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Union will Verkrustungen bei Ärzten und Kliniken aufbrechen

Berlin (dpa) - Gegen den drohenden Mangel zehntausender Ärzte auf dem Land will die Union verkrustete Strukturen nach Jahrzehnten aufbrechen. Patienten sollen leichter ambulant im Krankenhaus betreut werden, in ländlichen Arztpraxen tageweise abwechselnd Haus- und bestimmte Fachärzte vorfinden und höchstens drei Wochen auf einen Termin auch beim Spezialisten warten müssen. Vier-Bett-Zimmer in Krankenhäusern soll es auch für gesetzlich Versicherte nicht mehr geben.

Die Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Fraktion unterstützten bei einem Treffen am Montag im Grundsatz ein entsprechendes Konzept, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. Ohne Reform für Arztpraxen und Krankenhäuser fehlten vor allem in ländlichen Regionen in den kommenden Jahrzehnten nach Schätzungen bis zu 20 000 Ärzte, heißt es in dem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Papier. Ärzte in Gebieten mit vielen Medizinern sollen Abschläge in Kauf nehmen. Mediziner in Mangelregionen sollen mehr Geld verdienen können.

Praxen in Gebieten mit vielen Ärzten sollen leichter geschlossen werden können. Dafür schwebt den Politikern vor, dass diese Praxen mitsamt Patientenstamm nicht mehr weiterverkauft werden können, die Inhaber aber entschädigt werden. Nach Angaben aus Unionskreisen sind die meisten Vorschläge hingegen ohne mehr Geld zu machen.

Niedergelassene Ärzte sollen leichter in Kliniken arbeiten können. Die Schranken zwischen Krankenhäusern und Praxen sollen abgebaut werden. Mit Geldanreizen oder Sanktionen sollen die Kliniken dazu gebracht werden, sich besser um entlassene Patienten zu kümmern. «Insbesondere ältere oder allein stehende Patienten fallen oft nach der Krankenhausentlassung in eine Versorgungslücke», so die Unionsexperten.

Die Arztreform soll mit dem Versorgungsgesetz kommen, das Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) für dieses Jahr angekündigt hat. Die Union verspricht sich davon und von der zu Jahresbeginn schon in Kraft getretenen Finanzreform insgesamt ein «Gesamtkonzept».
Das Rösler-Ressort ist derzeit dazu auch mit den Ländern in Verhandlungen, da sie weitgehend für die Kliniken zuständig sind. Der CSU-Wirtschaftspolitiker Ernst Hinsken sagte, Rösler müsse Anreize für junge Mediziner zum Praktizieren in dünn besiedelten Regionen setzen.

Laut Union soll die Verteilung der Ärzte kleinräumiger und flexibler werden. Dafür sollen neue regionale Gremien sorgen. Die Entscheidungen sollen darin Vertreter der Ärzte, der Kliniken, der Kassen und der jeweiligen Landesregierung treffen.

Der SPD-Gesundheitseperte Karl Lauterbach kritisierte: «Das Papier lenkt von den zentralen Problemen ab.» Stattdessen müssten die Honorare für Hausärzte stärker steigen als die für Fachärzte. Behandlungen von Privat- und gesetzlichen Patienten müssten gleich bezahlt werden. «Das neue Planungsgremium wäre eine bürokratische Laberrunde», sagte er der dpa.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßte die Pläne. «Um Unterversorgung zu vermeiden, muss frühzeitig erkennbar sein, wo welche Ärzte gebraucht werden», sagte der KBV-Chef Andreas Köhler. Die AOK forderte, dass Ärzte und Kliniken den Versicherten «endlich mehr Leistung für mehr Geld» bieten, wie Vizechef Jürgen Graalmann der «Welt» sagte. Sie bekämen in diesem Jahr von jedem Versicherten 250 Euro mehr als 2008.