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Krankenkassen-Reform bringt Zusatzbeiträge für Millionen Versicherte

Berlin (dpa) - Auf die rund 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen kommen nach der Verabschiedung der schwarz-roten Gesundheitsreform im Bundestag Zusatzbeiträge zu. Zunächst sinkt zwar der Beitragssatz Anfang 2015 von 15,5 auf 14,6 Prozent. Im Gegenzug wird den Kassen aber die Möglichkeit gegeben, vom Einkommen abhängige Aufschläge zu erheben. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) betonte in einer Mitteilung: «Wir sichern einen fairen Wettbewerb zwischen den Kassen.» Die Opposition lehnte das Gesetz am Donnerstag geschlossen ab, die Koalitionsabgeordneten stimmten zu.

«Wir gehen davon aus, dass bis zu 20 Millionen Versicherte finanziell entlastet werden können», sagte Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU). Das liegt daran, dass finanziell gut dastehende Versicherungen den sinkenden Beitragssatz nicht komplett durch Zusatzbeiträge ausgleichen müssen. Dass Kassen ganz ohne Aufschlag auskommen, wird in der Branche aber nicht erwartet.

Die Opposition wies vor allem auf die wohl steigenden Zusatzbeiträge in den kommenden Jahren hin. Denn der zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und -gebern bezahlte Beitragssatz soll fest bleiben. Die Ausgaben der Krankenversicherung werden aber ihre Einnahmen übersteigen. «In der Summe werden die Versicherten bis 2020 150 Milliarden Euro mehr zahlen müssen als die Arbeitgeber», sagte der Linke-Gesundheitsexperte Harald Weinberg. Die Koalition gehe auf Raubzug durch die Geldbörsen der Mittel- und Geringverdiener.

Maria Klein-Schmeink (Grüne) warf insbesondere der SPD unsoziale Politik vor. Gemeinsames Anliegen von Opposition und SPD im Bundestagswahlkampf sei die Rückkehr zu einer paritätischen Finanzierung gewesen - nun würden Versicherte einseitig belastet.

Gesundheitsökonom Jürgen Wasem hatte bereits vor Monaten den Zusatzbeitrag für 2017 im Schnitt auf 1,3 bis 1,5 Prozent vom Einkommen taxiert, das Bundesversicherungsamt auf 1,6 bis 1,7 Prozent.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach lobte das Gesetz, «weil es der endgültige Abschied von kleinen oder großen Kopfpauschalen ist». Denn bisher können Kassen pauschale Zusatzbeiträge in festen Eurobeträgen nehmen. Wegen der guten Finanzlage der Kassen kam dies aber nicht mehr vor.

«Wir wollen ausschließlich den Qualitätswettbewerb und nicht den Preiswettbewerb», hielt er Befürchtungen entgegen, die Versicherten würden künftig ihre Kasse nur noch nach der Höhe der Zusatzbeiträge aussuchen. Befördert worden waren die Sorgen durch die Regeln, dass die Aufschläge ein Sonderkündigungsrecht auslösen und die Kassen schriftlich darüber informieren müssen.

Zudem wurde die Gründung eines Instituts auf den Weg gebracht, das Daten zur Qualität der Kliniken auswerten soll. Krankenhausvergleiche im Internet nach Behandlungserfolgen sollen möglich werden. Kliniken mit schlechteren Ergebnissen sollen Abschläge hinnehmen müssen.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte: «Das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags ist ein eklatanter Bruch mit dem Solidarprinzip.» Die Regierung müsse Arbeitnehmer und Rentner vor Zusatzbeiträgen schützen, forderte der Sozialverband VdK.

«Aus Krankenhaus-Sicht darf dies nicht dazu führen, dass der absehbar wachsende Finanzierungsbedarf für medizinische Leistungen über die Zusatzbeiträge erschwert wird», mahnte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, sagte der dpa: «Es ist absehbar, dass dieses Vorhaben elementare Einbußen im Leistungskatalog nach sich zieht.» Kosten müssten gedämpft werden.