Warum das Sparen bei den Arzneimittelausgaben so schwierig ist...
Ärzte: Zu Unrecht der Milliarden-Verschwendung bezichtigtAngesichts ungelöster Finanzprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung hat sich in der öffentlichen Meinung eine These mehr und mehr verfestigt: Die Ärzte würden den Kassen unnötige Milliardenkosten aufbürden, weil sie neuartige Arzneimittel verordneten, die zwar teuer seien, aber keinen medizinischen Zusatz-Nutzen hätten. Wolle man Einsparungen erreichen, brauche man die Ärzte bloß von solcher Verschwendung abhalten. Doch die diesbezüglichen ehrgeizigen Einsparziele der Politik werden immer wieder verfehlt. Jetzt wird klar warum: Die Statistiken, die die Verschwendung beziffern, beruhen auf falschen Annahmen und haben schwere methodische Fehler.
Die Berechnungen der Einsparpotentiale basieren auf der so genannten "Strukturkomponente", wie sie der Arzneiverordnungs-Report (AVR) Jahr für Jahr ermittelt. Die Strukturkomponente beschreibt, inwieweit sich Veränderungen in den Arzneimittelausgaben auf ein verändertes Verordnungsverhalten der Ärzte zurückführen lassen. Die Berechnung der Strukturkomponente im AVR weist aber seit Jahren methodische Fehler auf: So werden Verschiebungen in den Verordnungen zu größeren Packungen mit niedrigen Preisen je Tagesdosis nicht etwa als Einsparungen, sondern als Mehrumsatz missdeutet. Vor allem aber wird die Strukturkomponente künstlich aufgebläht, weil die Autoren nicht ausreichend berücksichtigen, dass Arzneimittel untereinander nicht beliebig austauschbar sind. Steigende Ausgaben bei Krebsmedikamenten und gleichzeitig sinkende bei Venensalbe bedeuten nämlich nicht, dass es eine Veränderung im Verordnungsverhalten der Ärzte weg von Venensalbe hin zu Krebsmedikamenten gibt. Denn natürlich können Krebsmittel und Venensalbe einander nicht ersetzten.
Der im September 2006 erstmals präsentierte Arzneimittel-Atlas berechnet die Strukturkomponente nun wesentlich differenzierter. Er betrachtet Veränderungen der Verordnungsstruktur indikationsweise und bestimmt den Beitrag von medizinischen, epidemiologischen und wirtschaftlichen Faktoren zu den jährlichen Veränderungen der Ausgaben. Ergebnis ist, dass Mehrausgaben in erster Linie durch eine verbesserte Versorgung von schwer- und schwerstkranken Patienten mit Arzneimitteln bedingt sind.
Der Arzneimittel-Atlas belegt auch, dass die Ärzte den Appellen zur Substitution niedrigpreisiger Alternativen innerhalb derselben Wirkstoffgruppe weitgehend folgen. Zudem verschreiben sie, wie es von ihnen gefordert wird, immer weniger Präparate mit umstrittener Wirkung. Mehrumsätze durch den Einsatz höherpreisiger Medikamente folgen ganz überwiegend medizinischen Empfehlungen.
Zu den Resultaten des Arzneimittel-Atlas' passen auch die Ergebnisse von VFA-Auswertungen der Arzneimittelumsätze im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung. Demnach ist es in der jüngeren Vergangenheit zu überdurchschnittlichen Umsatz- und Verordnungszuwächsen insbesondere bei schwerwiegenden und chronischen Erkrankungen, wie Hypertonie und Diabetes, gekommen. In den ersten neun Monaten 2006 stiegen vor allem die Ausgaben in folgenden Bereichen:
- Krebserkrankungen (antineoplastische Mittel, zytostatische Hormone),
- Immuntherapeutika (verschied. Indikationen, u.a. rheumatoide Arthritis und Morbus Crohn),
- Parkinsonpräparate,
- psychische Erkrankungen (atypische Antipsychotika),
- Impfstoffe,
- Virusinfektionen (Proteasehemmer, Transkriptase-Inhibitoren) sowie"Politik und Öffentlichkeit wurden offensichtlich jahrelang falsch beraten", kommentierte Andreas Krebs, Geschäftsführer der Wyeth Pharma GmbH und Vorstandsmitglied des VFA die Erkenntnisse aus dem Arzneimittelatlas und forderte Konsequenzen für die politische Debatte: "Wir müssen jetzt darüber reden, wie wir unsere Patienten versorgen, weil schon jetzt Patienten in Deutschland unter den Sparbemühungen der Gesundheitspolitik zu leiden haben."
- Alzheimer.
Der Arzneimittel-Atlas 2006 ist im Buchhandel erhältlich (Urban & Vogel Medien und Medizin Verlagsgesellschaft ISBN 10: 3-89935-234-3; ISBN 13: 978-3-89935-234-4).
- Virusinfektionen (Proteasehemmer, Transkriptase-Inhibitoren) sowie
- Impfstoffe,
- psychische Erkrankungen (atypische Antipsychotika),
- Parkinsonpräparate,
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Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 46 weltweit führenden Herstellern und ihren rund 90 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa stehen für mehr als die Hälfte des deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland rund 100.000 Mitarbeiter:innen. Rund 20.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.
- Immuntherapeutika (verschied. Indikationen, u.a. rheumatoide Arthritis und Morbus Crohn),