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Gesundheitsreform 2007: Was sich geändert hat

Ort komplizierter Kompromisse: Reichstag in BerlinAm 1. April 2007 ist in Deutschland das "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) in Kraft getreten. Die Reform hat zu einigen strukturellen Änderungen der Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens geführt.

Ab dem Jahr 2009 soll die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherungen über einen so genannten "Gesundheitsfonds" erfolgen. Er speist sich aus den Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber, wobei eine Co-Finanzierung durch Steuermittel vorgesehen ist. Darüber hinaus können die gesetzlichen Krankenversicherungen eine individuelle Pauschale von ihren Versicherten einfordern, die ein Prozent des Einkommens nicht überschreiten darf.

Die private Krankenversicherung wird beibehalten, die Versicherungsunternehmen müssen allerdings einen Basistarif anbieten, dessen Leistungsbedingungen und -umfang mit denen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vergleichbar sind. Er kann von allen gewählt werden, die in der PKV versichert sind oder dort versichert sein können. Die Aufnahme in den Basistarif kann durch den privaten Versicherer nicht abgelehnt werden (Kontrahierungszwang).

Zwei Regelungen im Bereich der Arzneimittelversorgung betreffen insbesondere die forschenden pharmazeutischen Unternehmen:

  • Erstmals wurde für den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit geschaffen, auf Basis einer Kosten-Nutzen-Bewertung Erstattungshöchstbeträge für patentgeschützte Arzneimittel festzusetzen. Die durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) durchgeführte Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung müssen sich dabei erstmals nach den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und Gesundheitsökonomie richten. Des Weiteren muss das Institut bei seinem Bewertungsverfahren Transparenz und Beteiligung von Experten, Industrie und Patienten gewährleisten. Arzneimittel mit erwiesener Kosteneffektivität oder ohne zweckmäßige therapeutische Alternative unterliegen keinem Erstattungshöchstbetrag.
    • Darüber hinaus wurde für die Verordnung von Arzneimitteln mit hohen Jahrestherapiekosten oder einem erheblichen Risikopotential eine Pflicht zur Einholung einer Zweitmeinung durch dafür besonders qualifizierte Ärzte eingeführt.
    Diese Neuregelungen werden zu einer weiteren Bürokratisierung des Gesundheitswesen und insbesondere der Arzneimittelversorgung beitragen, abweichend von der im Titel des Gesetzes genannten Ausrichtung auf mehr Wettbewerb. Dazu erklärt Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA): "Die Gesundheitsreform hat den Stresstest in der Praxis noch vor sich und ich bin mir sicher, dass so mancher Theoretiker Überraschungen erleben wird. Für innovative Arzneimittel sieht das Gesetz neue Regulierungsinstrumente vor, zu denen viele Umsetzungsfragen noch offen sind. Geboten scheint mir der gesetzgeberische Aktionismus gerade bei den patentgeschützten Arzneimitteln nicht, denn von einem Euro der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gehen nur 3,9 Cent an patentgeschützte Innovationen."