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Kampf gegen Krebs unter einem gemeinsamen Dach

Heidelberg (dpa) - «Pionierprojekt» oder «Modelleinrichtung»: Wenn Krebsforscher oder Politiker über den Neubau des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg sprechen, geraten sie geradezu ins Schwärmen. Das liegt nicht nur an dem lichtdurchfluteten NCT-Gebäude. Faszinierend ist vor allem der Ansatz der Einrichtung:
Dort rücken Mediziner dem Krebs fachübergreifend zu Leibe. Nach dem Vorbild der Comprehensive Cancer Center («Umfassende Krebszentren») in den USA arbeiten sie eng mit Forschern zusammen, die ihre neuesten Erkenntnisse in die Therapie einfließen lassen. Am Dienstag wurde der 29 Millionen Euro teure Neubau offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Das NCT war bereits vor sechs Jahren gegründet worden. Im vergangenen Jahr wurden 31 234 Patientenbesuche und 15 760 Behandlungen in der zentralen Tagesklinik gezählt. Aber die Einrichtung war bislang nur provisorisch untergebracht.

Im neuen Gebäude sind nun alle Fachleute und Patienten auf einer Nutzfläche von 5565 Quadratmetern unter einem Dach vereint. Das Bauwerk verfügt über 60 ambulante Behandlungsplätze in zwei Tageskliniken auf zwei Stockwerken. Angegliedert sind die Behandlungszentren des Universitätsklinikums und der Thoraxklinik.

«Hier im Neubau haben die Patienten jetzt erstmals die Möglichkeit, direkt mit allen für die Behandlung einer Tumorerkrankung notwendigen Experten in Kontakt zu treten», sagte Dirk Jäger, einer von sechs NCT-Direktoren.

Erster Anlaufpunkt für die Patienten ist die Tumorambulanz. Nachdem die Patienten in der interdisziplinären Sprechstunde waren, erstellen fachübergreifende Expertenrunden einen individuellen Therapieplan. Die Behandlung von Krebs sei heutzutage multimodal, «das heißt, es müssen Therapieformen wie Chemotherapie, Strahlentherapie und Operation sinnvoll miteinander kombiniert werden», erklärte Jäger. Das sei jedoch nur dann möglich, wenn sich die Experten optimal abstimmen. Die Patienten könnten so auch schnell über ihre Erkrankung und die Therapie aufgeklärt werden. Die Behandlung könne «direkt und schneller als sonst» umgesetzt werden.

«Dadurch, dass es so eine enge Verzahnung mit der Uniklinik gibt, ist es kein Problem, ein Bett zu organisieren, wenn wir es brauchen», sagte NCT-Sprecherin Alenka Tschischka. Es gibt noch mehrere andere Comprehensive Cancer Center in Deutschland. Laut Uniklinikum ist das NCT aber «die Heimat einer bundesweit einmaligen Allianz» zwischen Krebsforschung und klinischer Onkologie. Getragen wird es vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), dem Uniklinikum und der Thoraxklinik Heidelberg sowie der Deutschen Krebshilfe.

Im NCT wolle man die Krebsmedizin voranbringen und die Übertragung von Forschungsergebnissen in die Krebsmedizin beschleunigen, sagte DKFZ-Vorstandschef Otmar Wiestler. Deshalb bringe man Ärzte, Forscher und Patienten zusammen - «um sicherzustellen, dass alle diese Partner gemeinsam an großen Projekten und großen Anliegen arbeiten».

Die enge Verzahnung von Forschung und Klinik nach dem Konzept des NCT soll nun Schule machen: Es stand Pate beim Aufbau des «Nationalen Konsortiums für translationale Krebsforschung». Dabei sollen NCT- ähnliche Strukturen an sechs Uni-Standorten im Bundesgebiet aufgebaut werden. Diese sollen aus knapp 20 Bewerbern ausgewählt und im November bekanntgegeben werden.

Jasper Rothfels, dpa