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Covid-19: Ausbau der Impfstoff-Lieferungen weltweit

Die Hersteller der zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 weiten die Produktionskapazitäten immer weiter aus – teils in eigenen Werken, teils mit Hilfe von Produktionspartnern und Lizenznehmern.

Nahaufnahme von kreisförmiger Produktlinie zur Impfstoffproduktion mit Ampullen

Produktionskapazität enorm ausgebaut

Impfstoff-Vorräte in ausgewählten Ländern. LMICs = Lower Middle Income Countries; LICs = Least Income Countries (Quelle: EFPIA auf Basis von Airfinity

Sichtbar wird das auch an der Bitte des afrikanischen Centres for Disease Control (CDC), die Lieferung gespendeten Impfstoffs möglichst ins zweite Halbjahr 2022 zu verschieben, weil er im Moment gar nicht schnell genug verimpft werden könne.

Hersteller in Indien und Südafrika sahen sich deshalb gezwungen, ihre Produktion mangels nachfrage zu drosseln oder absehbar einzustellen.

Weiter wachsende Produktionsnetzwerke

Die Originalunternehmen haben selbst größtes Interesse daran, dass so viel wie möglich von ihren Covid-19-Impfstoffen geliefert werden kann. Deshalb setzen sie den parallel zu den Entwicklungsprogrammen für ihre Impfstoffe begonnenen Ausbau der Produktionskapazität trotz der eingebrochenen Nachfrage fort. Das tun sie teils in eigenen Werken, in denen sie zusätzliche Fertigungslinien einziehen; teils erweitern sie ihr Netzwerk um weitere Produktionspartner und Lizenznehmer. Diese konnten bzw. können nach Umrüsten oder Erweitern ihrer Anlagen und nach Schulung des Personals Komponenten für den Impfstoff zuliefern oder parallel zum Originalhersteller bestimmte Herstellungsschritte übernehmen. Lizenznehmer können zudem den jeweiligen Impfstoff meist komplett eigenständig herstellen und vertreiben.

Wie Unternehmen ihre Produktionsnetze Zug um Zug erweitert haben und noch erweitern, veranschaulicht das Beispiel von BioNTech und Pfizer:

Datum der BekanntgabeUnternehmen; StandortFunktion bei der Produktion des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs
05.05.2020BioNTech; Mainz (Rheinland-Pfalz)F&E, Produktion
05.05.2020Pfizer; Puurs (Belgien)Produktion
05.05.2020Pfizer; Kalamazoo, Andover, Chesterfield (alle USA)Produktion
02.09.2020Polymun; Wien (Österreich)Formulierung
10.09.2020Dermapharm; Brehna (Sachsen-Anhalt)seit Oktober 2020 Formulierung und Abfüllung
14.09.2020Siegfried; Hameln (Niedersachsen)seit Mitte Juni 2021 Abfüllung
17.09.2020BioNTech; Marburg (Hessen)Produktion (seit Februar)
07.10.2020Rentschler Biopharma; Laupheim (Baden-Württemberg)Fertigungsschritte mRNA-Reinigung
18.11.2021Delpharm; Saint-Rémy-sur-Avre (Normandie, Frankreich)seit August 2021 Abfüllung
06.01.2021Dermapharm; Brehna (Sachsen-Anhalt)Kapazitätsverdopplung für Formulierung und Abfüllung
13.01.2021Baxter BioPharma Solutions; Halle (Westfalen)sterile Fertigungsdienstleistungen (seit Februar 2021)
14.01.2021Allergopharma; Reinbek (Schleswig-Holstein)Formulierung des Impfstoffs (seit 30.04.2021)
15.01.2021Pfizer; Puurs (Belgien)Umbau für mehr Produktionskapazität
27.01.2021Sanofi; Frankfurt a.M.ab Sommer 2021 Abfüllung
29.01.2021Novartis; Stein im Aargau (Schweiz)seit Ende Q2 Abfüllung
01.02.2021Rentschler Biopharma; Laupheim (Baden-Württemberg)Ausweitung der Kapazität für den Fertigungsschritt mRNA-Reinigung für BioNTech/Pfizer
05.02.2021Merck; Darmstadt (Hessen)Beschleunigte Versorgung mit Lipiden, die für den Impfstoff von BioNTech/Pfizer benötigt werden
11.02.2021Evonik; Hanau und DossenheimAusweitung der Lipid-Produktion für den Impfstoff von BioNTech/Pfizer
05.03.2021Polymun; Klosterneuburg (Österreich)Ausweitung der Kapazität für Herstellung der Lipidnanopartikel für Impfstoff von BioNTech/Pfizer
10.05.2021BioNTech; Singapurkünftig Produktion, nach Aufbau einer Produktionsanlage
17.05.2021Biomay (Österreich)künftig Zulieferung von Plasmiden für die mRNA-Produktion
19.05.2021Pfizer; Grange Castle bei Dublin (Irland)künftig Produktion
01.06.2021Pfizer; Puurs (Belgien)Ausweitung der Produktion
21.07.2021Lipoid; Ludwigshafen a. Rh. (Deutschland)Ausweitung der Zulieferung bestimmter Lipide für die Formulierung
21.07.2021BioVac; Kapstadt (Südafrika)künftig Mitwirkung im Produktionsnetzwerk von BioNTech/Pfizer ab Anfang 2022, um Impfstoff für die Afrikanische Union herzustellen (ausgehend von aus Europa zugeliefertem Wirkstoff)
24.08.2021BioNTech, Marburg (Deutschland)Ausweitung der Produktionskapazität
26.08.2021Eurofarma; Sao Paulo (Brasilien)künftig Mitwirkung im Produktionsnetzwerk von BioNTech/Pfizer ab Anfang 2022, um Impfstoff für Südamerika herzustellen (ausgehend von aus den USA zugeliefertem Vorprodukt)
18.10.2021Patheon Italia; Monza (Italien)Produktion von fertigem Impfstoff
18.10.2021Catalent Anagni; Anagni (Italien)Produktion von fertigem Impfstoff
21.10.2021Novartis; Ljubljana (Slowenien)im Verlauf von 2022: Abfüllung von fertigem Impfstoff
10.12.2021Novartis; Kundl (Österreich)Produktion von Plasmiden zur Zulieferung für die mRNA-Produktion
16.12.2021Wyeth Pharmaceuticals (Tochter von Pfizer); Andover, Massachusetts (USA)Erweiterung der Impfstoff-Produktion

Quelle: Pressemitteilungen der genannten Unternehmen und der EMA; Medienberichte; Auskünfte der Unternehmen

Kooperationen sind der Weg zum schnellen Ausbau der Lieferungen für Corona-Impfstoffe

Keine rasche Erweiterung der Produktionskapazitäten verspricht hingegen die Idee, mittels Patentaufhebung und Zwangslizenzen beliebige andere Pharma-Unternehmen mit der Produktion der Impfstoffe zu beauftragen. Denn Impfstoffherstellung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der Arzneimittel-Produktion. Dabei kommt es auf jedes Detail an, damit die Impfstoffe wirksam und verträglich sind.
Nur mit Hilfe des Originalherstellers kann ein anderes Unternehmen zügig in den Stand versetzt werden, an der Produktion mitwirken. Deshalb sind Kooperationen der schlüssige Weg zur zügigen Ausweitung der Produktionsmengen.

Freiwillige Lizenzvergaben und Produktionskooperationen von Originalunternehmen mit Partnerfirmen für Covid-19-Impfstoffe (Quelle: EFPIA auf Basis von Airfinity)

Lizenznehmer und Produktionspartner für Impfstoffe von europäischen, US-amerikanischen oder chinesischen Herstellern gibt es beispielsweise in Asien, Südamerika und Afrika:

  • Serum Institute of India mit Lizenz von Oxford/AstraZeneca und Novavax
  • SK Bioscience (Südkorea) mit Lizenz von Novavax.
  • Fiocruz (Brasilien) mit Lizenz von AstraZeneca.
  • Aspen (Südafrika) mit Lizenz von Janssen (USA) für Belieferung afrikanischer Länder.
  • Vacsera (Ägypten) mit Lizenz von Sinovac (China).
  • Minapharm (Ägypten) mit Lizenz des Russian Direct Investment Funds (Russland) für die Produktion von Sputnik V.
  • Sothema (Marokko) mit Lizenz von Sinovac (China).
  • Saidal (Algerien) im Rahmen eines Joint Ventures mit Sinovac (China).

Darüber hinaus haben mehrere europäische und US-Unternehmen Vereinbarungen mit afrikanischen Unternehmen geschlossen mit dem Ziel eines gemeinsamen Aufbaus von Produktionskapazität für Covid-19-Impfstoffe:

  • BioNTech und Pfizer haben seit einer Ankündigung im Juli 2021 mit Biovac in Südafrika an einem Technologietransfer gearbeitet, durch den das Unternehmen nach und nach die komplette Produktion von mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 selbst durchführen kann. Etappenziel ist, dass Biovac 2022 mit dem Abfüllen von in Europa hergestellten Impfstoffchargen für Afrika beginnt. Bis in vier Jahren könnten dann auch die vorgelagerten Produktionsschritte in Afrika erfolgen, wenn alles nach Plan geht.
  • BioNTech plant zudem für Mitte 2022 den Baubeginn für eine mRNA-Impfstoff-Produktionsstätte in Afrika (Standort noch nicht bekanntgegeben), die zunächst vom Unternehmen selbst betrieben, dann aber an lokale Partner abgeegeben werden soll. Partner bei dem Projekt sind u.a. die Republik Ruanda und das Institut Pasteur de Dakar im Senegal. Dabei sollen neu entwickelte modulare mRNA-Produktionsanlagen eine Rolle spielen.
  • Auch das belgische Unternehmen Unizima (Tochter von Univercells) arbeitet im Projekt MADIBA mit dem senegalesischen Institut Pasteur in Dakar beim Aufbau einer Impfstoffproduktion zusammen. Im Verlauf von 2022 soll ein Werk im Senegal produktionsbereit werden. Das Projekt MADIBA wird auch von der Coalition of Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) unterstützt.
  • Das US-Unternehmen Dyadic International hat ebenfalls im Juli 2021 eine Kooperation mit dem südafrikanischen Rubic Consortium bekannt gegeben. Das Consortium soll in diesem Rahmen mit Dyadics Zellkultur-Technologie für die Herstellung protein-basierter Covid-19-Impfstoffe ausgerüstet werden.
  • Moderna hat im Oktober 2021 angekündigt, in Afrika ein Werk für mRNA-Impfstoff errichten zu wollen. Darin sollen dann neben Covid-19-Impfstoff auch andere Impfstoffe hergestellt werden. Derzeit, so Moderna damals, sei man länderübergreifen auf der Suche nach einem geeigneten Standort.
  • NantWorks, der Mutterkonzern von ImmunityBio (Partner eines Covid-19-Impfstoffprojekts), hat im Januar 2022 in Brackenfel (Südafrika) den Nant-SA Vaccine Manufacturing Campus eröffnet und wird ihn weiter ausbauen. Er soll künftig u.a. zur Produktion eines mRNA-Impfstoffs dienen, der neben dem Spike-Protein auch das Nukleokapsidprotein berücksichtigt.
  • Moderna hat im März 2022 mit Kenia ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, das auf den Aufbau einer Fabrik für mRNA-Impfstoff abzielt. Für die Belieferung von 18 afrikanischen Ländern ist Adium Pharma Modernas Logistikpartner.