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Orphan Drugs - Fortschritte für Patienten mit seltenen Krankheiten

Was sind seltene Krankheiten?

Es gibt zahlreiche schwere oder lebensbedrohliche Krankheiten, an denen nur relativ wenige Menschen erkranken. Diese bezeichnet man häufig auch als „Orphan Diseases“. Medikamente gegen diese Krankheiten werden demzufolge als „Orphan Drugs“ bezeichnet. In Europa gilt eine Krankheit als selten, wenn nicht mehr als einer von 2.000 EU-Einwohnern betroffen ist. Insgesamt leiden in Europa ca. 30 Millionen Menschen an etwa 6.000 verschiedenen seltenen Krankheiten, davon allein ca. 4 Millionen in Deutschland. Die wohl bekanntesten unter den seltenen Krankheiten dürften die Mukoviszidose und die Bluterkrankheit sein.

Orphan Drugs
Der Begriff „Orphan Diseases“ ist darauf zurückzuführen, dass es sich um Krankheiten handelt, um die sich wegen ihrer Seltenheit früher niemand so richtig gekümmert hat. Dies hat sich aber in den letzten Jahren geändert. Zunächst 1983 in den USA, 1993 in Japan und schließlich mit dem Inkrafttreten der europäischen Verordnung für Orphan Drugs im Jahr 2000 in Europa wurden geeignete Rahmenbedingungen für die Erforschung, Entwicklung, Zulassung und Vermarktung von Präparaten für diese kleinen Gruppen geschaffen, um die Behandlungsmöglichkeiten der betroffenen Patienten zu verbessern. Die Verordnung umfasst Produkte zur Diagnose, Prävention oder Behandlung von seltenen lebensbedrohlichen oder schweren chronischen Krankheiten, für die bisher keine oder keine zufriedenstellende Therapie existierte; gibt es bereits Therapiemöglichkeiten bei einer seltenen Krankheit, können nur solche Medikamente den Orphan-Status erhalten, für die ein signifikanter Nutzen über das bisher erreichte Behandlungsniveau hinaus zu erwarten ist. Zu den Fördermaßnahmen der EU gehören etwa ein zehnjähriges Marktexklusivrecht ab Zulassung sowie die kostenfreie wissenschaftliche Beratung durch die europäische Zulassungsagentur EMEA und ein 50%-iger Erlass der Zulassungsgebühren.

Für klinische Studien müssen neue Wirkstoffe in kleinen Mengen gergestellt werdenInsgesamt sind derzeit 52 Orphan Drugs zugelassen, und mehr als 650 Entwicklungsprojekte haben den Orphan-Status zuerkannt bekommen. Auch bei den Zuerkennungen ist die Tendenz weiterhin steigend. Von allen bis heute zugelassenen Orphan Drugs sind elf biopharmazeutischer Herkunft. Darunter fällt beispielsweise ein monoklonaler Antikörper gegen paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie, bei der durch einen Gendefekt die roten Blutkörperchen vorzeitig zerstört werden; dies kann zu lebensbedrohlichen Thrombosen führen. Außerdem sind sechs gentechnisch erzeugte Enzympräparate zur Behandlung von Enzymmangelerkrankungen zugelassen, die bei den angeborenen Stoffwechselstörungen Morbus Pompe, Morbus Fabry und unterschiedlichen Arten von Mucopolysaccharidose den genetisch bedingten Mangel eines wichtigen Enzyms ausgleichen. Hinzu kommen zwei Medikamente gegen Wachstumsstörungen und eines gegen eine Störung der Blutplättchen. Zwei weitere gentechnisch hergestellte Enzympräparate gegen die seltenen Krankheiten Mukoviszidose und Morbus Gaucher waren bereits vor Inkrafttreten der europäischen Verordnung zu Orphan Medicinal Products zugelassen worden.

Der Handlungsbedarf bei seltenen Krankheiten ist nach wie vor sehr groß, denn bereits die Diagnose der Krankheiten gestaltet sich aufgrund ihrer Seltenheit als sehr schwierig. Dies ist zum einen auf die nicht ausreichende Ausbildung der Ärzte im Hinblick auf die Vielzahl der seltenen Krankheiten zurückzuführen, zum anderen auf unzureichende Aufklärungsprogramme in der Öffentlichkeit. Dies erschwert nicht nur die Diagnosestellung, sondern vor allem auch den Zugang der Patienten zu innovativen Therapien. Die zunehmende Entwicklung von Orphan Drugs bringt aber all den Patienten eine Aussicht auf Behandlungsmöglichkeiten, die bislang gar nicht oder nur unzureichend therapiert werden konnten. Die forschenden Arzneimittelhersteller und hier auch insbesondere viele Biotech-Firmen engagieren sich auf diesem Gebiet, indem sie seltene Krankheiten erforschen und Arzneimittel für die wenigen betroffenen Patienten entwickeln.