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Reserve der Krankenversicherung könnte teils an Privatkassen fließen

Berlin (dpa) - Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben derzeit einiges zu besprechen. Schon raunen Koalitionspolitiker, es könne einen überraschenden Deal geben. Wer ist also am Ende der lachende Dritte im heftigen Gezerre um die 19,5-Milliarden-Euro-Reserve der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)?

Der Geldsegen hat mehrere Ursachen. Unerwartet bescherte ein starker Privatkonsum und der Export der deutschen Wirtschaft zwei Boomjahre. Doch Schwarz-Gelb erhöhte Anfang 2011 den GKV-Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent. Die Einnahmen sprudelten. Und ausgerechnet die als Klientelpartei verschriene FDP schaffte etwas, was weder Rot-Grün, noch der großen Koalition gelang: Ein Arzneigesetz wurde umgesetzt, das auch nachhaltig wirklich Kosten dämpfen soll.

Jetzt sitzen die Krankenkassen auf einem Finanzpolster von 10 Milliarden Euro. Ihre Sammel- und Verteilstelle für Beitrags- und Steuergelder, der Gesundheitsfonds, hat zudem eine Reserve von rund 9,5 Milliarden Euro. Davon sind 4,4 Milliarden nicht gebunden, also verfügbar.

Die Kassen könnten von den Überschüssen etwas an die Versicherten zurückzahlen - per Prämie. Doch das wird kaum geschehen, wie etwa die besonders gut dastehende Techniker Krankenkasse deutlich macht. Ihre Funktionäre erwarten keinen Wettbewerbsvorteil bei ihrer als gut verdienend und umsichtig geltenden Klientel. Andere Kassen stehen nicht so gut da. Und alle erwarten, dass die Einnahmen schon nächstes Jahr wieder unten die Ausgaben rutschen werden. Dann drohen schon wieder die erst überwundenen Zusatzbeiträge, die weder die Kassen noch Bahr und die Regierungen wollen. Schließlich wird 2013 gewählt.

«Wir dürfen weder bei den Ausgaben den Hahn öffnen noch bei den Einnahmen kürzen», mahnt Unionsvizefraktionschef Johannes Singhammer (CSU). Doch da gibt es zwei Milliarden Euro, die Bahr und die Gesundheitspolitiker nach allgemeiner Erwartung kaum gegen Schäubles Begehrlichkeiten verteidigen können. Das ist Geld, das 2011 einmalig an den Gesundheitsfonds floss. Damit sollte ein Sozialausgleich gezahlt werden. Dieser sollte bezahlt werden, wenn Geringverdiener von nach oben offenen Zusatzbeiträgen zu stark belastet werden. Dazu kam es nie.

Und ob es jemals wieder Zusatzbeiträge in großem Stil gibt, ist mehr als fraglich. Im Wahljahr kaum. Danach wohl nur dann, wenn weder SPD noch Grüne in eine Regierung eintreten. Beide Parteien lehnen die unbegrenzten Aufschläge plus Sozialausgleich ab.

Zwei Milliarden - selbst Grünen-Fraktionschefin Renate Künast meint nun, dass der jährliche 14-Milliarden-Euro-Steuerzuschuss an die GKV zumindest einmalig vermindert werden könnte. Obwohl den Grünen nachgesagt wird, in absehbarer Zeit ganz gerne wieder das Gesundheitsressort übernehmen zu wollen.

Was könnte der Finanzminister dem Gesundheitsminister für die zwei Milliarden geben? Schäuble könnte Bahr im Ringen um eine Förderung von privaten Pflegezusatzversicherungen, die vor allem die FDP und jüngere CDU-Politiker wollen, entgegenkommen. Am Ende könnten mit Steuergeld von privaten Versicherungen angebotene Policen gefördert werden. Doch könnte es auch anders kommen. Etwa wenn so eine Zukunftsabsicherung bei den gesetzlichen Pflegekassen angesiedelt wird oder wenn eine Förderung dafür völlig anders ausgestaltet wird.