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Kindermedikamente und Orphan Drugs

Mit zwei Verordnungen hat sich die EU dafür stark gemacht, dass verstärkt geeignete Medikamente für Bevölkerungsgruppen entwickelt werden, die andernfalls nicht wie andere am medizinischen Fortschritt teilhätten: mit der Verordnung für Medikamente gegen seltene Krankheiten von 2000 und der Verordnung für Kinderarzneimittel von 2007. Seither haben forschende Pharma-Unternehmen ihre Arbeit auf diesen Gebieten verstärkt.

Kinder und Jugendliche

Bei 177 Projekten (41 %) steht heute schon fest, dass die betreffenden Medikamente auch für Minderjährige mit der gleichen Erkrankung wie bei den Erwachsenen entwickelt werden. Bei 97 Projekten laufen die entsprechenden Studien mit Jugendlichen oder Kindern bereits oder sind schon abgeschlossen. Dass nicht noch mehr Projekte auch Zulassungen für Kinder oder Jugendliche anstreben, liegt an dem hohen Stellenwert, den Krankheiten wie Lungen-, Brust- und Prostatakrebs sowie Alzheimer-Demenz in der Pharmaforschung haben. Diese Krankheiten kommen bei Minderjährigen nicht vor.

Unter den Medikamenten in dieser Erhebung finden sich unter anderem kindgerechte Darreichungsformen (Suspensionen, Trinklösungen) von Medikamenten gegen Thrombosen und Embolien, die für Erwachsene schon seit etlichen Jahren verfügbar sind. Auch für HIV-positive Kinder entwickeln Unternehmen eine ganze Reihe von Medikamenten.

Menschen mit seltenen Erkrankungen

In der Erhebung finden sich 68 Projekte (16 %), die in der Europäischen Union den Orphan Drug-Status erhalten haben, weil sie die medikamentöse Therapie einer seltenen Krankheit (einer Orphan Disease) erstmals ermöglichen oder wesentlich verbessern könnten.

Bei allen Projekten mit Orphan Drug-Status tritt die jeweilige Krankheit so selten auf, dass nicht mehr als fünf von 10.000 EU-Bürgern daran leiden. Ein Orphan Drug-Status wird hingegen nicht vergeben, wenn ein Medikament z. B. für eine kleine Subgruppe von Patienten mit einer insgesamt häufigeren Krankheit entwickelt wird (beispielsweise für Patienten mit dem häufigen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs [NSCLC], die die seltene MET-Mutation aufweisen).

Der Anteil der Orphan Drug-Projekte in den Entwicklungsprogrammen der vfa-Unternehmen steigt seit Jahren leicht an. Pharma-Unternehmen sind also nachhaltig für Patienten mit seltenen Krankheiten aktiv; andererseits hat keine Fokussierung auf Orphan Drugs zu Lasten von Patienten mit häufigeren Erkrankungen stattgefunden. Zu berücksichtigen ist auch, dass Medikamente, die derzeit noch mit Orphan Drug-Status entwickelt werden, diesen im Fall einer Zulassung für eine weitere, aber häufigere Krankheit wieder verlieren würden.

Seltene Krankheiten gibt es in allen medizinischen Gebieten. So ist beispielsweise follikuläres Lymphom eine selten auftretende Krebsart, Sichelzell-Anämie eine seltene Blutbildungsstörung, Riesenzell-Arteriitis eine seltene Autoimmunkrankheit und ALS eine seltene neurodegenerative Krankheit.

Angesichts von schätzungsweise 8.000 seltenen Erkrankungen und bisher rund 160 Zulassungen für Orphan Drugs bleibt weiterhin viel zu tun. Es ist deshalb entscheidend, dass die Fördermaßnahmen auf europäischer Ebene erhalten bleiben.