Ausweitung der Liefermengen für Covid-19-Impfstoffe
Pharma-Unternehmen haben in weniger als einem Jahr die ersten Covid-19-Impfstoffe nicht nur erfunden und erprobt, sondern für sie auch die Großproduktion aufgebaut. Deshalb können sie überhaupt jetzt schon Impfstoff ausliefern, wenn auch erst in kleineren Mengen. Nun wird diskutiert, wie man die Ausweitung der Liefermengen beschleunigen kann.

Am 06.12.2021 erläuterte vfa-Forschungssprecher Dr. Rolf Hömke gegenüber ZDF heute live, wie die Liefermengen für Covid-19-Impfstoffe ausgeweitet werden. Hier das Interview.
Dazu sagt vfa-Präsident Han Steutel: „Wir werden im Januar deutlich mehr Impfungen haben, weil immer mehr der bestellten Mengen geliefert werden. Das funktioniert nur, weil die Hersteller vorproduziert haben. Jeder weitere Hersteller, der eine Zulassung erhält, wird ebenfalls mit vorproduzierten Chargen schnell im Markt sein.“
Und das ist bereits zu sehen: Nach der Zulassung des Impfstoffs von Moderna am 6. Januar hat am 12. Januar auch die Belieferung Deutschlands begonnen, und die wöchtentlichen Liefermengen sollen weiter ansteigen. Zudem hat, ebenfalls am 12. Januar, AstraZeneca den Zulassungsantrag für seinen Impfstoff bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA um die letzten ausstehenden Teile ergänzt, so dass nun das seit Oktober als "Rolling Review" laufende Prüfverfahren in seine letzte Phase geht. Die EMA hat angekündigt, dass sie bis Ende Januar über eine Zulassung befinden kann, wenn sich bei der Prüfung nicht noch Rückfragen ergeben, deren Klärung mehr Zeit in Anspruch nimmt. Nach einer Zulassung könnte der Hersteller rasch mit der Belieferung beginnen.
Zur Verbesserung der Versorgung trägt auch bei, dass mit der Impfstoffmenge in jedem Impfstoffgefäß von BioNTech/Pfizer sechs statt fünf Impfungen durchgeführt werden können, wenn dafür geeignete Spritzen und Kanülen verwendet werden. Die EMA hat es ausdrücklich autorisiert, dass der Impfstoff so verwendet werden kann. So reicht jede Lieferung für 20 Prozent mehr Impfungen als ursprünglich gerechnet.
Um für so viele Impfstoff-Dosen wie möglich zu sorgen, haben die Unternehmen mit den am weitesten entwickelten Covid-19-Impfstoffen schon seit Monaten nicht nur ihre eigenen Produktionskapazitäten ausgeweitet, sondern auch immer mehr Kooperationen mit anderen Firmen etabliert. Nach Umrüstung der Anlagen und Schulung des Personals liefern diese dann beispielsweise Komponenten für den Impfstoff zu, übernehmen parallel zu den Originalherstellern bestimmte Herstellungsschritte oder stellen den betreffenden Impfstoff in Lizenz komplett eigenständig her. Wenn die Originalunternehmen weitere mögliche Partner für solche Kooperationen identifizieren, können sie hier noch weiter ausbauen.
Kooperationen, nicht Zwangslizenzen, sind der Weg zum schnellen Ausbau
Keine rasche Erweiterung der Produktionskapazitäten verspricht hingegen die Idee, mittels Patentaufhebung und Zwangslizenzen beliebige andere Pharma-Unternehmen mit der Produktion der Impfstoffe zu beauftragen. Denn Impfstoffherstellung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der Arzneimittel-Produktion. Dabei kommt es auf jedes Detail an.
Impfstoffherstellung braucht immer einen intensiven technischen Vorlauf. Da geht nichts auf Zuruf.»
Nur mit Hilfe des Originalherstellers kann ein anderes Unternehmen zügig in den Stand versetzt werden, an der Produktion mitwirken. Deshalb sind Kooperationen der schlüssige Weg zur zügigen Ausweitung der Produktionsmengen.
Produktionsmethoden für Covid-19-Impfstoffe: anspruchsvoll und unterschiedlich
Die Herstellungsweise für die verschiedenen Typen von Impfstoffen, die gegen Covid-19 bereits zugelassen oder in Entwicklung sind, unterscheidet sich wesentlich voneinander. Sie weicht in den meisten Fällen auch deutlich von der Produktionsmethode für die üblichen in Deutschland empfohlenen Impfstoffe gegen andere Krankheiten ab, die direkt aus abgetöteten oder abgeschwächten Erregern hergestellt werden.
So basieren einige der Covid-19-Impfstoffe auf gentechnisch hergestelltem Spikeprotein des SARS-CoV-2-Virus. Mediziner nennen sie Subunit-Impfstoffe. In einem Fall wird zu ihrer Herstellung eine Kultur mit Insektenzellen in Nährmedium verwendet, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie das betreffende Protein herstellen. Dieses Protein muss anschließend von allen Resten der Insektenzellen und des Nährmediums gereinigt werden. Erst danach kann es zusammen mit einer Emulsion aus Hilfsstoffen zum fertigen Impfstoff verarbeitet werden. Dabei dienen die Adjuvantien genannten Hilfsstoffe dazu, die Immunreaktion bei den Geimpften zu verstärken. Der fertige Impfstoff wird schließlich in sterile Glasgefäße abgefüllt.
Ganz anders werden Vektorviren-Impfstoffe hergestellt. Für sie benötigt man große Zellkulturen mit Säugetierzellen. Mit biotechnischen Methoden werden diese Zellen ausgerüstet, um Viren zu bilden – allerdings keine Coronaviren, sondern harmlose Vektorviren, die Menschen nicht krankmachen können. Die Zellen geben den in ihnen entstehenden Viren dabei aber auch etwas vom Covid-19-Erreger SARS-CoV-2 mit, nämlich die genetische Bauanleitung für dessen Spikeprotein (das ist entscheidend dafür, dass die Vektorviren nach dem Impfen für eine Schutzreaktion gegen Covid-19 sorgen können). Die Vektorviren werden schließlich aus der Zellkultur „abgeerntet“. Nachdem man sie gründlich, aber schonend gereinigt hat, kann man sie in einer impftauglichen Flüssigkeit in Glasgefäße abfüllen, kühl lagern und transportieren.
Noch anders verläuft die Herstellung von messengerRNA-(mRNA)-Impfstoffen. Sie beginnt im ersten Schritt mit der Vermehrung von Bakterien, denen zuvor gentechnisch kleine ringförmige DNA-Stücke eingefügt wurden, in großen Bioreaktoren. Die DNA_Ringe vermehren sich mit den Bakterien. Wenn diese dann abgetötet werden, setzen sie die ringförmigen DNA-Stücke wieder frei. Diese sind nötig für die Herstellung der eigentlichen mRNA. Im nächsten Schritt muss aus diesem Mix hochgradig reine mRNA hergestellt werden. Diese wird dann in einem weiteren Arbeitsschritt in Flüssigkeit in submikroskopische Bläschen eingeschlossen, die aus naturidentischen und künstlichen fettartigen Molekülen bestehen; diese Lipidnanopartikel genannten Bläschen dürfen dabei weder zu klein noch zu groß geraten. Die fertige Lösung mit den Lipidnanopartikeln wird anschließend in Glasgefäße abgefüllt.