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Der Gemeinsame Bundesausschuss missachtet komplett die Einwände der Industrie

Bonn, Berlin (BAH/VFA). "Wir sind befremdet, dass der Gemeinsame Bundesausschuss nach einem einzigen Gespräch über die Festbetragsbildung und vor Abschluss der Prüfung des Einsparvolumens alle Probleme für geklärt hält. Dabei wird beispielsweise mit den ‚Entscheidungsgrundlagen’, die der Gemeinsame Bundesausschuss für die Bildung von Festbetragsgruppen vorgelegt hat, eine rechtlich saubere Umsetzung der Innovationsschutzklausel vereitelt", kommentierten Dr. Hermann Kortland, Geschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), und Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), die gestrige Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). "Die Einwände der Industrie gegen die Entscheidungsgrundlagen und den intransparenten Entscheidungsprozess wurden beim Gespräch von Vertretern des Gesundheitsministeriums, des Bundesausschusses und der Verbände am vergangenen Donnerstag nicht ausgeräumt, sondern schlichtweg ignoriert." Nachdem der Bundesausschuss gezeigt habe, dass er keinen Argumenten zugänglich sei, müsste nun der Beschluss des G-BA durch das Gesundheitsministerium beanstandet werden.

Nach der Innovationsschutzklausel dürfen solche Präparate nicht unter Festbetrag gestellt werden, die neuartig sind oder eine therapeutische Verbesserung gegenüber anderen Präparaten darstellen. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss entsprechend umzusetzen. Der aktuelle Vorschlag stellt jedoch keine Umsetzung dar, sondern kommt einer Annullierung der Innovationsschutzklausel gleich. Damit verhält sich der G-BA nicht nur innovations-, sondern auch patientenfeindlich. Das zeigt sich beispielsweise an den Kriterien, die er für ‚therapeutische Verbesserungen’ aufgestellt hat. Keine Verbesserung stellen demnach neue Medikamente dar, die seltener oder in geringerem Maße als andere zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfweh, Hautausschlägen, Schlaflosigkeit, vermindertes Reaktionsvermögen etc. führen. Solchen, etwa von HIV-Infizierten oder Krebspatienten unter Chemotherapie herbeigesehnten Verbesserungen bescheinigt der Gemeinsame Bundesausschuss schriftlich, dass sie kein Beitrag zur therapeutischen Fortschritt, also irrelevant sind. Ein zutiefst zynischer Standpunkt, der sich allein Kasseninteressen verpflichtet weiß! Dies war nicht der Wille des Gesetzgebers.

Es besteht im übrigen Einvernehmen zwischen Bundesregierung und forschender Arzneimittelindustrie darüber, dass Jumbogruppen - also Gruppen, die sowohl patentgeschützte als auch patentfreie Präparate umfassen - dann nicht gebildet werden sollen, wenn das mit den Festbeträgen angestrebte Einsparziel auch durch eine andere Gruppenbildung erreicht werden kann. Vertreter der forschenden Industrie können belegen, dass sich diese Einsparpotenziale auch bei einer den Patentschutz achtenden Umsetzung der Vorgaben zur Festbetragsgruppenbildung wahren lassen. Die forschende Industrie geht deshalb davon aus, dass nun im Sinne dieser Position gehandelt wird.