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Gesundheitsreform lässt künftigen Finanzbedarf offen

Berlin (dpa) - Mit der Umsetzung des Gesundheitskompromisses der Koalition wird es ernst. Mit dem jetzt vorgelegten Referentenentwurf nähert sich die Bundesregierung der Ziellinie. Die Beitragszahler werden stärker zur Kasse gebeten. Mehrbelastungen der Steuerzahler sind nicht beziffert.

Auch nach Vorlage des Referentenentwurfs zur Gesundheitsreform bleibt die Höhe künftiger Steuerzuschüsse an die Krankenversicherung offen. «Die Höhe dieser Zahlungen wird im Jahr
2014 gesetzlich festgelegt», heißt es in dem 57-seitigen Entwurf vom Mittwoch, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. In der vorangegangenen Fassung des Gesundheitsministeriums hieß es noch, ab
2014 sollten zusätzliche Bundesmittel in Höhe von jährlich einer Milliarde Euro fließen.

Dieser zusätzliche Geldbedarf hatte in der schwarz-gelben Bundesregierung angesichts der geplanten Haushaltskonsolidierung für Diskussionen gesorgt. Die Koalition steht unter Zeitdruck. Das Bundeskabinett will am 22. September über die Reform entscheiden. Sie soll zum Jahresbeginn in Kraft treten.

Die zusätzlichen Steuermittel werden für den Sozialausgleich gebraucht. Diesen sollen Kassenmitglieder bekommen, wenn Zusatzbeiträge der Kassen zwei Prozent ihres Einkommens überschreiten. Wer den Zusatzbeitrag mindestens sechs Monate nicht zahlt, muss die Summe von drei Monats-Zusatzbeiträgen zahlen - mindestens aber 30 Euro. «Dabei muss es sich nicht um einen zusammenhängenden Zeitraum handeln», heißt es in dem Entwurf. Einen Anspruch auf Ausgleich haben die Betroffenen nicht, bis der Säumniszuschlag bezahlt ist.

Wie geplant soll 2011 zunächst der Beitragssatz auf 15,5 Prozent steigen. Künftige Kostensteigerungen sollen durch die nach oben offenen Zusatzbeiträge gedeckt werden. Dabei greift der Sozialausgleich. Um den Bedarf auch bei mehreren Einkünften von Arbeitnehmern gerecht zu ermitteln, sollen diese ihre Einnahmen angeben müssen.

Zur Deckung des zu erwartenden Defizits von 11 Milliarden Euro 2011 sollen auch Einsparungen bei Ärzten, Kliniken, Apotheken und den Kassen beitragen. Die Kliniken reagierten empört. Bisher waren ihre Träger davon ausgegangen, dass sie 2011 und 2012 jeweils 500 Millionen Euro weniger als geplant bekommen sollen. Der Entwurf sieht aber vor, dass ein Abschlag ab 2012 vertraglich mit den Kassen vereinbart werden muss.

«Das ist ein faustdickes Ärgernis», kritisierte der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum.
«Völlig überraschend sollen jetzt die Kliniken dauerhaft zusätzlich rund 300 Millionen im Jahr von ihren ohnehin unterfinanzierten Budgets an die Kassen abführen», sagte er der dpa. Diese Summe ergäbe sich, wenn der genannte Abschlag von 30 Prozent bei bestimmten Leistungen fortgeschrieben würde.

Die Hausärzte setzen ihre Proteste gegen die Reformpläne fort. Rund 5000 Hausärzte wollen in Bayern am Donnerstag und Freitag ihre Praxen schließen. Konkret richten sie sich gegen den Plan, Sondervergütungen in dreistelliger Millionenhöhe einzuschränken.

Die Betriebskrankenkassen (BKK) begrüßten die Sparpläne und die Zusatzeinnahmen. Heinz Kaltenbach, Geschäftsführer des BKK Bundesverbandes, sagte: «Dies bedeutet wieder Planungssicherheit für die Kassenvorstände, deren Haushaltspläne für das nächste Jahr in wenigen Wochen stehen müssen.» Allerdings müssten auch die Arzthonorare eingefroren werden. «Die jetzigen Planungen begrenzen allenfalls die Steigerungsrate moderat.»