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Medikamente, die an Genen ansetzen

Bis heute wirken die meisten Medikamente dadurch, dass sie im Körper bestimmte Proteine (Enzyme, Rezeptoren, Botenstoffe, Transportkanäle etc.) stilllegen, aktivieren oder ersetzen. Das gilt großenteils auch für diese Erhebung. Doch zunehmend beschreiten Unternehmen auch neue Wege: mit Gentherapien und Gene Silencing.

Eien junge Laborforscherin mit Mundschutz und Handschuhen analysiert eine Wirkstoffprobe

Gentherapien

Bei einer Gentherapie werden einige Zellen der Patientin oder des Patienten mit einem zusätzlichen Gen ausgestattet, das entweder die Aufgabe eines schon vorhandenen, aber defekten Gens übernimmt oder die Zellen mit einer zusätzlichen Fähigkeit ausstattet, die therapeutisch wichtig ist. Dies kann außerhalb (ex vivo) oder im Körper des Patienten (in vivo) erfolgen. Anders als bei den meisten anderen Therapien dürfte bei einer Gentherapie im Idealfall nur eine einzige Behandlung erforderlich sein. Ob das für alle Patienten zutrifft, wird man allerdings erst in vielen Jahren wissen.


Bislang sind erst acht Gentherapien zugelassen (gezählt nach den Anwendungsgebieten). Bis 2023 könnten forschende Pharma-Unternehmen weitere 15 auf der Basis von acht neuen und zwei schon zugelassenen Wirkstoffen hinzufügen. Acht davon sind T-Zell-Therapien, bei denen T-Zellen (eine Art Immunzellen) eines Krebspatienten ex vivo ein zusätzliches Gen erhalten; das befähigt sie, nach ihrer Rückführung in den Patienten Krebszellen zu erkennen und dauerhaft zu bekämpfen. Eine Ausführung dieser Therapiestrategie heißt CAR-T Zell-Therapie, eine andere TCR-T-Zell-Therapie.

"Gen- und Zelltherapien - Neue Hoffnung für die Krebstherapie" im vfa-Podcast #MicroScope:

Bei zwei anderen onkologischen Gentherapien wird eine therapeutische Impfung mit synthetischer messenger-RNA durchgeführt; sie soll das Immunsystem von Patienten mit Melanom oder nicht-kleinzelligem Lungenkrebs trainieren, die Tumorzellen zu erkennen.

Weitere Gentherapien sollen die Erbkrankheiten Hämophilie B (eine Gerinnungsstörung), spinale Muskelatrophie (führt zu Lähmungen), Choroideremie und juvenile Makuladegeneration (beides Augenerkrankungen) bessern oder heilen.

Die meisten Gentherapien werden, wenn sie zugelassen werden, nur eine Option für wenige Patienten mit seltenen Erkrankungen sein. Lediglich die therapeutischen Impfungen werden gegen häufigere Krebsarten erprobt. Gentherapien werden wie die Zell- und Gewebetherapien zu den „Advanced Therapies“ (ATMP) gezählt.

Gene Silencing

Den meisten Vorgängen im Körper gesunder und kranker Menschen liegt das Ablesen von Genen zugrunde; ein kompliziertes Geschehen, an dem DNA- und RNA-Moleküle wesentlich beteiligt sind. Bei vier Projekten wird dieser Vorgang bei einzelnen Genen unterdrückt, um Patienten mit den bislang nicht heilbaren Krankheiten Amyotrophe Lateralsklerose (fortschreitende Lähmung), Chorea Huntington (kognitiver Verfall), hereditäre Nephritis (eine Nierenentzündung) und Hämophilie A und B (Blutungskrankheiten) zu helfen.

Die Medikamente enthalten synthetische Oligonukleotide, die sich in den Zellen mit einer bestimmten natürlichen RNA verbinden, um sie stillzulegen. Dieser Vorgang heißt Gene Silencing, die Wirkstoffe heißen (je nach dem genauen Wirkmechanismus) Antisense-Olinukleotide oder RNAi. Die Medikamente müssen wiederkehrend eingesetzt werden, um wirksam zu sein.

Obwohl Pharma-Unternehmen diesen Behandlungsansatz schon länger verfolgen (siehe Diagramm), gibt es erst vier zugelassene Medikamente dieser Art. Dass es nun mehr werden dürften, ist nicht zuletzt Fortschritten bei der Aufgabe zu verdanken, Oligonukleotide in ausreichenden Mengen in Körperzellen einzuschleusen.