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So erhalten Impfstoffe aus China, Russland und Indien eine EU-Zulassung

Unternehmen in aller Welt entwickeln Impfstoffe gegen Covid-19. Viele von ihnen haben noch nie für ein Produkt eine EU-Zulassung beantragt. So hat in der EU bisher z. B. weder ein chinesischer noch ein russischer oder ein indischer Hersteller eine Impfstoffzulassung. Aber das kann sich jederzeit ändern, wenn nur eine Reihe von Anforderungen erfüllt werden.

Drei Durschstechflaschen mit Corona-Impfstoff und chinesischen, englischen und russischen Aufschriften

Das geht aus dem gültigen Rechtsrahmen hervor, wie er in der EG-Richtlinie 2001/83/EG der EU beschrieben ist. Er ist für alle Unternehmen gleich:

  • Nur ein in der EU (oder den EFTA-Ländern Norwegen, Island oder Liechtenstein) ansässiges Unternehmen kann eine EU-Zulassung für einen Impfstoff (und jedes andere Medikament) beantragen und nach Erteilung die EU-Länder damit beliefern. Dieses Unternehmen kann aber eine Niederlassung des Impfstoffentwicklers mit Hauptsitz außerhalb der EU sein; oder ein Kooperationspartner eines solchen Unternehmens.
  • Mit einem Zulassungsantrag muss das Unternehmen bei der EU-Arzneimittelagentur EMA Unterlagen zu den Ergebnissen der Labor- und Tierversuche sowie die Daten aus allen klinischen Studien mit Freiwilligen einreichen, außerdem Angaben zum Herstellungsverfahren und Analysen von Produktionschargen. Prüfkriterien sind der Nachweis der Wirksamkeit, der Verträglichkeit und der technischen Qualität des Impfstoffs; der Nutzen des Einsatzes muss das potenzielle Risiko übersteigen. Eine Zulassung ohne umfassende Wirksamkeitsdaten (d. h. bereits nach Phase II) hat die EMA wie viele andere Zulassungsbehörden weltweit für Covid-19-Impfstoffe ausgeschlossen.
  • Teil der Prüfung des Zulassungsantrags durch die EMA ist eine Inspektion der Produktionsanlagen; egal, wo in der Welt sie stehen. Ausnahmen davon gibt es nur bei wenigen Ländern (wie den USA oder Australien), wo ersatzweise auch das Inspektionsergebnis der dortigen Zulassungsbehörde akzeptiert wird.
  • Die für den Impfstoff zuständige Firma bzw. Firmenniederlassung in der EU muss auch über eine sogenannte „Sachkundige Person“ verfügen. Diese muss nach entsprechender Prüfung die Chargenfreigabe für alle Impfstoffchargen erteilen, die in die EU geliefert werden, bevor diese in den Vertrieb gehen.
  • Parallel dazu muss auch eine Arzneimittelbehörde in der EU anhand von zugelieferten Chargen-Mustern die Chargenfreigabe vornehmen. Erst wenn beide Chargenfreigaben vorliegen – behördlich und im Unternehmen – können die betreffenden Impfstoffpackungen für die Versorgung ausgeliefert werden.
  • Das Unternehmen, auf das die EU-Zulassung läuft, muss zudem ein Team von Fachkräften für die Pharmakovigilanz unterhalten – also die Sicherheitsüberwachung des Impfstoffs.

Der erste Impfstoff aus Russland, für den auf diese Weise eine Zulassung angestrebt wird, ist "Sputnik V". Er wurde vom Moskauer Gamaleya-Institut entwickelt und wird nun von mehreren Herstellern produziert. Einer davon, R-Pharm, hat eine gleichnamige deutsche Tochter in Illertissen. Diese hat im März 2021 bei der EMA für Sputnik V einen "Rolling Review" gestartet, hat also erste Kapitel eines Zulassungsantrags eingereicht.

Seit Anfang Mai 2021 begutachtet die EMA ebenfalls im "Rolling Review"-Verfahren auch den Impfstoff "Covid-19 Vaccine (Vero Cell) Inactivated" des chinesischen Unternehmens Sinovac Life Sciences. Den Antrag stellte die italienischen Pharmafirma Life'On SRL. Der Impfstoff ist mittlerweile auch von der WHO anerkannt, so dass er beispielsweise im Rahmen des COVAX-Programms für die Versorgung weltweit verwendet werden kann.

Der Impfstoff COVIVAXX des indischen Unternehmens Serum Institute of India befindet sich noch mitten in der klinischen Erprobung. Bekannt ist aber schon, dass das deutsche Tochterunternehmen Vakzine Projekt Management ausersehen ist, sich um den Zulassungsantrag für die EU zu kümmern, wenn erst die Erprobung mit guten Ergebnissen abgeschlossen ist.

Einsatz in EU-Ländern

Die Richtlinie 2001/83/EG sieht keine Notfallzulassungen vor; diese können aber die EU-Länder in der Pandemie auf nationaler Ebene erteilen. So setzt Ungarn den russischen Impfstoff Sputnik V und den chinesischen Sinopharm-Impfstoff ein; beide noch ohne eine EU-Zulassung (Ungarn plant zudem, den Impfstoff von Sinopharm auch im eigenen Land zu produzieren). Auch die Slowakei setzte Sputnik V ein. Bayern hat Sputnik V-Dosen vorbestellt; doch werden die Bestellung erst gültig, wenn der Impfstoff eine EU-Zulassung erhält.