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Stellungnahme zur Überprüfung der gesetzlichen Herstellerabschläge nach § 130a SGB V durch das BMG im Jahr 2011

Mit Schreiben vom 17.11.2011 hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mitgeteilt, dass es nach Maßgabe der europäischen Transparenzrichtlinie 89/105/EG und des § 130a Abs. 4 S. 1 SGB V regelmäßig die Erforderlichkeit der Herstellerabschläge nach § 130a SGB V prüfe. Im Rahmen dieser Prüfung gibt das Ministerium dem vfa wie auch anderen Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.12.2011.

Die Überprüfung durch das BMG wäre aufgrund der gesetzlichen Vorgaben erstmals spätestens zum 31.07.2011 fällig gewesen. Der vfa erwartet daher nunmehr eine zügige Durchführung der Prüfung – streng nach den gesetzlichen Kriterien – und nimmt wie folgt Stellung:

Die gesamtwirtschaftliche Lage, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung, hat sich deutlich verbessert. Damit ist die gesetzliche Grundlage für die Zwangsrabattregelungen in ihrer geltenden Fassung entfallen, so dass danach eine Rücknahme des Zwangsrabatts, zumindest aber eine deutliche Absenkung, zu erwarten ist. Selbstverständlich ist auch der vfa daran interessiert, dass die langfristige Finanzierung des GKV-Systems gesichert ist. Daher ist der vfa bereit, auch zukünftig konstruktiv an Modellen und Vorschlägen zur langfristigen Sicherung der Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems aktiv beizutragen.

Zusammenfassung:

  • Der erhöhte Herstellerabschlag ist in seinen drei Komponenten - der Höhe, der Dauer und dem sehr weit zurückwirkenden Preisstopp - ein massiver Eingriff in das grundrechtlich geschützte Recht der betroffenen Unternehmen auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, der deshalb permanent im Hinblick auf seine Verhältnismäßigkeit und damit seine Grundrechtskonformität zu überprüfen ist. Die unternehmerische Planungssicherheit wird durch die Zwangsrabatte gravierend eingeschränkt. Es handelt sich um eine staatlich diktierte Preissenkung, die die Deckungsbeiträge verringert und damit auch die Investitionen in Forschung und Entwicklung nachhaltig erschwert. Eine solche Maßnahme ist allenfalls vor dem Hintergrund einer kurzfristig entstandenen extremen Notlage als Überbrückungsmaßnahme für eine eng begrenzte Zeitdauer ausnahmsweise zu rechtfertigen. Diesem Gedanken tragen auch die Überprüfungs- und Anpassungsregelungen der europäischen Transparenzrichtlinie 89/105/EG Rechnung, die mindestens eine jährliche Prüfung zwingend verlangen. Diese Prüfungspflicht ist per Gesetz durch das BSSichG konkretisiert worden, vgl. § 130a Abs. 4 S. 1 SGB V. Danach hat das BMG die Erforderlichkeit des Herstellerabschlags jährlich zu überprüfen, was vom Ministerium erst jetzt in Angriff genommen wird.
  • Die gesetzlichen Voraussetzungen für die durch das GKV-Änderungsgesetz vorgenommene Erhöhung des Herstellerabschlags für verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Festbetrag von sechs auf 16 Prozent sind entfallen. Das Gesetz sieht die Aufhebung des Zwangsrabatts für den Fall vor, dass die gesamtwirtschaftliche Lage einschließlich der Auswirkungen auf die GKV ein Aufrechterhalten des Abschlages nicht rechtfertigt (§ 130a Abs. 4 SGB V). Betrachtet man die gesamtwirtschaftliche Situation und die Kassenlage der GKV ist dies zweifelsfrei der Fall. Nach Angaben des Schätzerkreises vom 12.10.2011 schließt der Gesundheitsfonds das Jahr 2011 mit einem Überschuss von rund 4,4 Mrd. Euro ab und wird dann über eine Liquiditätsreserve von rund 8,6 Mrd. Euro verfügen. Zum Zeitpunkt der ersten Beratungen zur Erhöhung des Herstellerabschlages war noch von einem Defizit des Fonds in Höhe von 11 Mrd. Euro ausgegangen worden.
  • Nicht nur die Einnahmeentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung gestaltet sich besser als ursprünglich erwartet, vielmehr stiegen auch die Leistungsausgaben der Krankenkassen im 1. bis 3. Quartal 2011 deutlich weniger als prognostiziert (2,5 Prozent statt 4,1 Prozent je Versicherten). Dementsprechend teilte das BMG per Pressemitteilung vom 06.12.2011 mit, dass die Gesetzlichen Krankenkassen im 1. bis 3. Quartal 2011 einen Überschuss von rund 3,9 Mrd. Euro erzielten. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang, dass der vom Gesetzgeber mit der Erhöhung des Herstellerabschlags auf 16 Prozent in Verbindung mit dem Preismoratorium intendierte Regelungszweck – die Entlastung der Krankenkassen in Höhe von ca. 1,15 Mrd. Euro pro Jahr (vgl. BT-Drs. 17/2170, S. 36) – dem Grunde nach entfallen ist, ist der Herstellerrabatt mit Blick auf die Grundrechte der betroffenen Pharma-Unternehmen daher nicht mehr gerechtfertigt.
  • Die gesamtwirtschaftliche Lage, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung, rechtfertigt es mithin insgesamt nicht, an der Abschlagsregelung in der jetzigen Form festzuhalten. Im Ergebnis ist bei einer vergleichenden Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen Situation und ihrer Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung festzustellen, dass sich die Lage gegenwärtig wesentlich positiver und gänzlich anders darstellt als im März 2010 für 2011 prognostiziert wurde. Damit ist die rechtliche und wirtschaftliche Legitimationsgrundlage für die geltende Regelung mittlerweile erodiert.
  • Mit Besorgnis sehen wir, dass der bei strenger rechtlicher Prüfung des Herstellerabschlags vorhandene finanzielle Spielraum zur Aufhebung dieses Instruments durch ausgabensteigernde Beschlüsse in anderen Versorgungsbereichen konterkariert wird. So sieht beispielsweise das GKV-Versorgungsstrukturgesetz erhebliche Mehrausgaben für die gesetzlichen Krankenkassen durch Preiszuschläge für die Landärztevergütung sowie für die Bildung von durch die Krankenkassen zu finanzierenden Strukturfonds bei den Kassenärztlichen Vereinigungen vor. Allein für derartige Maßnahmen geht das Finanztableau von geschätzten jährlichen Mehrausgaben von rund 200 Mio. Euro aus. Auch für die vertragszahnärztliche Vergütung ist durch die Beschlüsse in den kommenden Jahren mit erheblichen Mehrausgaben zu rechnen (bis zu 120 Mio. Euro). Auf der anderen Seite werden der Pharmaindustrie über Jahre hohe und langfristig festgelegte Zwangsrabatte abgefordert. Das rechte Maß der Balance für die Belastbarkeit der beteiligten Versorgungsbereiche scheint zunehmend verloren zu gehen.

Überdies haben die maßgeblichen Krankenkassen bisher von der Erhebung von Zusatzbeiträgen der Versicherten abgesehen bzw. vor dem Hintergrund der jetzt vorliegenden positiven Zahlen deren Zurücknahme angekündigt, was ebenfalls ein deutliches Signal für eine stabile Finanzlage der Krankenkassen darstellt.

Im Einzelnen:

Gesetzliche Ausgangslage


Mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) von 2002 ist vom Gesetzgeber erstmals ein vom pharmazeutischen Unternehmer an die gesetzlichen Krankenkassen zu gewährender Herstellerabschlag in Verbindung mit einem Preismoratorium eingeführt worden (§ 130a SGB V), dessen Anwendungsbereich in den folgenden Jahren ausgeweitet worden ist. Schon mit dem BSSichG hat aber der Gesetzgeber auch eine grundlegende Regelung zur jährlichen Überprüfung der Erforderlichkeit des Herstellerabschlags und davon abhängigen Aufhebung bzw. Anpassung desselben in das SGB V aufgenommen (§ 130a Abs. 4 SGB V). Damit hat der Gesetzgeber eine entsprechende Vorgabe des Art. 4 der europäischen Transparenzrichtlinie 89/105/EG umgesetzt.

Durch das am 01.08.2010 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften (GKV-Änderungsgesetz) ist der Herstellerabschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Festbetrag von sechs auf 16 Prozent erhöht worden. Zugleich wurde rückwirkend zum 01.08.2009 ein Preismoratorium verhängt. Der auf 16 Prozent erhöhte Herstellerabschlag und das Preismoratorium gelten bis zum 31.12.2013 (§ 130a Abs. 1a SGB V). Mit dem GKV-Änderungsgesetz wurde aber auch die bereits bestehende Regelung zur jährlichen Überprüfung des Herstellerabschlags dahingehend ergänzt, dass diese ausdrücklich auch auf den erhöhten Herstellerabschlag nach § 130a Abs. 1a SGB V Anwendung findet.

Hiernach gilt: Das BMG hat nach einer Überprüfung der Erforderlichkeit der Abschläge nach den Absätzen 1, 1a und 3a nach Maßgabe des Artikels 4 der Transparenzrichtlinie die Abschläge durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates aufzuheben oder zu verringern, wenn und soweit diese nach der gesamtwirtschaftlichen Lage, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung, nicht mehr gerechtfertigt sind (§ 130a Abs. 4 S. 1 SGB V).

Ausschlaggebendes Kriterium ist allein die „gesamtwirtschaftliche Lage“

Bei der Überprüfung der Herstellerabschläge dürfen vom BMG ausschließlich die von Artikel 4 der Transparenzrichtlinie wie auch von § 130a Abs. 4 S. 1 SGB V vorgegebenen Kriterien zugrunde gelegt werden. So kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschriften allein darauf an, ob die „gesamtwirtschaftliche Lage“ ein Aufrechterhalten der Herstellerabschläge rechtfertigt oder nicht. Von Gesetzes wegen vorgesehen ist somit eine Vergleichsbetrachtung, bei der die heute bekannten Wirtschaftsdaten mit denen zu vergleichen sind, die bei den ersten Überlegungen zur Erhöhung des Herstellerabschlags in den Eckpunkten des BMG zur Nachhaltigen Neuordnung des Arzneimittelmarktes vom 26.03.2010 zur Verfügung standen. Bei dieser Vergleichsbetrachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage ist dann auch deren „Auswirkung auf die gesetzliche Krankenversicherung“ zu berücksichtigen.

Es wäre demgegenüber unzulässig, die Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Herstellerabschläge maßgeblich von den mit dem GKV-Änderungsgesetz und dem AMNOG einhergehenden mittelfristigen Erwartungen des Gesetzgebers abhängig zu machen: Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Überprüfungs- und Anpassungsregelungen der Transparenzrichtlinie wie auch des § 130a Abs. 4 S. 1 SGB V ist die „gesamtwirtschaftliche Lage“ das ausschlaggebende Kriterium, die zudem jährlich (nach Artikel 4 der Transparenzrichtlinie sogar „mindestens einmal jährlich“) zu überprüfen ist. Der Gesetzgeber hat die in der Überprüfungs- und Anpassungsregelung des § 130a Abs. 4 S. 1 SGB V vorgegebenen Prüfkriterien zudem gerade nicht mit dem GKV-Änderungsgesetz oder dem AMNOG geändert, sondern diese grundlegende Regelung bewusst unverändert erhalten und zusätzlich auf den Herstellerabschlag nach § 130a Abs. 1a SGB V erstreckt. Andere Erwägungen des Gesetzgebers beim Erlass der Abschlagsregelung – wie etwa auch ein zeitlich aufeinander folgendes Greifen verschiedener Kostendämpfungsinstrumente (hier: Herstellerabschlagserhöhung und Erstattungsbeträge) –, die jedoch keinen Niederschlag in den
Überprüfungs- und Anpassungskriterien gefunden haben, dürfen konsequenterweise auch nicht der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Die gesamtwirtschaftliche Lage rechtfertigt keinen Herstellerabschlag

Nimmt man eine vergleichende Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen Situation und ihrer Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung vor, ist insgesamt festzustellen, dass sich die Lage gegenwärtig wesentlich positiver darstellt als im März 2010.

Im Frühjahr 2010 rechnete der GKV-Schätzerkreis aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Ausgangslage sowie der seit Jahren steigenden Ausgaben für 2011 noch mit einem milliardenschweren Finanzierungsdefizit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Experten fürchteten insbesondere hohe Zuwachsraten für innovative Arzneimittel. Als Antwort erhöhte der Gesetzgeber 2010 zum einen den einheitlichen Beitragssatz um 0,6 Prozentpunkte, um die Einnahmeseite der GKV zu stärken. Zum anderen führte die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgabenentwicklung ein. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Neuordnung des Arzneimittelmarktes, bei der es eigentlich um eine wettbewerbliche Preisfindung geht. Im Vorfeld dessen setzte der Gesetzgeber aber auf eine dirigistische Preisregulierung für innovative Medikamente. Hierzu zählt der um 10 Prozentpunkte erhöhte Zwangsrabatt in Kombination mit einem Preismoratorium.

Doch die jüngste Prognose des Schätzerkreises zeichnet ein völlig neues Bild: Der Gesamtsaldo für den Gesundheitsfonds und die GKV wird in diesem Jahr voraussichtlich plus 8,6 Mrd. Euro betragen und nicht, wie ursprünglich erwartet, minus 11 Mrd. Euro. Die positiven Entwicklungen von Beschäftigung und Pro-Kopf-Löhnen werden laut Schätzerkreis in diesem Jahr für einen Einnahmeüberschuss von 4,4 Mrd. Euro sorgen. Auch für das Folgejahr 2012 gehen die Experten im BMG von einem Einnahmeüberschuss aus – trotz eines angenommenen Ausgabenwachstums von 4,5 Prozent, das nach neuesten Zahlen mit tatsächlichen 2,5 Prozent deutlich unterschritten wird.

Diese positive Entwicklung hat mehrere Gründe: Zum einen spiegelt sich die konjunkturelle Erholung in den gestiegenen beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen wieder – die vorausgegangenen Prognosen unterschätzten die wirtschaftliche Erholung deutlich. Zum anderen bleiben die Ausgabenzuwächse hinter den Erwartungen für das Jahr 2011 zurück. Dies resultiert vor allem aus Ausgabensenkungen bei den Arzneimitteln.

Insgesamt fällt die Arzneimittelversorgung auch in Relation zur Entwicklung der Gesamteinnahmen, die vor allem aufgrund der
günstigen Arbeitsmarkt- und Einkommensentwicklung um 4,4 Prozent höher liegen als noch im Vorjahr, positiv aus dem Rahmen. Diese Entwicklung schwächt sich im nächsten Jahr voraussichtlich ab – die Schätzer rechnen aber immer noch mit einem Plus von 1,2 Prozent gegenüber diesem Vorjahr. Nimmt man aber die Einnahmenentwicklung zum Maßstab für das weitere Wachstum der GKV-Ausgaben, dann stellt sich die Frage, warum Zuwächse in anderen Ausgabenkategorien in diesem oder ähnlichem Umfang toleriert werden, aber nicht bei der medikamentösen Versorgung.

Somit zeigt sich bei der Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage und ihrer Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung, dass die Lage im März 2010, als das BMG zum ersten Mal Eckpunkte mit den Vorhaben im Arzneimittelmarkt veröffentlichte, eine grundlegend andere war als aktuell. Anzumerken ist in diesem Kontext, dass der Gesetzgeber beispielsweise in der stationären Versorgung (Anstieg des Basisfallwerts) bereits der günstigen Entwicklung der beitragspflichtigen Einkommen Rechnung getragen hat. Der vfa würde es begrüßen, wenn auch das BMG bei den Herstellerabschlägen nun den erforderlichen Handlungswillen zeigt und die notwendige Anpassung an die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung vornimmt.

Kein Beurteilungs- oder Einschätzungsspielraum des BMG bezüglich der „gesamtwirtschaftlichen Lage“

Das BMG ist gesetzlich verpflichtet, seiner Entscheidung ausschließlich eine solche vergleichende Betrachtung zugrunde zu legen. Es handelt sich bei den Kriterien der „gesamtwirtschaftlichen Lage“ samt deren „Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung“ um unbestimmte Rechtsbegriffe, die als solche gerichtlich voll überprüfbar sind und insoweit nach allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen dem BMG auf der Tatbestandsseite insoweit keine Beurteilungs- oder Einschätzungsspielräume einräumen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass eine Erforderlichkeitsprüfung auch prognostische Element beinhalten kann. Denn die Erforderlichkeitsprüfung ist normativ eng an die Zielvorgaben des Artikel 4 der Transparenzrichtlinie wie auch des § 130a SGB V gebunden, der nur eine zumutbare Beteiligung der pharmazeutischen Unternehmen an der Stabilisierung der GKV-Ausgaben sicherstellen will (vgl. BT-Drs. 17/2170, S. 36). Auch solche prognostischen Annahmen müssen stets tatsachenbasiert sein, so dass sich auch hieraus keine Rechtfertigung für einen Aufrechterhaltung dieser dirigistischen Regulierungsmaßnahmen ableiten lässt.

Kein Ermessensspielraum des BMG bezüglich des Tätigwerdens

Das BMG ist nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut („hat“) sowohl zur Überprüfung der Erforderlichkeit der Herstellerabschläge als auch – für den hier vorliegenden Fall, dass diese nicht mehr gerechtfertigt sind - zu deren Aufhebung bzw. Verringerung verpflichtet. Auf der Rechtsfolgenseite besteht für das BMG ersichtlich kein Ermessensspielraum.

Notwendigkeit einer raschen Überprüfung durch das BMG

Nach dem Wortlaut des Artikel 4 Abs. 1 S. 1 der Transparenzrichtlinie und Sinn und Zweck der knüpft die Pflicht zur Überprüfung an den jeweiligen nationalen administrativen oder legislativen Verfügungsakt an („Verfügen die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates …“). Da der erhöhte Herstellerabschlag und das Preismoratorium mit Wirkung vom 01.08.2010 eingeführt wurden, hätte die Überprüfung durch das BMG an sich spätestens bis zum 31.07.2011 erfolgen müssen. Das Ergebnis der Überprüfung wiederum hätte mit Blick auf die in Artikel 4 Abs. 1 S. 2 der Transparenzrichtlinie genannte 90-Tage-Frist spätestens bis zum 29.10.2011 vorliegen müssen. Der vfa begrüßt es daher, dass das BMG diese Überprüfung nunmehr vornimmt und erwartet einen kurzfristigen Abschluss des Verfahrens.

Dialogbereitschaft des vfa

Das BMG ist aufgrund der vorstehend dargelegten Sach- und Rechtslage gehalten, die hieraus notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Dessen ungeachtet ist der vfa auch zukünftig an einem Dialog über die nachhaltige Sicherung der Finanzierung des Gesundheitssystems interessiert. Dies kann jedoch nur durch Lösungsansätze gelingen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandorts Deutschland erhalten und fördern und für alle Beteiligten faire Bedingungen für eine Teilnahme am System der Gesundheitsversorgung schaffen. Der vfa ist bereit, an Vorschlägen und Modellen, die diese Zielsetzungen verwirklichen, auch zukünftig konstruktiv mitzuwirken. Dabei setzt er auch auf die Dialogbereitschaft des BMG zur Frage der konsequenten Rückführung der Zwangsrabatte.