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Gewässerschutz

Mit empfindlichen Analysegeräten werden Spuren einiger Arzneistoffe in Gewässern gefunden. Das sagt noch nicht, ob das ein Risiko für Mensch und Umwelt bedeutet. Im Sinne der Vorsorge ist es aber angebracht, den vermeidbaren Eintrag von Arzneistoffen ins Wasser zu reduzieren, ohne den Einsatz von Medikamenten im Bedarfsfall zu behindern. Die Erweiterung der Klärtechnik in Deutschland kann ebenfalls beitragen, Arzneistoffe von Gewässern fernzuhalten.

Nahaufnahme eines Reinigungsbeckens in einer Kläranlage

Mit neuester Klärtechnik können auch Spurenstoffe weitgehend aus dem Abwasser entfernt werden

Spurenstoffe in Gewässern

Sauberes Wasser ist wichtig für die Erhaltung der Ökosysteme und die Gesunderhaltung der Menschen, die die Gewässer nutzen. Deshalb ist Gewässerschutz eine wichtige Aufgabe.

In vielen Fällen hat es erst die Verfeinerung der Analyse-Techniken in den letzten Jahren ermöglich, bestimmte Spurenstoffe in Wasserproben aus der Umwelt nachzuweisen. Arzneistoffe sind darunter, aber auch Substanzen aus Textilien, Kosmetika, Waschmitteln, Sonnenschutz-, Pflanzenschutz- und Lebensmitteln. Oftmals ist deren Herkunft nicht eindeutig festzustellen; sie könnten aus verschiedenen Quellen stammen.

Im Fall von Arzneistoffen liegen die gefundenen Mengen fast immer unterhalb von 1 Mikrogramm pro Liter. Das entspricht einem Zuckerwürfel im Wasser eines Wettkampf-Schwimmbeckens (2,5 Millionen Liter). Solche Konzentrationen sind meist unterhalb eines Millionstels der für den Menschen wirksamen Dosis.

Zudem wird seit 1995 bei Zulassungsverfahren für Humanarzneimittel das Umweltrisiko bewertet. Deshalb weiß man, dass nur ein kleiner Teil der Arzneistoffe überhaupt Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte. Wenn ein potenzielles Umweltrisiko erkannt wird, wird mit geeigneten Maßnahmen reagiert. So entwickelte beispielsweise ein Hersteller ein Rücknahmesystem für gebrauchte Hormonpflaster.

Zu älteren Arzneistoffen werden derzeit auf EU-Ebene ebenfalls Daten gesammelt und ausgewertet – im Rahmen der Eco-Pharmaco-Stewardship-Initiative. Der vfa und seine Mitgliedsfirmen wirken daran mit.

Wie Arzneistoffe ins Wasser gelangen

Arzneistoffe können auf folgenden Wegen in Gewässer gelangen:

  • durch Ausscheidungen von medikamentös behandelten Menschen. Diese gelangen über das Abwasser in konventionelle Kläranlagen, die aber nur einen Teil entfernen können;
  • durch unsachgemäße Entsorgung nicht mehr benötigter Arzneimittel über Waschbecken/Toilette;
  • durch Ausscheidungen von medikamentös behandelten Nutztieren.

Plakat zur Medikamenten-EntsorgungKampagne des Bundesministeriums für Umwelt zur richtigen Medikamentenentsorgung (2020)Als weiterer Weg kommt theoretisch in Betracht, dass Arzneistoffe mit dem Abwasser von Produktionsanlagen für Medikamente in Gewässer gelangen. Pharma-Unternehmen setzen jedoch aufwendige Technik ein, damit auf diesem Wege keine Arzneistoffe ins Wasser gelangen.

Maßnahmen forschender Pharma-Unternehmen

Forschende Pharma-Unternehmen arbeiten in vier Feldern darauf hin, den Spurenstoff-Eintrag in Gewässer zu minimieren:

  • Sie sorgen für eine umweltgerechte Arzneimittelproduktion in Deutschland. Deshalb setzen sie nach Möglichkeit Produktionstechniken ein, die ohne Wasser auskommen, oder verbrennen ihre Abwässer. Die erheblichen Kosten dafür übernehmen sie selbst und überlassen die Reinigung nicht kommunalen Kläranlagen.
  • Sie unterstützen Kommunen dabei, die Bevölkerung über die richtige Entsorgung (über den Hausmüll, nicht über Waschbecken oder Toilette) aufzuklären (#medsdisposal). Mehr dazu im Textkasten „Selbst zum Gewässerschutz beitragen“.
  • Viele ihrer in den letzten Jahren entwickelten Medikamente sind Biopharmazeutika: Diese haben Protein-basierte Wirkstoffe, die gut biologisch abbaubar sind. Dazu zählen neben den Original-Biopharmazeutika auch die Biosimilars. Beispiele für Biopharmazeutika sind Mittel mit monoklonalen Antikörpern oder Enzymen, die zur Behandlung von Patient:innen mit Entzündungskrankheiten, Krebserkrankungen oder angeborenen Stoffwechselkrankheiten eingesetzt werden.
  • Der vfa beteiligt sich wie der Verband der Chemischen Industrie und alle anderen Pharmaverbände seit 2016 am Stakeholder-Dialog zur Spurenstoff-Strategie der Bundesregierung (s.u.). In dieser Initiative wurden von Experten von Wasserwirtschaft, Kommunen, Bundesländern, Zivilgesellschaft, Industrie und Anwendern Maßnahmen-Vorschläge erarbeitet und im März 2019 dem Bundesministerium für Umwelt übergeben. Die Maßnahmen für Arzneistoffe zielen darauf ab, den Spurenstoffeintrag zu vermindern und gleichzeitig zu gewährleisten, dass Patienten weiterhin die für sie am besten geeigneten Mittel zur Verfügung haben.

Die geplante Änderung der EU-Abwasser-Richtlinie und die Haltung des vfa

Die forschende Pharmaindustrie begrüßt grundsätzlich Maßnahmen zur Verringerung schädlicher Mikroverunreinigungen in der Umwelt und hat schon vielfach daran mit-gewirkt. Nun ist geplant, alle kommunalen Kläranlagen – soweit noch nicht geschehen – um eine 4. Reinigungsstufe zu erweitern, die einen Teil dieser Verunreinigungen entfernen kann. Die Kosten für Einrichtung und Betrieb der 4. Reinigungsstufe werden bislang von den Kommunen getragen. Ein in Finalisierung befindlicher Entwurf einer Neufassung der EU-Abwasser-Richtlinie („Urban Waste Water Treatment Directive“) sieht jedoch vor, dass künftig 80 bis 100 % dieser Kosten von zwei der vielen Industriebranchen, aus deren Produkten Mikroschadstoffe im Abwasser stammen, getragen werden müssen: konkret von den Herstellern von Humanarzneimitteln und Kosmetika.