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Kassen fordern bessere Prüfung neuer Therapien

Berlin (dpa) - Angesichts möglicher Risiken für zehntausende Klinikpatienten dringen die Krankenkassen auf eine bessere Prüfung neuer Therapien. «Das zentrale Problem ist, dass es für neue Methoden keine verpflichtende wissenschaftliche Bewertung des Nutzens gibt», sagte die Chefin des Kassen-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, der «Ärzte Zeitung» (Donnerstag).

Immer wieder rufen neue Therapien im Milliardenmarkt der Klinik- Versorgung Zweifel hervor, obwohl sie bereits vielfach in deutschen Krankenhäusern angewendet werden. Pfeiffer forderte, zur Abhilfe müssten an Krankenhäusern Innovationszentren geschaffen werden, in denen neue Methoden vor der flächendeckenden Anwendung geprüft werden. «Nur was für den Patienten mit Sicherheit besser ist, soll auch über die neuen Innovationszentren hinaus in der Fläche eingeführt werden.» Die Krankenhäuser wiesen die Forderung zurück.

Beispiel Gelenkprothesen: In den vergangenen zehn Jahren wurden mehr als 6000 Menschen in Deutschland mit Hilfe von Robotern am Hüftgelenk operiert. Implantate sollen dadurch passgenauer werden. Studien zeigten nach Angaben der Kassen dann jedoch, dass diese Operationen nicht nur länger dauern als normalerweise - die Betroffenen litten auch häufiger unter bestimmten Schmerzen.

Beispiel Herzklappen-Prothesen: Es gibt seit einiger Zeit Modelle, für die nicht der Brustkorb geöffnet werden muss, sondern die über eine Ader eingeführt und dann entfaltet werden. Hier könnte es nach Ansicht der Kassen zu erhöhtem Schlaganfallrisiko oder anderen Komplikationen kommen.

Beispiel Ballonkatheter: Nach den jüngsten Daten wurden 2008 gegen das Volksleiden koronare Herzkrankheit in 270 000 Fällen Stents eingesetzt, also Stützen, mit denen verengte Blutgefäße offen gehalten werden. Seit einigen Jahren gibt es aber auch Ballonkatheter, die sich erst im Gefäß aufblähen. Die Zahl der Patienten mit diesen Kathetern steigt schnell. Hinweise zum Nutzen liegen laut Kassen aber nur bei einigen der üblichen Anwendungsbereiche vor - möglicherweise ist das Verfahren den vergleichbaren Stents teils unterlegen, schlussfolgern die Kassen.

Pfeiffer forderte «hochwertige Studien», die gemeinsam mit den verlangten Innovationszentren neue Entwicklungen befördern statt behindern würden. Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, reagierte scharf. «Die Kassen sollten lieber auf ärztliches Können als auf ihr Vermögen erhaltendes Kürzen setzen», sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

«Die Zuordnung von Innovationen auf Zentren läuft zwangsläufig auf eine bürokratische Überregulierung und erhebliche zeitliche Verzögerungen hinaus», warnte Baum. Medizinische Innovationen würden so ausgebremst. «Am Ende kommen neue Therapien nicht beim Patienten an.»