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Yzer: Untaugliche Sparvorschläge schaden Patienten

Berlin (VFA). "Die angeblichen Sparmöglichkeiten sind reine Theorie, da ihre Realisierung einer verantwortungsvollen Therapie zuwider laufen würde", so erklärte Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), in einer ersten Reaktion auf den Arzneiverordnungs-Report 2003 und die darin enthaltenen Spekulationen zum Einsparpotenzial in der deutschen Arzneimittelversorgung.

Yzer weiter: "So könnte ein Arzt, der einen Patienten mit Depressionen behandelt, nur noch zwischen zwei Präparaten wählen. Spricht aber der Patient auf das eine Präparat nicht an, und kommt er mit den Nebenwirkungen des anderen nicht zu recht, bliebe er ohne Therapie. Aussichtsreiche Alternativen wären zwar vorhanden, dürften aber nicht eingesetzt werden. Ebenso Pech gehabt hätte der Rheumapatient, dessen Magen das einzige vorgesehene schmerz- und entzündungshemmende Mittel nicht verträgt. Die vorhandenen Alternativen würden ihm nicht verordnet."

"Die Vorschläge des Arzneiverordnungsreports laufen also wieder einmal darauf hinaus, das Rad des medizinischen Fortschritts gewaltsam zurückzudrehen. Zudem würden sie in vielen Fällen sogar erhebliche Mehrkosten verursachen; denn ungenügend therapierte Patienten bleiben länger krank", so Yzer.

"Noch fataler wären die Langzeitfolgen der Empfehlungen des Arzneiverordnungsreports", führte Yzer aus. "Da diese de facto anstreben, dass aus jeder Arzneimittelklasse nur ein Präparat verordnet werden soll, gäbe es für Unternehmen wenig Gründe, Präparate der gleichen Klasse - so genannte Analogpräparate - zu Ende zu entwickeln, sobald das erste Präparat den Markt erreicht hat. Eine Weiterentwicklung gegenüber dem Erstpräparat im Sinne besserer Wirkung, geringerer Nebenwirkungen oder der Optimierung für bestimmte Patientengruppen fände nicht mehr statt."

"Das Fehlen jeglicher Konkurrenz zwischen verschiedenen Präparaten der gleichen Klasse hätte zudem negative Auswirkungen auf die Preise", warnte Yzer. "Eine Studie des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung GmbH, Berlin, hat erst 2002 gezeigt, dass Analogpräparate ein immanentes Kostendämpfungspotenzial haben. Denn sie werden meist zu einem Preis auf den Markt gebracht, der niedriger als der des Erstpräparats ist. Zudem haben sie einen dämpfenden Effekt auf die Preise von Erstpräparat, Nachfolgepräparaten und späteren Generika. Das verhilft den Kassen zu weitaus größeren Einsparungen, als es die Beschränkung auf ein Präparat je Klasse jemals haben kann."

Anerkennenswert sei jedoch, betonte Yzer, dass die Autoren des Arzneiverordnungsreports erkannt hätten, dass drei Viertel des Arzneikostenanstiegs auf die Verbesserung der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln mit gesichertem Zusatznutzen zurückzuführen ist. "Es wäre nun zu wünschen, dass die Verfasser ihre umfangreiche Datensammlung konsequenter dazu nutzen, die Leistungserbringer im Gesundheitswesen und die Politik auf Bereiche eklatanter Unterversorgung hinzuweisen." So werde Alzheimerpatienten, Rheumakranken, Schmerzpatienten und Depressiven häufig eine Therapie auf neuestem Stand vorenthalten. "Investitionen in eine bessere Arzneiversorgung würden sich bei diesen Krankheiten volkswirtschaftlich vielfach auszahlen", erklärte Yzer.