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Nur keine Panik: Es gibt Lösungen für ein alterndes Deutschland

Berlin (dpa) - Ausgerechnet im Sauriersaal des Berliner Naturkundemuseums sollte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) die neue Demografie-Ausstellung am Dienstagabend eröffnen. Die alternde deutsche Bevölkerung, wird sie künftig so stützbedürftig sein wie die Dinosaurierskelette im Museum? Nicht unbedingt, vorausgesetzt die richtigen Strategien kommen zum Einsatz, lautet die positive Botschaft der Ausstellung.

Die Initiatoren von der Leibniz-Gesellschaft haben die Schau deshalb bewusst auch «Zukunft leben: Die demografische Chance» genannt. Und um das Motto zu untermalen, bekam das große Dino-Skelett Pappturnschuhe und den Spruch: «Wir werden immer aktiver».

Die Schau in einem Nebenraum ist die zentrale Ausstellung im Wissenschaftsjahr 2013, das vom Bundesbildungsministerium ausgerufen wurde. Zahlreiche Veranstaltungen drehen sich in diesem Jahr rund um die Bevölkerungsentwicklung. Der Trend klingt wenig optimistisch: Nach Angaben des wissenschaftlichen Leiters der Ausstellung, Prof.
Karl Ulrich Mayer, rechnen Statistiker damit, dass in Deutschland 2060 nur noch etwa 65 bis 70 Millionen Menschen statt der aktuell 82 Millionen leben. Künftig wird zudem etwa jeder Dritte über 65-Jahre alt sein, derzeit ist es jeder fünfte.

Doch immerhin: «Die Deutschen leben länger und sie leben länger gesund», sagt Mayer. Außerdem seien Gesellschaften sehr anpassungsfähig und Prognosen mit einem hohen Unsicherheitsfaktor verbunden. Auch Überraschungen, etwa bei den Geburtenzahlen, schließt der Soziologe nicht aus.

Die Ausstellungsmacher sehen keinen Grund zur Panik. «Die Hauptbotschaft ist nicht: die Gesellschaft altert, sondern die Bevölkerung altert und wir müssen dafür sorgen, dass die Gesellschaft trotzdem innovativ und kreativ bleibt», sagte der Kurator Thomas Spring. Wenn die Menschen künftig später in Rente gehen, mehr Frauen arbeiten und mehr qualifizierte Fachkräfte einwandern, ließe sich der Wohlstand halten, sagt er mit Verweis auf Berechnungen der Wirtschaftsweisen.

Es gibt noch einen weiteren Knackpunkt. «Mit weniger Menschen und weniger Erwerbstätigen lässt sich der Wohlstand nur durch Bildung steigern. Wir haben kein Erdöl, Erdgas oder andere Ressourcen», betont Spring. Doch es sei erschreckend, dass etwa jeder vierte männliche 15-Jährige in Deutschland einer UNO-Definition zufolge als «kompetenzarm» gelte, also einfache Sätze nicht verstehen und wiedergeben könne. «Mit denen wird Innovation schwierig», sagte Spring. Nicht ganz so dramatisch sehe die Lage bei Mädchen aus. In dieser Gruppe seien 13 Prozent betroffen.

Mit Statistiken, interaktiven Tafeln, Comics, einer begehbaren Bevölkerungspyramide aus Holz, Filmen, Fotos und Texten beschreibt die Ausstellung das komplexe Thema der Bevölkerungsentwicklung anschaulich. Neben abstrakten Zahlen zeigt sie auch individuelle Geschichten, etwa von Einwanderern oder von Kindern auf ihrem teilweise holprigen Weg durchs deutsche Bildungssystem.

Am Ende steht die große Frage, wie die Lebensformen im Alter aussehen können. Zwischen Extremen wie dem Rentner-Paradies Sun City in den USA und einem kargen Leben in Armut gibt es verschiedene Modelle, wie Experteninterviews zeigen. Eines wird hier deutlich: Pflegeheime wird es nur noch für die geben wird, die sie unbedingt brauchen. «Der Arbeitsmarkt wird uns zwingen, andere Modelle zu finden», sagt Spring.