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Analogpräparate essentiell für moderne Therapien

Der Wert von Analogpräparaten wird in gesundheitspolitischen Diskussionen kontrovers beurteilt. Diese werden als "Scheininnovationen" diffamiert, deren Preis im Verhältnis zu ihrem therapeutischen Nutzen zu hoch sei. Über ihren tatsächlichen therapeutischen und ökonomischen Nutzen verlautet faktisch dagegen wenig. Aber Tatsache ist:

  • Analogpräparate sind meist das Ergebnis gleichzeitiger Forschung (Parallelforschung). Dies belegt eine aktuelle US-Studie des renommierten Tufts Center for the Study of Drug Development. [1]
    • Analogwirkstoffe optimieren die Wirkstoffpalette und haben in vielen Fällen erst zum Durchbruch bzw. zum Erhalt einer neuen Therapie in einer Wirkstoffklasse beigetragen.
      • Analogpräparate verkürzen die Monopolstellung des Erstwirkstoffes am Markt und führen frühzeitig, das heißt lange vor dem Markteintritt von Generika, zu einem breit angelegten Preiswettbewerb. Der angestoßene Preiswettbewerb wird durch weitere Analogwirkstoffe, die Marktreife erlangen, verstetigt.
        • Analogwirkstoffe sind pauschal keine Kostentreiber. Berechnungen aus dem Arzneiverordnungs-Report 2004 belegen: Arzneimittel mit einem neuartigen Wirkstoff oder einem neuartigen Wirkprinzip kosteten 2003 im Durchschnitt 194,96 Euro je Verordnung; Analogpräparate dagegen nur durchschnittlich 79,73 Euro, also rund 59% weniger.
        Was sind Analogwirkstoffe?

        Mit der Markteinführung des ersten Wirkstoffs, der sich durch eine neuartige Struktur und ein neues Wirkprinzip mit therapeutischer Relevanz auszeichnet, wird eine neue Wirkstoffklasse begründet. Analogwirkstoffe gehören zur Wirkstoffklasse des Erstwirkstoffes und weisen Strukturabwandlungen an seinem Grundmolekül auf. Diese Abwandlungen können unterschiedlich stark sein, wodurch therapeutische Unterschiede resultieren.

        Wie ist der Wert von Analogwirkstoffen nachzuweisen?

        Analogwirkstoffe können sich am Markt nur behaupten, wenn sie sich von der Erstsubstanz bzw. weiteren Analogwirkstoffen einer Wirkstoffklasse entweder in therapeutischer Hinsicht und/oder im Preis unterscheiden. Sie sind für die Therapieauswahl des Arztes unabdingbar, um eine patientenindividuelle Behandlung zu ermöglichen. Eine Einschätzung ihres therapeutischen Wertes kann anhand wichtiger Substanzmerkmale erfolgen, beispielsweise:
        1. Indikation: breiteres Wirkspektrum, längere Wirkdauer
          • Nebenwirkungen: bessere Verträglichkeit durch weniger (schwere) unerwünschte Arzneimittelwirkungen
            • Wechselwirkungen: weniger Unverträglichkeiten mit anderen Arzneimitteln
              • Dosierung: verminderte Substanzbelastung des Körpers
                • Pharmakokinetik: Aufnahme, Verteilung und Abbau im Körper sowie Ausscheidung des Wirkstoffes verlaufen günstiger.
        Sollte sich ein Analogwirkstoff in keinem der erwähnten Merkmale von den anderen Wirkstoffen einer Wirkstoffklasse unterscheiden und auch nicht preiswerter sein, wird sich dieser am Markt kaum behaupten können.

        Was bedeutet Parallelforschung und ist die Erstsubstanz einer Wirkstoffklasse immer die Beste?

        Um einen neuen Wirkstoff mit einem neuartigen Therapieprinzip zu entwickeln, sind hohe Forschungsaufwendungen notwendig. Das Risiko des Scheiterns ist dabei hoch. An der Lösung von Therapieproblemen arbeiten zumindest bei den weiter verbreiteten Krankheiten weltweit meist mehrere Forscherteams parallel. Die vorgenannte US-Studie belegt: In den späten 90er Jahren waren in den USA mehr als ein Drittel der Analogwirkstoffe in der Entwicklung weiter fortgeschritten (d.h. bereits in klinischer Prüfung am Menschen) als der Wirkstoff, der später zuerst zugelassen wurde [2]. Welche Wirksubstanz in welcher Entwicklungsetappe also gerade "vorn" liegt, kann sich beispielsweise durch Verzögerungen bei den klinischen Prüfungen oder bei der Zulassung schnell ändern. Ausdruck dieses "offenen Entwicklungsrennens" sind Analogpräparate, die der Erstsubstanz oft nur kurze Zeit später in den Markt folgen.

        Dass die Erstsubstanz nicht immer die "Beste" in einer Wirkstoffklasse ist, beweisen Analogwirkstoffe, die sich am Markt aufgrund ihrer verbesserten Substanzeigenschaften gegen den Erstwirkstoff durchgesetzt haben (z.B. trizyklisches Antidepressivum Amitriptylin vs. Imi-pramin, ACE-Hemmer Enalapril vs. Captopril, H2-Rezeptor-Antagonist Ranitidin vs. Cimetidin). Es gibt zudem Beispiele, wo erst durch Folgewirkstoffe ein neues Wirkprinzip weiter fortbestehen konnte, da der Erstwirkstoff vom Markt genommen wurde (z.B. Antidepressivum Zimeldin, Antiallergikum Terfenadin).

        Verteuern Analogpräparate die Arzneimittelkosten für die GKV?

        Eine Studie des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung GmbH (IGES) [3] hat nachgewiesen, dass das Gegenteil der Fall ist: Von Analogpräparaten geht einerseits ein dämpfender Effekt auf den Preis der Erstsubstanz und andererseits eine Verlagerung zur Verordnung preisgünstigerer Analogpräparate aus. Der angestoßene Preiswettbewerb zwischen Original- und Analogpräparat wird durch weitere neu zugelassene Analogpräparate verstetigt. Ohne Analogpräparate wäre also der Preis innovativer Arzneimittel, das betrifft sowohl den Erst- als auch die Nachfolgewirkstoffe sowie die späteren Generika, höher.

        Fazit

        Analogpräparate sind für eine moderne und effiziente Arzneimitteltherapie unentbehrlich. Eine pauschale Diskriminierung dieser Arzneimittel ist auf Grund ihrer medizinischen und ökonomischen Bedeutung nicht gerechtfertigt.
1DiMAsi et Paquette, Tufts Center for the Study of Drug Development, "The Economics of follow-on Drug Research and Development", Pharmacoeconomics (22), Suppl. 2, September 2004
2vgl. Fn. 1
3Häussler, B. u.a. "Analog-Wirkstoffe im Arzneimittelmarkt: Therapeutischer Nutzen und Bedeutung für die Ausgaben der Krankenversicherung", herausgegeben vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung, Berlin 2002