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ATMP: „Hier ist der Gesetzgeber nicht konsequent gewesen“

Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) versprechen eine große Hoffnung: die Heilung von Krankheit. Doch die Refinanzierung der sechs- bis siebenstelligen Kosten pro Behandlungsfall sind nicht gesichert. Das DRG-System ist zu rigide, der Gesetzgeber hat entscheidende Schritte versäumt.

Nahaufnahme blau eingefärbter Zellkulturen

Im Vergleich zur vertragsärztlichen Versorgung sind Krankenhäuser in einem entscheidenden Vorteil: Während Leistungen der ambulanten Medizin dem Erlaubnisvorbehalt des Gemeinsamen Bundesausschusses unterliegen, gilt für Kliniken der Verbotsvorbehalt. Alle Innovationen haben im Krankenhaus erst einmal grünes Licht – es sei denn, der Bundesausschuss schaltet die Ampel nach einer Evaluation auf rot.

DRG-System ist unflexibel

In diesem Fall aber kehrt sich der traditionell existierende Vorteil der stationären Versorgung beim Einsatz von Innovationen in einen Nachteil um: Grundsätzlich dürfen die Kliniken ATMP einsetzen – aber sie bleiben dabei zunächst einmal auf den hohen Kosten sitzen.

Ursächlich dafür ist das Fallpauschalensystem. Das deckt alle Kosten eines Behandlungsfalls ab, seit 2020 werden nur die Pflegepersonalkosten gesondert abgerechnet. Die Kosten für Arzneimittel sollen sich aus der DRG refinanzieren. Im Fall der ATMP erweist sich dieses System als nicht ausreichend flexibel: Denn ein eigenes Entgelt muss grundsätzlich in einem umständlichen und rigiden Verfahren – es gibt nur einen Antragsstichtag im Jahr – beim Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beantragt werden. Das Verfahren innerhalb des InEK ist intransparent.

Als Folge dessen bleibt Krankenhäusern, die ATMP einsetzen wollen, nur die Möglichkeit, in jedem Einzelfall für den betroffenen Patienten eine Kostenerstattung bei der jeweiligen Krankenkasse zu stellen. „Die Folge ist, dass CAR-T-Zelltherapien zu langsam in die Versorgung kommen. Weil es keine gesicherte Erstattung gibt, können die Kliniken nur wenige Behandlungen anbieten. Deutschland fällt hinter andere europäische Länder zurück“, kritisiert der Verbands der Universitätsklinika.

Die erhebliche Unsicherheit sieht auch der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken als Versorgungsproblem: Man könne nicht drei bis fünf Jahre warten, bis das InEK eine Entscheidung über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) und dafür adäquate Entgelte getroffen habe. Man hätte vom Gesetzgeber erwarten können, dass er, nachdem er die ATMP dem AMNOG-Verfahren und der frühen Nutzenbewertung unterworfen hat, auch dafür Sorge trägt, dass die Erstattungsfrage gelöst wird. Hecken: „Der Gesetzgeber hat die ATMP dem Paragrafen 35a unterworfen, aber nicht die Konsequenz für eine schnelle Erstattung gezogen.“

G-BA sucht Lösung

Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, bei einem InterviewJosef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen BundesausschussesEs sei ihm aber eine „Herzensangelegenheit“, so Hecken jüngst bei einem Symposion der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie, das für die Refinanzierung der ATMP eine Lösung gefunden werde. Auf Initiative des Bundesausschusses sei inzwischen gesetzlich geregelt, dass für ATMP spezielle Qualitätssicherungsmaßnahmen in Arzneimittelrichtlinien festgelegt werden können, die deren Einsatz auf wenige hochqualifizierte Zentren beschränken. Eine entsprechende Richtlinie, so Hecken, sei vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt worden. Die Folge müsse sein: „Wenn Qualitätsanforderung definiert und gesichert sind, dann muss es auch Vergütungssicherheit geben.“

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Wenn Qualitätsanforderungen definiert und garantiert sind, dann muss es auch Vergütungssicherheit geben.»

Josef Hecken, Vorsitzender des G-BA, zur Refinanzierung von Advanced Medicinal Therapy.xt

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit des vfa mit der ÄrzteZeitung.