzungen sein. So zeigen beispielsweise erfolgreiche Impfkampagnen aus der Vergangenheit die Notwendigkeit klar definierter Public Health- beziehungsweise Impfziele. Allerdings werden die wenigen, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geforderten Impfziele in Deutschland nicht erreicht.

Die Verpflichtung zu konkreten, nationalen Public Health-Zielen würde ein wichtiges Signal setzen und gleichzeitig die WHO in ihrer Arbeit zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit auf internationaler Ebene unterstützen.

Zur Effektmaximierung sollten die Fachabteilungen des Bundesinstituts über ausreichend Befugnisse verfügen. Die Fachabteilung „Schutzimpfungen“ sollte durch die Koordination von Maßnahmen, Aktivitäten und Expertisen sicherstellen, dass:

  • Impfempfehlungen der Gesamtbevölkerung nachvollziehbar und verständlich zur Verfügung stehen,
  • mit einer Empfehlung einhergehende Impfziele formuliert, Maßnahmen zur Erreichung erarbeitet und deren Umsetzung evaluiert werden,
  • ein umfassendes, zeitnahes und transparentes Impfmonitoring gewährleistet ist,
  • die Bevölkerung Zugang zu leicht verständlichen Informationen hat.

Bewusstseinssteigerung für aktiven Gesundheitsschutz

Viele Maßnahmen aus dem Bereich des Gesundheitsschutzes und der Prävention sind seit jeher mit dem Problem des sogenannten Präventions-Paradoxons konfrontiert: Je effektiver eine vorbeugende Maßnahme ist, umso weniger wird deren Notwendigkeit im Nachhinein wertgeschätzt.

Das Bewusstsein für den hohen Nutzen von vorbeugenden Maßnahmen zum Gesundheitsschutz sollte daher nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei allen Leistungserbringern im Gesundheitswesen geschärft werden.

Es sollte eine der übergeordneten Aufgaben des Bundesinstituts sein, dafür zu sorgen, dass Bürger:innen ein gestärktes Interesse für ihre Gesundheit zeigen. Gleichzeitig sollte es über umfassende Kompetenzen verfügen, zu gewährleisten, dass das Interesse der Bürger niedrigschwellig bedient werden kann.

Effiziente Weiterentwicklung bestehender Strukturen

Viele grundlegende Strukturen, die zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit notwendig wären, bestehen bereits, wurden bislang aber nicht ausreichend genutzt.

Bei der Errichtung des Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit sollte darauf geachtet werden, wo möglich, auf bestehende Strukturen aufzubauen und vor allem den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) langfristig zu stärken. Hierdurch ließen sich Möglichkeiten für niedrigschwellige Kontakte der Bevölkerung mit dem Gesundheitswesen ausbauen. Das Bundesinstitut sollte die erforderlichen Kompetenzen erhalten, den ÖGD dabei in enger Abstimmung zu unterstützen und die Maßnahmen zu koordinieren.

Darüber hinaus existieren mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dem RKI, dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR), dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dem Paul Ehrlich-Institut (PEI), dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und vor allem der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen (NaLI) bereits eine Vielzahl an Instituten und Einrichtungen, deren Expertise und Tätigkeitsbereiche momentan Aspekte der Public Health abdecken.

Mit der Verteilung von Verantwortlichkeiten auf vielen Schultern geht häufig der Verlust eindeutiger Zuständigkeiten einher. Vielversprechende Kooperationsmöglichkeiten werden verpasst. Bei der Etablierung des Bundesinstituts sollten dringend die verschiedenen Möglichkeiten zur Vernetzung und interdisziplinären Arbeit dieser Akteure unter dem Dach des Instituts erörtert werden.

Konstruktiver Dialog mit allen Beteiligten im Public Health-System

Zum nachhaltigen Aus- und Aufbau einer Public Health-Landschaft in Deutschland müssen Mechanismen zum Dialog mit allen betroffenen Akteuren geschaffen werden. Im Sinne einer „echten“ Public Health betrifft dies vor allem Fachgesellschaften aus den verschiedenen Bereichen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Verbände (Bundes-, Landes- und Kommunalebene).

Da Public Health-Maßnahmen die gesamte Bevölkerung in vielen Bereichen des täglichen Lebens betreffen, sollten externe Expert:innen frühzeitig mit einbezogen werden. So können Lösungen erarbeitet werden, die auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen. Dabei sollten auch Möglichkeiten zur Bildung von Partnerschaften, Allianzen und konzertierten Aktionen möglich sein.

Dazu gehört auch die Option zur Schließung von „Public-Private-Partnerships“, zur zielführenden Umsetzung zentraler Projekte. Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes könnten so leichter und effizienter hinsichtlich ihrer Effektivität untersucht, abgestimmt und anschließend implementiert werden.

Vernetzung mit Digitalisierungsstrategie

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist ein wichtiger Baustein der Public Health mit großem Potenzial für die öffentliche Gesundheit.

Stehen Daten aus der geplanten elektronischen Patientenakte (ePA), dem eImpfpass oder dem eMutterpass zur Verfügung, würde dies einen echten Mehrwert für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung bedeuten.

Der eImpfpass stellt dabei eine leicht zu implementierende Lösung dar, die möglichst schnell umgesetzt werden sollte. Er bietet sich als Leuchtturmprojekt an; es wäre fatal dieses Potenzial ungenutzt zu lassen.

Durch den eImpfpass ließen sich mit wenig Aufwand Strukturen schaffen, die zu steigenden Impfquoten beitragen könnten, wie etwa:

  • persönliche Impfeinladungen
  • automatisierte, individualisierte Erinnerungssysteme für Auffrischimpfungen.

Gelingt die Digitalisierung im Präventionsbereich zügig und effektiv, lassen sich wichtige Public Health-Ziele und -Parameter wie Impfquoten viel effektiver und vor allem schneller als bisher verfolgen und erreichen.