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Pharmaforschung bringt über 20 neue Medikamente gegen seltene Erkrankungen in die Zulassung

Berlin (vfa). "Gute Nachrichten für Patienten mit seltenen Erkrankungen: Derzeit befinden sich über 20 neue Medikamente im Zulassungsverfahren! Sie werden dazu beitragen, die Chancen vieler Patienten auf eine wirksame Behandlung wesentlich zu verbessern!" Das sagte Birgit Fischer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), heute mit Blick auf den "Tag der Seltenen Erkrankungen" am 29. Februar.

Zu diesen Mitteln zählen u. a. Mittel gegen Erbkrankheiten wie Mukoviszidose oder Sehnerv-Neuropathie, Krebserkrankungen der Lymphknoten, Niere und Hypophyse sowie Infektionen bei Frühchen.

"Zudem haben Pharma-Unternehmen über 880 weitere Medikamente gegen seltene Erkrankungen in der Entwicklung", so Fischer weiter. "Die Sorge, dass Investitioen nicht in die Forschung für Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen fließen, weil nur kleine Patientengruppe betroffen sind, erweist sich als Trugschluss."

"Schon in den letzten Jahren haben Unternehmen verstärkt Medikamente gegen seltene Erkrankungen entwickelt - seit dem Jahr 2000 mehr als 60! Damit haben sie beispielsweise Patienten mit Lungenhochdruck, Leukämien und anderen seltenen Krebsarten sowie verschiedenen Erbkrankheiten das Leben gerettet oder ihre schweren Symptome gelindert. Das zeigt: Forschung wirkt!"

Angesichts von mehr als 6.000 bekannten seltenen Erkrankungen und Defiziten in der Versorgung der Erkrankten bestehe aber kein Anlass, sich auszuruhen, so Fischer. "Deshalb setzt sich der vfa als Partner im Nationalen Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) dafür ein, dass betroffene Patienten schneller als heute zu einer Diagnose und einer angemessenen Behandlung gelangen." Ein entsprechender nationaler Aktionsplan soll 2013 fertiggestellt sein.

Über die Bestimmungen zu Medikamenten gegen seltene Erkrankungen bestehen häufig Unklarheiten. Hier die wichtigsten Regelungen:

  • In der EU gelten als seltene Krankheiten ausschließlich schwerwiegende Erkrankungen, an denen nicht mehr als einer von 2.000 EU-Bürgern leidet. Welche Krankheiten das konkret sind, entscheidet die EU-Arzneimittelbehörde EMA. Die Aufsplittung einer häufigen Krankheit in seltene Unterformen lässt sie nicht zu.
  • Unternehmen können für Medikamentenprojekte gegen eine seltene Krankheit den Orphan Drug-Status beantragen ("Orphan Drug" = "Medikament gegen eine seltene Krankheit"). Damit ist für kleine und mittelständische Unternehmen unter anderem der Erlass von rund 250.000 Euro Zulassungsgebühren verbunden; größere Unternehmen erhalten nur 10 % Ermäßigung. Gemessen an den Gesamt-Entwicklungkosten - pro Medikament einschließlich der Rückschläge im Schnitt 1,0 bis 1,6 Milliarden US-Dollar - ist diese Unterstützung jedoch eher symbolisch. Ein Orphan-Medikament erhält zudem eine zehnjährigen Marktexklusivität, die unabhängig vom Patentschutz gilt.
  • Ist sechs Jahre nach der Zulassung die Zahl der Patienten über die Seltenheitsschwelle hinaus gestiegen, verliert das Medikament den Orphan Drug-Status.
  • Derzeit sind in der EU 61 Medikamente mit Orphan Drug-Status zugelassen (siehe www.vfa.de/orphans); 39 davon betreffen Krankheiten, an denen EU-weit sogar weniger als 100.000 Patienten leiden (also weniger als einer von 5.000 EU-Bürgern).
  • Die Anforderungen für die klinische Erprobung und die Zulassung von Medikamenten sind unabhängig von der Häufigkeit der Krankheit: Stets müssen Wirksamkeit, Verträglichkeit und technische Qualität des Medikaments belegt werden. Die Durchführung der dazu notwendigen Studien ist bei seltenen Krankheiten oft besonders schwierig, weil die Teilnehmer weltweit zusammen gesucht werden müssen. Ist das Mittel nach der Zulassung im Einsatz, verlangen die Behörden vom Hersteller noch Berichte über das Behandlungsergebnis bei weiteren Patienten.
  • Kommt ein Orphan-Medikament in Deutschland auf den Markt, muss der Hersteller dafür - wie für jedes andere Präparat - beim Gemeinsamen Bundesausschuss ein Dossier mit Angaben zum Präparat und seinem Nutzen einreichen und später mit dem Spitzenverband der Krankenkassen über den Erstattungsbetrag verhandeln. Das Verfahren unterscheidet sich nur in einem Punkt von dem bei anderen Arzneimitteln: Im Dossier kann sich der Hersteller zur Nutzen-Frage auf die Bewertung im Zulassungsverfahren berufen, da der Orphan-Status an den Nachweis eines Zusatznutzens gebunden ist. Wenn das Medikament einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro oder mehr erzielt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss den Zusatznutzen neu prüfen lassen.

Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 43 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 85.000 Mitarbeiter. Mehr als 17.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung. Folgen Sie uns auf Twitter: www.twitter.com/vfapharma