"Gute Bürokratie" als Standortfaktor: Pharmaindustrie braucht moderne, effiziente Verfahren
- Bürokratie bindet in der Pharmaindustrie jede fünfte Arbeitsstunde
- Effiziente, digitale und risikobasierte Verfahren können den Standort stärken
- Bürokratieabbau bedeutet Modernisierung, nicht Deregulierung
Deutschland leidet unter hohen Bürokratielasten, die Investitionen und Innovationen hemmen. Mit 67,5 Milliarden Euro beliefen sich die Bürokratiekosten im vergangenen Jahr auf eineinhalb Prozent der Wirtschaftsleistung. Besonders die forschende Pharmaindustrie ist betroffen. Das ergab eine Auswertung für die neueste Ausgabe des MacroScope Pharma Economic Policy Briefs.
Demnach sind die branchenspezifischen Bürokratiekosten in der Pharmaindustrie von etwas über einer Milliarde Euro im Jahr 2012 auf fast 2,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Inzwischen fließt jede fünfte Arbeitsstunde in der Branche in die Erfüllung regulatorischer Pflichten – zwölf Jahre zuvor war es noch jede sechste. Die Bürokratiekosten liegen mit knapp 18.000 Euro je Beschäftigten mehr als zwölfmal so hoch wie im industriellen Durchschnitt
Schlanke Verwaltungsprozesse als Standortvorteil
Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) fordert daher eine umfassende Modernisierung der Verwaltungsprozesse. Ziel müsse es sein, Vorgaben effizienter, digitaler und risikobasierter umzusetzen, ohne Abstriche bei Qualität und Patientensicherheit. „Gute Bürokratie kann ein echter Standortvorteil sein“, betont Dr. Claus Michelsen, Chefvolkswirt des vfa. „Wenn Deutschland es schafft, regulatorische Prozesse klar, digitalisiert und international kompatibel zu gestalten, wird der Standort für internationale Unternehmen wieder attraktiver.“
Michelsen weiter: „Das hat in der Pharmaindustrie einen doppelten Hebel: Zum einen sind die bürokratischen Kosten in der Branche besonders hoch - entsprechend groß ist das Potenzial in der Modernisierung der Prozesse. Wenn zudem international harmonisierte Qualitätsstandards hier besonders schnell und effizient erfüllt werden können, wird daraus ein echter Standortvorteil.“
In Europa und speziell in Deutschland schlummern erhebliche Reserven mit Prozessen der bürokratischen Vereinfachungen und Beschleunigung. Dies betrifft auf europäischer Ebene vor allem einheitliche Zulassungsprozesse und Marktzugänge. Michelsen: „Der fehlende gemeinsame Binnenmarkt und der damit einhergehende Aufwand, der von Unternehmen betrieben werden muss, ist einer der wichtigsten Gründe für die hohe Abhängigkeit vom großen US-Markt.“
Die gesamte Auswertung lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des MacroScope Pharma Economic Policy Briefs.
Diskussion auf dem „Tag der innovativen Gesundheitswirtschaft“
Darüber, welche bürokratischen Bremsen Investitionen blockieren und wie der Staat Verwaltungsprozesse beschleunigen kann, diskutieren Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Unternehmen auf dem heutigen „Tag der innovativen Gesundheitswirtschaft“ des vfa.
Hintergrund
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hat detailliert die Entwicklung der Kosten von Bürokratie untersucht.
Ein Praxis-Check des Instituts für Innovation und Technik (iit) zeigt am Beispiel des Saarlands, wie eine Standortansiedelung gelingen kann.
Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 50 weltweit führenden Herstellern und ihren rund 90 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa stehen für mehr als die Hälfte des deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 100.000 Mitarbeiter:innen.
Rund 20.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
Folgen Sie uns auf unseren Social Media Kanälen:
LinkedIn
Instagram
Threads
Bluesky