Drucken
öffnen / schließen
Wenn Sie diese Felder durch einen Klick aktivieren, werden Informationen an Facebook, Twitter oder Google in die USA übertragen und unter Umständen auch dort gespeichert. Näheres erfahren Sie hier: https://www.heise.de/ct/artikel/2-Klicks-fuer-mehr-Datenschutz-1333879.html

Medikamentöse Behandlung älterer Patienten

Mit dem Alter steigt das Risiko für eine Reihe von Krankheiten: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Schlaganfälle, Typ-2-Diabetes, Osteoporose, Prostatavergrößerung, Herzinsuffizienz u. a. Auch werden durch die nachlassende Immunabwehr einige Infektionskrankheiten gefährlicher, etwa Grippe oder Lungenentzündung. Medikamente helfen den alten Patienten, mit diesen Krankheiten besser zu leben. Andererseits muss ihre Verordnung sorgfältig geplant und überwacht werden, damit sie wirklich nutzt und nicht schadet. Dabei helfen neben den Angaben der Hersteller in den Fachinformationen auch Handreichungen wie die PRISCUS-Liste oder die FORTA-Klassifikation.

Viele ältere Patienten müssen täglich mehrere Medikamente einnehmenZwar wirken Medikamente bei Senioren nicht grundsätzlich anders als bei Patienten mittleren Alters. Diese haben aber oft eine eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion, was bei vielen Präparaten bei der Dosierung berücksichtigt werden muss. Auch nehmen ältere Patienten oft mehrere Medikamente gleichzeitig ein, was zu Wechselwirkungen führen kann. Und bestimmte Nebenwirkungen wie Delir treten bei alten Patienten weitaus häufiger auf als bei jüngeren.

Pharmafirmen untersuchen das und nehmen die Ergebnisse in die ständig aktualisierte Fachinformation zum jeweiligen Medikament auf. Fachinformationen sind kurze Zusammenfassungen der für die Zulassung eingereichten Belege für die Sicherheit und Wirksamkeit eines Medikaments, die vom Hersteller in Abstimmung mit den Behörden für Ärzte und Apotheker verfasst werden. Die Fachinformation zu einem bestimmten Medikament können Ärzte und Apotheker beispielsweise unter www.fachinfo.de abrufen. Für EU-weit zugelassene Medikamente sind diese über die Suchfunktion unter www.emea.europa.eu/ema/ allgemein zugänglich.

Klinische Studien mit Senioren

Alle Medikamente müssen mit den Patientengruppen geprüft werden, die für eine Anwendung in Frage kommen. Bei einigen Medikamenten erfolgt dies in speziellen Studien mit Senioren. Einige Beispiele:

  • "Bruton's Tyrosine Kinase Inhibitor Ibrutinib as Maintenance Treatment in Elderly Patients With Primary CNS Lymphoma" (siehe www.clinicaltrials.gov, Identifier: NCT02623010)
  • „Saxagliptin Compared to Glimepiride in Elderly Type 2 Diabetes Patients, With Inadequate Glycemic Control on Metformin” (siehe www.clinicaltrials.gov, Identifier: NCT01006603)
  • „Treatment of Older Adults With Acute Lymphoblastic Leukemia“ (www.clinicalTrials.gov, Identifier: NCT00973752)
  • “Study to Evaluate GSK Biologicals' Herpes Zoster Vaccine GSK1437173A in Adults Aged >= 70 Years” (www.clinicalTrials.gov Identifier: NCT01165229)
  • „Treatment of Hypertension in Patients 80 Years of Age or Older“ (www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa0801369)

Einige Medikamente wurden und werden sogar ausdrücklich für den Einsatz bei Senioren entwickelt, etwa wirkverstärkte Grippeimpfstoffe (um Schwächen des Immunsystems auszugleichen) oder Einweg-Insulinpens für Diabetiker (zur einfachen Handhabung).

Die Unternehmen kümmern sich also zunehmend um die besondere Situation von Senioren.

Multimedikation

Die gleichzeitige Anwendung mehrerer Medikamente muss sorgfältig geplant werden, damit es nicht zu vermeidbaren Wechselwirkungen zwischen Präparaten kommt, die dazu führen, dass die Therapie nicht ausreichend wirkt oder schlecht vertragen wird. Mögliche Wechselwirkungen erkennen die Wissenschaftler des Herstellers häufig schon aufgrund der Wirkprinzipien und der Abbauprozesse für das jeweilige Medikament.

Zusätzlich werten sie berichtete Fälle von Wechselwirkungen aus, die bei klinischen Studien, bei Anwendungsbeobachtungen und im therapeutischen Alltag aufgetreten sind. Die Pharmaunternehmen informieren über diese Wechselwirkungen in den Packungsbeilagen und den Fachinformationen (s. o.).

Treten in der Praxis bei Patienten Wechselwirkungen auf, so sind es so gut wie immer längst bekannte Wechselwirkungen; selten handelt es sich um in der Medizin noch unbekannte Effekte. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Ärzte und Apotheker gut über das Risiko von Wechselwirkungen bei bestimmten Kombinationen unterrichtet sind.

Handreichungen für die behandelnden Ärzte

In den letzten Jahren haben mehrere medizinische Gremien Handreichungen ausgearbeitet, die Ärzten speziell bei älteren Patienten bei der Vermeidung von Problemen mit der Verträglichkeit der Medikation helfen sollen. Dazu gehören insbesondere die
PRISCUS-Liste sowie die FORTA-Klassifikation.

Beide Handreichungen sind dazu gemacht, dass ältere Patienten eine gute Behandlung erhalten und unnötige Risiken vermieden werden. Sie können Fachkräften dabei helfen, sich auch in der oft unvermeidlichen Hektik des Praxisalltags genügend Zeit für die individuelle Medikamentenauswahl, für Dosisanpassungen und Patientenschulungen zu nehmen.

Für eine evidenzgesicherte Arzneimitteltherapie alter Menschen

Neueste Entwicklungen bei der Arzneimitteltherapie von Menschen im Alter waren im November 2019 Thema eines zweitägigen Symposiums der Paul-Martini-Stiftung in Verbindung mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina (Abstracts hier). Wichtige Aspekte des Symposiums sind in einer Pressemitteilung zusammengefasst.