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Medikamente und Therapien gegen Depressionen: Wie sie Betroffenen helfen

Mehr als 80 Prozent aller Patientinnen und Patienten mit unipolarer Depression – das ist die mit Abstand häufigste Verlaufsform der Krankheit – können heute erfolgreich behandelt werden. Eine stationäre Behandlung ist dabei nur noch in den seltensten Fällen notwendig. Moderne Behandlungsansätze erzielen ihren Erfolg vor allem über das Zusammenwirken von psychotherapeutischer Therapie und der Behandlung mit Antidepressiva. Die Heilungschancen nach einer einzelnen depressiven Episode sind gut – etwa der Hälfte der Behandelten erlebt später keinen Rückfall. Depressionen sind im Vergleich zu vielen anderen chronischen Krankheiten heute gut behandelbar.

Medikamentöse Therapien: Welche Antidepressiva gibt es?

"Seelengewitter" – Öl auf neun Leinwänden von Katja Hermann, 2002.Der Gedanke, dass es Mittel gegen die Depression geben könnte, findet sich bereits um 750 v. Chr. in Homers Odyssee. Der griechische Dichter preist „Nepenthes“ an, ein Mittel, um „Kummer zu scheuchen und jeglichen Leides Gedächtnis“. Was immer „Nepenthes“ war – manche vermuten, es sei Opium gemeint – heute gibt es glücklicherweise bessere Alternativen.

Die medikamentöse Therapie mit modernen Antidepressiva geht auf die Mitte der 1950er-Jahre zurück. Seither brachte die Forschung im Schnitt alle zehn Jahre eine neue Klasse von Antidepressiva hervor. Diese werden sowohl bei depressiven Episoden angewendet, also wenn die Depression als einzelne Phase oder wiederholt auftritt, als auch bei chronischen und schweren Depressionen.

Man unterscheidet heute insbesondere folgende Psychopharmaka zur Anwendung bei einer Depression:

  • nicht-selektive irreversible Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
  • selektive reversible Monoaminooxidase-A-Hemmer (RIMA)
  • trizyklische Antidepressiva (TZA) und tetrazyklische Antidepressiva (TeZA)
  • selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
  • sogenannte „atypische“ Antidepressiva (NaRIs, DSA, SNaRIs, NaSSAs)
  • melatonerge Antidepressiva
  • Esketamin

Aufgrund großer individueller Unterschiede hinsichtlich der Behandlungserfolge mit verschiedenen Antidepressiva, gibt es ein anhaltendes Interesse an Wirkstoffinnovationen. So soll möglichst allen Betroffenen ein wirksames Mittel angeboten werden können. Folglich ist die Vielzahl an Wirkstoffen, die heute auf dem Markt sind oder auf dem Markt waren, auch dadurch zu erklären, dass nicht jedes Medikament bei allen Behandelten gleich anschlägt. Gemeinsam haben Psychopharmaka, die bei Depressionen zur Anwendung kommen, in der Regel ihren Zielpunkt: das Nervensystem des Gehirns.

Entwicklung und Wirkweise von Antidepressiva

MAO-Hemmer und RIMA

Zwei Nervenzellen sind durch eine Synapse verbunden. Neutrotransmitter-Moleküle aus dem Synapsenkopf (grün, im Querschnitt und vergrößert gezeichnet) überwinden den Spalt und aktivieren die vordere Zelle.Die Entwicklung der ersten modernen Antidepressiva in den 1950er-Jahren war vor allem aufmerksamen Ärzten zu verdanken. Der MAO-Hemmer Iproniazid wurde ab 1952 entwickelt, weil man – quasi zufällig – beobachtet hatte, dass das chemisch eng verwandte Tuberkulosemedikament Isoniazid die Stimmung der meist niedergeschlagenen Patienten merklich besserte. 1958 kam Iproniazid schließlich auf den Markt und bis Mitte der 1960er-Jahre folgten ihm etliche weitere MAO-Hemmer. Die Abkürzung MAO steht für Monoaminooxidase. Dieses Enzym spaltet verschiedene Stoffe, die im Gehirn an der Signalübertragung zwischen den Nervenzellen beteiligt sind. Wird es gehemmt, erhöht sich die Konzentration jener Stoffe, was die Signalübertragung verbessern kann.

Die hemmungslösenden und antriebssteigernden Monoaminooxidase-Hemmer waren zweifellos ein Durchbruch. Bei gut 60 Prozent der Patientinnen und Patienten erwiesen sie sich als wirksam – weit mehr, als jede andere Behandlung zuvor erreicht hatte. Allerdings musste bei der Einnahme eine strenge Diät eingehalten werden. Denn MAO-Hemmer verhindern den Abbau von Tyramin, das in Käse, Bier, Wein und anderen Lebensmitteln enthalten ist und den Blutdruck bedenklich steigern kann. Inzwischen sind die meisten MAO-Hemmer alten Typs vom Markt verschwunden, da nebenwirkungsärmere Medikamente entwickelt wurden. Sie basieren auf der Erkenntnis, dass die alten MAO-Hemmer nicht nur ein Enzym, sondern zwei verwandte Enzyme ausschalten: die Monoaminooxidasen A und B. Mit diesem Wissen und weiterer Forschung schuf man den Prototyp eines „sanften“ MAO-Hemmers: Moclobemid. Dieser hemmt allein die Monoaminoxidase A und wirkt dabei nur kurzzeitig. Fachsprachlich heißen Moclobemid und die Abkömmlinge, entsprechend ihrer Wirkung, selektiv reversible Monoaminooxidase-A-Hemmer, oder kurz: RIMA.

Entdeckung weiterer Antidepressiva: Tri- und Tetrazyklika

Von Ende der 1950er-Jahre an hielt eine weitere Gruppe von Antidepressiva Einzug in die Praxis: die trizyklischen Antidepressiva. Benannt sind sie nach ihrer chemischen Struktur, deren wesentliches Merkmal drei zusammenhängende Ringe sind. Wie im Fall der MAO-Hemmer waren es Nebenwirkungen chemisch verwandter Arzneimittel, die die Arzneimittelforschung auf die Spur brachten. So hatte der Schweizer Psychiater Roland Kuhn erstmals im Jahr 1956 über die antidepressive Wirkung eines Trizyklikums, des Imipramins, berichtet. Verwandte/ähnliche Wirkstoffe waren bereits erfolgreich als Anti-Malariamittel, gegen Allergien und zur Dämpfung der Wahnvorstellungen schizophrener Patienten erprobt worden.

In den Pharma-Unternehmen variierten Forschende die Struktur des Dreierrings, indem sie an drei verschiedenen Stellen jeweils weitere Molekülteile anhängten. Dem Imipramin, das 1958 marktreif wurde und noch heute gebräuchlich ist, folgte so binnen weniger Jahre ein gutes Dutzend Trizyklika mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften. Schließlich schufen Chemiker in den späten 1960er- Jahren die Gruppe der Tetrazyklika, deren Struktur nicht drei, sondern vier Ringe aufweist. Ihre Wirkung ähnelt derjenigen von Trizyklika.

All diese Substanzen beeinflussen Kontaktstellen zwischen Nervenzellen des Gehirns, die sogenannten Synapsen. An den Synapsen übermittelt eine Zelle anderen Zellen Informationen mittels eines Botenstoffs (Neurotransmitter). Trizyklika und Tetrazyklika wirken aber nur auf solche Synapsen, die mit den Neurotransmittern Serotonin oder Noradrenalin arbeiten. Die Tri- und Tetrazyklika tun dies, indem sie die Rückführung des Neurotransmitters in die Nervenzellen nach erfolgter Signalübertragung ein wenig verlangsamen. Neben der gewünschten Wirkung stört diese Gruppe/Klasse von Antidepressiva allerdings auch den Gehirnstoffwechsel des Neurotransmitters Acetylcholin und des hormonartigen Histamins. Dies führt häufig zu Schläfrigkeit, Mundtrockenheit, Sehstörungen, Schwindel oder Verstopfung; bei längerem Gebrauch kann auch das Gewicht deutlich zunehmen. Ein weiteres Problem sind Gefahren bei Überdosierung: Schon bei fünf- bis siebenfacher Dosis besteht Lebensgefahr.

SSRI: Neurotransmitter Serotonin im Fokus

All diese Einschränkungen hoffte die Arzneimittelforschung mit Wirkstoffen zu überwinden, die sich so zielgenau wie möglich auf einen einzigen Synapsentyp fokussieren. Ein Ergebnis der Entwicklungsarbeit war eine in den 1980er-Jahren neu eingeführte Klasse von Antidepressiva, die meist mit dem Kürzel SSRI bezeichnet wird. Die Abkürzung steht für „selective serotonine reuptake inhibitor“, auf Deutsch: „selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer“. SSRI sorgen für eine bessere/ausreichende Signalübertragung, wenn die Serotonin-Synapsen des Gehirns nicht gut funktionieren. Die SSRI können andere, oft als milder empfundene Nebenwirkungen als die Tri- und Tetrazyklika hervorrufen. Auch sind sie sogar bei mehrfacher Überdosierung unproblematisch.

Vor allem in den USA schlug die anfangs zögerliche Haltung gegenüber den SSRI in den 1990er-Jahren in Begeisterung um. Schlagzeilen machte dort ein SSRI unter dem Handelsnamen Prozac. Etliche Behandelte wollten nach dem Ende der medizinischen Anwendungszeit das Arzneimittel weiter einnehmen, weil sie sich davon mehr Elan, Kreativität und Durchsetzungsvermögen versprachen. Auch viele Menschen ohne Depressionen nahmen das Medikament mit dem gleichen Ziel ein. Schon bald diskutierte man in Bestsellern, ob das Medikament das Wesen der Einnehmenden verändert. Kritiker des Medikaments prägten den Begriff „Glückspille“. In Deutschland blieben die SSRI immer auf medikamentöse Therapien von Depressionen beschränkt. Einem freien Gebrauch stand und steht die Rezeptpflicht der SSRI (wie bei fast allen Antidepressiva) entgegen. Zudem sind auch die SSRI nicht frei von Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlaf- und Orgasmusstörungen, was ihre Attraktivität für Gesunde mindert.

Das Spektrum wird größer: atypische Antidepressiva

Immer differenzierter/genauer wurde über die Jahre das Wissen darüber, wie Antidepressiva die Schaltkreise des Gehirns und andere Bereiche des Nervensystems beeinflussen. Das führte zur Entwicklung weiterer Antidepressiva, die gelegentlich als „atypische Antidepressiva“ zusammengefasst werden, obwohl sie voneinander abweichende Wirkweisen haben. Einige konzentrieren ihre Wirksamkeit auf Noradrenalin-Synapsen (die NaRIs) oder Serotonin-Synapsen (die DSA), andere beeinflussen beide Arten von Synapsen (SNRIs, NaSSAs). Im Unterschied zu den Trizyklika, die das ebenfalls tun, zeigen die neuen Antidepressiva jedoch keinen unerwünschten Effekt auf Acetylcholin-Synapsen (was etwa Mundtrockenheit verhindert). Zudem erzielen sie ihre Wirkung auf Noradrenalin-Synapsen oder Serotonin-Synapsen zum Teil auf biochemisch andere Weise als die Trizyklika oder SSRI. Ihre Wirksamkeit ist mit vielen älteren Antidepressiva vergleichbar; die Nebenwirkungsspektren unterscheiden sich jedoch. So wird es leichter, ein Mittel zu finden, das für die Patientin oder den Patienten vergleichsweise wenig belastend ist.

Verbessern den Schlaf: melatonerge Antidepressiva

Melatonerge Antidepressiva wirken im Gehirn auf bestimmte Rezeptoren für Serotonin und das Schlafhormon Melatonin ein. Auf diese Weise können sie Störungen der inneren Uhr, wie sie bei Depressiven häufig zu finden sind, reduzieren und den Schlafrhythmus verbessern. Schlafstörungen, die als häufiges Symptom bei Depressionen auftreten, können so gelindert werden, was die Lebensqualität oft deutlich erhöht. Bislang ist ein Präparat dieser Klasse zugelassen.

Esketamin

Beim Wirkstoff Esketamin handelt es sich um einen der zwei strukturell nah verwandeten Stoffe, aus denen das verbreitete Narkosemittel Ketamin besteht. Nach ausgedehnter Studienerprobung hat ein Medikament mit diesem Wirkstoff – niedrig dosiert – eine Zulassung in den USA und in der EU zur Behandlung einer therapieresistenten sogenannten „Major Depression“ erhalten. Das Mittel ist in Deutschland aber nicht im Vertrieb. Wo er eingesetzt wird, wird er als Nasenspray durch medizinisches Personal verabreicht. Die genauen Abläufe im Gehirn sind noch nicht abschließend erforscht. Gesichert ist eine Wirkung des Esketamins auf bestimmte Rezeptoren für den Nervenbotenstoff Glutamat, die NMDA-Rezeptoren. Dadurch steigt die Konzentration an Glutamat, was die Stimmung positiv beeinflussen kann.

Pflanzliches Antidepressivum: Johanniskraut

Erstmals in den 1980er-Jahren erwiesen sich in Studien auch einige Johanniskrautextrakte als wirksam, und zwar ausschließlich bei milden bis moderaten Formen der Depression. Bei schweren Depressionen hingegen bewährten sich die in standardisierter, hochkonzentrierter Form als Pille oder Kapsel eingenommenen Extrakte nicht. Untersuchungen zufolge hemmen sie ebenso wie die Trizyklika die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin, zusätzlich auch die des Neurotransmitters Dopamin. Welcher Inhaltsstoff oder welche Kombination von Inhaltsstoffen dies bewirkt, ist bis heute nicht geklärt. Das erschwert die Herstellung von Präparaten gleichbleibender Wirksamkeit, da sich die stoffliche Zusammensetzung der Pflanzen von Ernte zu Ernte ändert.

Auch Johanniskrautextrakte haben Nebenwirkungen: Ausgeprägt hellhäutige Menschen müssen nach der Einnahme mit einer Licht-Überempfindlichkeit der Haut rechnen. Außerdem schwächt Johanniskraut die Wirkung einiger anderer Arzneimittel ab, darunter solche, die von HIV-Infizierten, Organempfängern und Herzpatienten eingenommen werden. Zu beachten ist auch, dass die Zuverlässigkeit der Anti-Baby-Pille herabgesetzt sein kann. Es gibt sowohl freiverkäufliche als auch verschreibungspflichtige Präparate auf dem Markt, die sich in der Wirkstoffkonzentration jedoch nicht unterscheiden müssen

Eine Frage der Nebenwirkungen: die richtige Behandlung

Ob der Wunsch nach einem wirksamen Antidepressivum ohne jede Nebenwirkung je erfüllt werden kann, lässt sich heute nicht vorhersagen. Dennoch sind die Fortschritte in den Jahrzehnten seit der Entdeckung der ersten Wirkstoffe beeindruckend. Von einer Medikamentengeneration zur nächsten wurden die Antidepressiva in der Regel immer besser verträglich. Aber auch die neuesten Präparate sind nicht frei von Nebenwirkungen. Die heute bestehende Bandbreite an verfügbaren Arzneien erlaubt es Ärztinnen und Ärzten jedoch, auf den einzelnen Patienten einzugehen. Je nachdem, welche Nebenwirkungen am meisten als Belastung empfunden würden – ob innere Unruhe oder Müdigkeit, Schlaf- oder Sexualstörungen, Mundtrockenheit oder Gewichtszunahme – lässt sich ein möglichst verträgliches Präparat oder eine Kombination von Arzneistoffen auswählen. Deshalb ist die Vielfalt zugelassener Antidepressiva eine wesentliche Voraussetzung dafür, an einer Depression erkrankten Menschen individuell gerecht zu werden. Dies ist gerade bei der Behandlung chronischer Depressionen, die etwa 25 bis 30 Prozent der Erkrankungen an unipolarer Depression ausmachen, wichtig. Denn gerade hier ist ein langfristiger Einsatz von Medikamenten wahrscheinlich vonnöten.

Da die Wirkung von Antidepressiva in der Regel erst nach einigen Wochen einsetzt, kann der Weg zum geeigneten Präparat lange dauern. Um diese Zeit zu verkürzen, suchen Forschungsinstitute und Pharmaunternehmen nach Indikatoren, die Ärztinnen und Ärzte frühzeitig/binnen Kurzem zeigen, welches Präparat helfen kann und zugleich gut verträglich ist.

Ist eine Abhängigkeit möglich?

Ob Antidepressiva abhängig machen können, wurde viel diskutiert. Eine klassische Abhängigkeit mit einem Verlangen nach Dosissteigerung wurde in Untersuchungen nicht gefunden. Und ein Absetzen der Medikamente war auch jederzeit möglich. Allerdings fällt das Absetzzen manchen Menschen anscheinend doch schwer. Eine Behandlung mit Antidepressiva wird vom ersten Rezept bis zum Absetzen regelmäßig ärztliche begleitet sein.

Welche nicht-medikamentösen Therapien gibt es?

Sehr helle Lichtquelle zur LichttherapieIn den dunklen Monaten verspricht eine Lichttherapie Linderung bei saisonaler Depression.Psychopharmaka mit antidepressiver Wirkung sind nicht die einzigen Mittel zur Überwindung von Depressionen. Es gibt auch eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapien. Dazu zählen vor allem langfristig angelegte Psychotherapien, aber auch Schlafentzug und – in besonders schweren Fällen – die Elektrokrampftherapie, bei der unter Narkose gezielt ein Krampfanfall hervorgerufen wird. Diese Behandlung ist auch unter dem Namen Elektrokonvulsionstherapie bekannt.

Psychotherapeutische Verfahren setzen auf Gespräche zwischen den Patientinnen und Patienten und therapeutischen Fachkräften. Dies sind vorrangig Psychologinnen und Psychologen mit entsprechender Fachausbildung bzw. Ärztinnen und Ärzte mit fachärztlicher Ausbildung, die zur Therapie befähigt. Zur Behandlung der Depression, die je nach individueller Situation einige Monate bis Jahre dauern kann, eignen sich verschiedene Therapieformen. So unterstützt die Kognitive Verhaltenstherapie Erkrankte dabei, im Laufe des Lebens erlernte negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und durch positive Muster zu ersetzen. Die Interpersonelle Psychotherapie konzentriert sich auf die Bearbeitung gestörter zwischenmenschlicher Beziehungen, die zu einer Depression beitragen können und hilft Betroffenen, ihre Beziehungen anders zu führen. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die psychoanalytische Therapie helfen Patienten, unbewusste emotionale Konflikte in sich zu entdecken, die zur Entwicklung einer depressiven Symptomatik geführt haben. Dabei wird die Beziehung zum Therapierenden diagnostisch und therapeutisch nutzbar gemacht. Ob sie den für eine längerfristige Behandlung erforderlichen langen Atem tatsächlich aufbringen, können Patientinnen und Patienten nach dem Erstgespräch oft in einigen Kennenlernstunden („probatorische Sitzungen“) herausfinden.

Unter Schlaflosigkeit leidender MannWährend der bewusste, medizinisch begleitete Schlafentzug als Therapie eingesetzt wird, sind Schlafstörungen ein verbreitetes Symptom bei Depressionen.Rasch antidepressiv wirkt Schlafentzug. Während Schlafstörungen ein häufiges Problem für Menschen sind, die von Depressionen betroffen sind, ist der gezielte Einsatz von Schlafentzug ein aktivierendes Mittel in besonders akuten Fällen. Die Gründe dafür sind noch ungeklärt. Manche psychiatrischen Kliniken organisieren für Patientinnen und Patienten verschiedene Aktivitäten, um ihnen das erzwungene Wachbleiben erträglich zu gestalten. Die Effekte des Schlafentzugs können euphorisierend sein, halten allerdings nur bis zum nächsten Schlaf an. Bis dahin können sie jedoch bei der Anwendung therapeutischer Maßnahmen helfen und es den Betroffenen ermöglichen, leichter durch den Tag zu kommen.
Bei der Elektrokonvulsionstherapie, die bei schweren, behandlungsresistenten Formen von Depression erfolgreich eingesetzt wird, lösen unter Vollnarkose angewandte, wenige Sekunden andauernde Stromstöße kurzfristig eine neuronale Übererregung des Gehirns aus. Die antidepressive Wirkung ist ausgeprägt; worauf sie genau zurückzuführen ist, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Derzeit verfügbare Befunde weisen darauf hin, dass das Zusammenspiel verschiedener Hirnregionen, das bei schwer an Depression Erkrankten gestört ist, wieder normalisiert wird.

Schließlich wird gegen eine regelmäßig im Herbst und Winter auftretende „saisonale Depression“ bereits seit Jahrzehnten erfolgreich die Lichttherapie eingesetzt. Dabei setzen Betroffene sich über mehrere Wochen und am besten morgens für maximal eine Stunde vor eine sehr helle Lichtquelle (2.500 bis 10.000 Lux). Für andere Formen der Depression ist diese Behandlung aber nicht geeignet.

Die meisten Fachleute sind sich darin einig, dass nicht-medikamentöse Verfahren fester Bestandteil einer modernen Behandlungsstrategie sein sollten. Sie können aber – außer bei leichteren Störungen – die medikamentöse Therapie nicht ersetzen. Psychotherapie und Antidepressiva werden zunehmend in ihrem Zusammenwirken geschätzt.

Einer Depression vorbeugen?

Viele Betroffene fragen sich: Was kann ich selbst gegen meine Depression tun? Hat bereits eine erfolgreiche Behandlung stattgefunden, möchten Patientinnen und Patienten häufig auch einem Rückfall vorbeugen. Die medizinische Forschung hat insbesondere Sport und Bewegung als förderlichen Beitrag zur psychischen Gesundheit identifiziert – nicht nur für bereits psychisch Erkrankte. Die positiven Effekte wurden als teilweise mit medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung vergleichbar anerkannt. Jedoch kann dies nicht für alle Betroffenen gleichermaßen gelten. Viele von ihnen müssen zunächst mit anderen Mitteln dazu befähigt werden, wieder aktiv zu werden. Wie Studien zeigen, hat bereits ein moderates Kraft- und Ausdauertraining zwei- bis dreimal pro Woche einen nachweisbaren antidepressiven Effekt.

Die Forschung hat Hinweise darauf gefunden, dass eine gesunde Ernährung das Risiko für das Auftreten depressiver Symptome senken kann. Als gesund hat sich dabei zum Beispiel die klassische Mittelmeerdiät mit viel frischem Gemüse, Obst und Fisch, mit hochwertigem Speiseöl, Nüssen, Vollkornprodukten und wenig Fleisch, sehr fetten und zuckerhaltigen Lebensmitteln erwiesen. Eine solche Diät trägt dazu bei, dass wichtige Nervenbotenstoffe wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin in ausreichender Konzentration zur Verfügung stehen. Darüber hinaus kann sie entzündliche Prozesse im Körper, die das Risiko für eine depressive Erkrankung erhöhen können, dämpfen oder womöglich sogar verhindern. Die genauen Zusammenhänge werden derzeit noch erforscht. Fest steht einstweilen: Eine gesunde Ernährung kann die Psyche positiv beeinflussen – heilen lässt sich eine Depression damit aber nicht.