Gebrauchsinformationen: elektronisch von größerem Nutzen
Die Gebrauchsinformation aus vielmals gefaltetem Papier − oft auch Packungsbeilage, Beipackzettel oder Patienteninformation genannt − ist ein wichtiges, aber wenig praktisches Instrument, um Menschen darüber zu informieren, ob und wie sie ein bestimmtes Medikament einnehmen können. Durch einen Wechsel zu elektronischen Gebrauchsinformationen lässt sich viel verbessern.

Künftig wird man die Gebrauchsinformation zu einem Medikament durch einen einfachen Handyscan aufrufen können.
Medikamente und ihre Gebrauchsinformationen gehören zusammen, und werden doch allzu oft getrennt: In vielen Arbeitstaschen steckt irgendwo ein Blister mit Kopfschmerztabletten oder ein Asthma-Spray. In Sporttaschen ist vielleicht stets ein Schmerzgel verstaut. Und wer auf Reisen geht, nimmt womöglich einen Blister mit Blutdrucksenkern oder einen Pen für wöchentliche Injektionen mit einem Diabetesmedikament mit. Aber kaum jemand packt dann auch noch die Gebrauchsinformationen dazu.
Nun wissen die meisten Menschen aus dem Kopf, wie sie ihre Standardmedikamente einnehmen müssen. Aber es gibt Anlässe, zu denen auch sie wieder in die Gebrauchsinformation schauen müssen:
- Wie viele von den Tabletten darf ich maximal am Tag einnehmen?
- Welche Lebensmittel darf ich nicht mit meinem Medikament kombinieren?
- Muss ich das Medikament unbedingt im Kühlschrank lagern?
Oder was tun, wenn im Urlaub das eigene Medikament ausgeht und man ein nur ähnliches Produkt in der lokalen Apotheke mit einer Gebrauchsinformation in Landessprache bekommt?
Eine einfache Lösung für diese Probleme sind elektronische Gebrauchsinformationen, die man auf dem Handy, Laptop oder PC lesen kann. Fast jeder hat so ein Gerät dabei oder kann Angehörige oder Hotelpersonal um geeignete Unterstützung bitten. Elektronische Gebrauchsinformationen erhält man, indem man einen Code auf der Arzneimittelverpackung mit der Kamera des Handys (oder anderen Devices) scannt, oder den Wirkstoff- oder Produktnamen des Arzneimittels direkt in einer Suchmaske eintippt.
Welche Vorteile hat eine elektronische Gebrauchsinformation?
Elektronische Gebrauchsinformationen haben viele Vorzüge gegenüber ihren Papier-Vorläufern:
- Die Informationen im Text sind immer ganz aktuell, z.B., bei neu bekannt gewordenen Neben- und Wechselwirkungen.
- Änderungen gegenüber älteren Textversionen kann man sich anzeigen lassen.
- Im Text kann man nach bestimmten Wörtern suchen.
- Die Schriftgröße, die Helligkeit und der Kontrast lassen sich individuell anpassen, so dass die Informationen auch auf einem Handy-Display und auch für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen gut lesbar sind.
- Den Text kann man sich auch vorlesen lassen.
- Die Informationen lassen sich bedarfsgerecht auf die Situation des jeweiligen Anwenders oder der Anwenderin anpassen; z. B. bei Medikamenten mit mehreren Anwendungsgebieten passend zur tatsächlichen Krankheit des Patienten oder der Patientin,
- Wenn das Medikament auch in anderen EU-Ländern zugelassen ist, können die Anwender:innen auch zu den offiziellen Gebrauchsinformationen dieser Länder in Landessprache wechseln oder fremdsprachige Gebrauchsinformationen ad hoc in die deutsche oder weitere Sprachen übersetzt lassen.
- Die elektronischen Gebrauchsinformationen können direkt mit den Apps der Krankenkassen oder den digitalen Angeboten auf der eigenen Gesundheitskarte, wie dem Medikationsplan verknüpft werden.
- Bei Bedarf kann der Text auch ausgedruckt werden.
Braucht man dann noch eine gedruckte Gebrauchsinformation?
Elektronische Gebrauchsinformationen kann man auch offline speichern. So hat man sie immer dabei, auch ohne Internet. Außerdem spart man viel Papier und schützt die Umwelt. Papier-Gebrauchsinformationen belasten die Umwelt stärker als elektronische. Jährlich werden für die Herstellung von Papier-Gebrauchsinformationen alleine in Deutschland rund 9000 Tonnen Papier produziert und bedruckt; sie ließen sich einsparen.(1)
Wo finde ich elektronische Gebrauchsinformationen?
Schon seit Jahren finden sich Gebrauchsinformationen zu einigen Medikamenten an unterschiedlichsten Stellen im Internet. Oft sind diese aber leider veraltet, so dass sich die Nutzer:innen nicht immer auf deren Inhalte verlassen können. Auch sind sie meistens nur in Form eingescannter großformatiger Beipackzettel als PDF verfügbar, die nicht die oben genannten Vorteile einer elektronischen Gebrauchsinformation bieten. Aber in mehr und mehr europäischen Ländern etablieren sich Serviceanbieter, die als sichere und vertrauenswürdige Quellen von elektronischen Gebrauchsinformationen dienen. Z. B. bietet das Serviceangebot GI 4.0® des Rote Liste Service, der zum Bertelsmann-Verlag gehört, aktuelle und verlässliche elektronische Gebrauchsinformationen von vielen Arzneimitteln von mittlerweile immerhin mehr als 80 mitwirkenden deutschen Pharmaunternehmen an.(2)
Trotzdem finden Patient:innen noch nicht für alle Arzneimittel eine elektronische Gebrauchsinformation, auch wenn an der Erweiterung des Angebots kontinuierlich gearbeitet wird. Eine andere zuverlässige, aber ebenfalls noch unvollständige Quelle für elektronische Gebrauchsinformationen ist die Europäische Arzneimittelbehörde EMA. In einer zentralen Datenbank verwaltet sie u.a. die Patienteninformationen der europaweit zugelassenen Arzneimittel und garantiert über eine direkte Verknüpfung dieser Informationen mit den behördlichen Zulassungsdaten die Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Nur an der Benutzerfreundlichkeit dieser Datenbank fehlt es noch; und zu älteren Medikamenten (d. h. zumeist solchen mit einer Zulassung aus den vergangenen Jahrzehnten) liegen dort ebenfalls noch keine Texte vor.
Zur Unterstützung und Erweiterung der bestehenden europäischen und nationalen Angebote zum Abrufen elektronischer Gebrauchsinformationen haben sich die pharmazeutischen Verbände in Deutschland daher daran gemacht, einen passenden Rahmen für ein solches System zu erstellen. In ihrem diGItal-Pilotprojekt soll eine nationale digitale Sammlung geschaffen werden, über die Gebrauchsinformationen für alle in Deutschland zugelassenen Medikamente zukünftig elektronisch abrufbar sein sollen, was z.B. auch direkt über die Krankenkassen-Apps erfolgen kann.
Fazit
Die bisherige Papier-Version bietet keinen Vorteil und nur Nachteile gegenüber den elektronischen Gebrauchsinformationen. Der vfa setzt sich daher aktiv dafür ein, dass politische Lösungen den Wechsel zu einer elektronischen Gebrauchsinformation zügig und konsequent ermöglichen. Weiterhin arbeitet der vfa zusammen mit anderen Stakeholdern kontinuierlich in gemeinsamen Projekten wie dem DiGItal-Pilotprojekt daran, dass Patientinnen und Patienten in Deutschland schnell die Vorteile elektronischer Patienteninformationen im gesamten Gesundheitssystem nutzen können.
(1) https://www.iges.com/sites/igesgroup/iges.de/myzms/content/e6/e1621/e10211/e29580/e57380/e57381/e57383/attr_objs57385/PI11_23_SD-PDF_Dobersetal_29Nov23_ger.pdf
(2) Der vfa hat bis zur Übernahme der Rote Liste Service durch den Bertelsmann-Verlag, zusammen mit den anderen deutschen Pharmaverbänden an dem Aufbau des GI 4.0-Angebots mitgewirkt.