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Chancen der Stammzellforschung nutzen!

Sperrvermerk: Bitte nicht vor dem 20. Februar 2008, 16:00 Uhr, veröffentlichen!

Berlin (VFA). "Die mit der Stammzellforschung verbundenen Chancen, künftig schwere Krankheiten heilen oder lindern zu können, sind zu groß, als dass sich die deutsche Gesellschaft dieser Forschung zu wesentlichen Teilen verschließen kann", sagte Prof. Dr. Klaus Burger von Novartis Pharma auf der Fachkonferenz "Regenerative Medizin im Aufbruch" am 20. Februar in Berlin. Experten aus Wissenschaft und Industrie traten auf Einladung von Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) auf der Konferenz dafür ein, durch eine Novellierung des Stammzellgesetzes die Stammzellforschung in Deutschland zu liberalisieren und zu entkriminalisieren. "Auch können wir uns nicht vom Rest der Welt abkoppeln und müssen die Voraussetzungen schaffen, damit wir auch noch zukünftig an internationalen Forschungsverbünden teilnehmen und insbesondere mit unseren europäischen Stammzellkollegen zusammenarbeiten können", betonte der Neurophysiologe Prof. Dr. Jürgen Hescheler von der Universität zu Köln.

Stammzellen zählen zu den medizinischen Hoffnungsträgern, weil sie sich in verschiedene Zell- und Gewebetypen umwandeln können. Möglicherweise lassen sie sich aufgrund dieser Eigenschaften künftig zur Regeneration geschädigter menschlicher Organe einsetzen. "Schon heute ist es möglich", so Hescheler, "mittels embryonaler Stammzellen praktisch jedes beliebige Körpergewebe zu züchten. Diese gezüchteten Zellen lassen sich wieder in ein geschädigtes Körperorgan transplantieren, wodurch dessen Regeneration erreicht wird. Der "proof of principle" ist im Tierexperiment erbracht, jetzt gilt es, diese Verfahren auch auf den Menschen zu übertragen und so zur Therapie von Patienten z.B. mit Herzinfarkt, Diabetes oder Morbus Parkinson zu nutzen."

Die verschiedenen Stammzelltypen unterscheiden sich erheblich in ihrem Potential, die verschiedenen Zell- und Gewebstypen des Menschen zu erzeugen: Adulte Stammzellen bieten wesentlich weniger Möglichkeiten als embryonale. Burger führte aus, dass der Verzicht auf die Forschung an embryonalen Stammzellen auch hieße, grundlegende Aspekte von Stammzelltherapien nicht zu verstehen und damit Patienten möglicherweise dringend benötigte Therapien vorzuenthalten. Dies gelte auch, wenn am Ende - wie angestrebt - nicht mit embryonalen Stammzellen selbst therapiert werde, sondern beispielsweise mit Wachstumsfaktoren oder reprogrammierten Stammzellen anderen Typs, die jedoch nur dank Forschung an embryonalen Stammzellen entwickelt werden konnten.

Aus Burgers Sicht führe das bisher sehr restriktive deutsche Stammzellgesetz dazu, dass Fortschritte der Stammzellforschung in wachsendem Maße ohne Beteiligung deutscher Labors erzielt würden. So entsprächen die nach dem Gesetz zulässigen embryonalen Stammzelllinien, die vor dem Stichtag 1. Januar 2002 angelegt worden sind, in keiner Weise mehr neuen Forschungs- und Sicherheitsstandards im Hinblick auf künftige Therapien. Deshalb, so Burger, fordere der Verband Forschender Arzneimittelhersteller, für die anstehende Novellierung des Stammzellgesetzes

  • die Stichtagsregelung für embryonale Stammzelllinien zu streichen oder zumindest eine nachlaufende Stichtagsregelung einzuführen,
  • deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht länger Strafen anzudrohen, wenn sie im Ausland oder im Rahmen internationaler Kooperationen an in Deutschland verbotenen Stammzellen arbeiten, und
  • die Einfuhr von Stammzelllinien nicht nur für Forschungszwecke, sondern auch für diagnostische, präventive und therapeutische Zwecke zu gestatten.

Prof. Dr. Dr. Urban Wiesing vom Institut für Ethik und Geschichte der Universität Tübingen analysierte, welche Pluralität ein Staat, der auf den Prinzipien der Menschenwürde und Menschenrechte basiert, beim Embryonenschutz einnehmen darf und was dies für die verschiedenen Vorschläge zur Reform des Stammzellgesetzes bedeutet. "Tragfähige Argumente sprechen dafür", so Wiesings Fazit, "dass eine Verschiebung des Stichtages oder eine Aufhebung mit Einzellfallprüfung nicht den unverzichtbaren moralischen Grundsätzen des Zusammenlebens widersprechen."





Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ist eine gemeinnützige, private und kulturelle Institution, die den Ideen und Grundwerten der sozialen Demokratie verpflichtet ist. Sie leistet mit unterschiedlichen Diskussionsforen einen Beitrag für eine sachliche Debatte über zentrale Fragen der Bio- und Gentechnologie mit namhaften Vertretern aus Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft und Ärzteschaft, Repräsentanten gesellschaftlicher Gruppen und Entscheidungsträgern aus Parlament und Regierung. Besonderes Augenmerk legt die Friedrich-Ebert-Stiftung dabei auf Diskussionen, die über den nationalen Rahmen hinaus führen.

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Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) ist der Wirtschaftsverband der forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 45 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des VFA repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 95.000 Mitarbeiter. 16.500 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung. Die Pressekonferenzen des VFA - ab sofort auch im Internet. Mehr dazu unter:https://www.vfa.de/onlinepk





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