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Unicef: In fünf Jahren soll kein Kind mehr mit HIV geboren werden

Köln/Berlin/New York (dpa) - Schon in fünf Jahren soll kein Baby mehr mit dem Aidserreger HIV zur Welt kommen - dieses Ziel hat das UN-Kinderhilfswerks Unicef ausgerufen. Die Übertragung des Virus von Mutter zu Kind lasse sich bis 2015 weltweit eliminieren, wenn die Anstrengungen jetzt verstärkt würden, betont Unicef gemeinsam mit anderen UN-Organisationen in einem Report, der am Dienstag zum diesjährigen Weltaidstag (1. Dezember) in New York vorgestellt wurde. «Jeden Tag werden 1000 Babys mit HIV geboren», sagte Unicef- Deutschland-Geschäftsführer Christian Schneider in Köln. «Diese Zahl sollte Null sein.»

Würden die Mutter-Kind-Übertragung eliminiert, die Ansteckungen unter jungen Menschen weiter konsequent bekämpft und alle infizierten Kinder und Jugendlichen früh und dauerhaft behandelt, sei «eine Generation ohne Aids» in Reichweite, teilte Unicef mit. Noch sieht die Realität allerdings anders aus: 2009 haben sich rund 2,6 Millionen Menschen neu mit dem Immunschwächevirus angesteckt, nur etwas mehr als jedes Vierte der schätzungsweise 1,27 Millionen bedürftigen Kinder bekam die lebensverlängernde Medizin. 370 000 Neugeborene wurden bei der Geburt oder während der Stillzeit infiziert.

Dennoch gab es Fortschritte: 2005 bekamen erst 15 Prozent der HIV- positiven Mütter während Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit Medikamente, die eine Ansteckung des Neugeborenen verhindern. 2009 waren es schon 53 Prozent. Damit geht aber immer noch fast jede zweite HIV-positive Mutter leer aus. Ein neu entwickeltes Medikamenten-Set - es kann auch in entlegene Gebiete verteilt und einfach angewendet werden - soll Verbesserungen für Mütter und Kinder bringen. Das Kinderhilfswerk hofft, das 2015 nahezu alle infizierten Schwangeren auf der Welt die Medikamente bekommen.

Weltweit leben 33,4 Millionen HIV-infizierte Menschen, darunter rund 2,5 Millionen Kinder. Mehr als die Hälfte der infizierten Kinder stirbt ohne Behandlung noch vor dem zweiten Lebensjahr, wie Unicef betonte. Dabei gibt es Medikamente, die lebensrettend sind. Sie stehen aber trotz eines Anstiegs immer noch nur 356 400 Jungen und Mädchen zur Verfügung - das sind 28 Prozent der behandlungsbedürftigen Kinder. Bei den Erwachsenen sind es immerhin 37 Prozent.

Nach Angaben des Aidsprogramms der Vereinten Nationen (UNAIDS) ist die Zahl der Neuinfektionen seit 1999, als die Epidemie ihren Höhepunkt erreicht hatte, weltweit um 19 Prozent zurückgegangen. «Zum ersten Mal haben wir den Verlauf der Aidsepidemie gebrochen», sagte UNAIDS-Direktor Michel Sidibé. Die erzielten Erfolge seien ein «unglaublicher Meilenstein» im Ringen gegen die Immunschwäche.

Hilfsorganisationen begrüßten die Erfolge, warnten jedoch vor nachlassender Wachsamkeit. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen mahnte, die geringen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft gefährdeten die Behandlung von Menschen in ärmeren Ländern. Der Globale Fonds, wichtigster Geldgeber im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria, habe für die nächsten drei Jahre 11,7 Milliarden Dollar zugesagt bekommen. Notwendig seien jedoch 20 Milliarden Dollar (15 Milliarden Euro), betonte Ärzte ohne Grenzen.
Auch die steigenden Arzneimittelpreise sieht die Organisation mit Besorgnis. «Wir behandelnden Ärzte haben das Gefühl, dass uns die Hände gebunden werden», beklagte Gilles van Cutsem, medizinischer Koordinator für Südafrika und Lesotho.

Bei den Jugendlichen ist die Zahl der HIV-Positiven 2009 weltweit leicht auf fünf Millionen zurückgegangen. Besonders junge Frauen leiden unter der Epidemie: «Weltweit sind 60 Prozent der jungen HIV- Positiven weiblich», heißt es in dem gemeinsam mit weiteren UN- Organisationen verfassten Bericht «Children and Aids» zur Lage der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 24 Jahren. Am schlimmsten betroffen sind laut Unicef nach wie vor Länder in Afrika südlich der Sahara, in Südasien, aber auch in Osteuropa.

In Deutschland leben laut Robert Koch-Institut rund 70 000 Menschen mit HIV. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
(BZgA) in Köln erklärte zum Weltaidstag, die Betroffenen hätten oft mit Ablehnung und Diskriminierung zu kämpfen. In einer neuen, jüngst von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) gestarteten Kampagne geben HIV-positive Menschen als Botschafter authentisch Einblicke in ihr Leben. Bundesweit steckten sich 2009 rund 3000 Menschen neu an. Die Zahl der Aidstoten ist in Deutschland seit Jahren leicht rückläufig. Nach Daten des Statistischen Bundesamts starben im vergangenen Jahr 431 Aidskranke, 1999 waren es noch 587.

Der Weltaidstag wurde 1988 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Das Motto in diesem Jahr lautet: «Positiv zusammen leben - aber sicher». Aidskranke und HIV-positive Menschen sollen künftig besser ins Arbeitsleben und den gesellschaftlichen Alltag integriert werden. Die rote Schleife, die viele Menschen am 1. Dezember tragen, ist das weltweite Symbol der Solidarität mit HIV-Infizierten und Aidskranken.