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Wiesbadener Gesundheitsforum diskutiert schwarz-gelbe Gesundheitspolitik

Vor mehr als 300 Zuschauern aus Politik, Gesundheitswirtschaft, Patientengruppen und interessierten Bürgern fand am Abend des 1. September 2010 das Wiesbadener Gesundheitsforum statt. Die Diskussionsveranstaltung, die der vfa zusammen mit dem Land Hessen und der Stadt Wiesbaden alle zwei Jahre im Rahmen der Hessischen Gesundheitstage ausrichtet, stand in diesem Jahr unter der Überschrift: "Schwarz-gelbe Gesundheitspolitik - Zwischenbilanz nach einem Jahr".

Zu Beginn verteidigte der Hauptredner, Staatssekretär Daniel Bahr vom Bundesgesundheitsministerium, die Politik der Berliner Koalition. Zwar ginge auch ihm manches nicht schnell genug und müsse man auch in der Politik durch Kompromisse Abstriche von den eigenen Grundüberzeugungen machen, allerdings habe man zu Beginn der Koalition viel schwierigere finanzielle Voraussetzungen vorgefunden, als das noch im Wahlkampf zu erwarten war. Dennoch sei man nun auf einem guten Wege zu einer nachhaltigen Finanzierung des Gesundheitssystems, dessen Kosten schon aus demographischen Gründen aber auch wegen des medizinisch-technischen Fortschritts unausweichlich steigen würden, und zu weniger Regulierung und mehr Wettbewerb. In der Arzneimittelpolitik habe man neben kurzfristigen Maßnahmen, die leider wegen des hohen Defizits unumgänglich seien, den Einstieg in eine Neuordnung des Marktes gewagt, die zu faireren Preisen führen werde, ohne den sofortigen Zugang der Patienten zu neuen Arzneimitteln zu beschneiden.

In der anschließenden, vom Handelsblattredakteur Peter Thelen moderierten Podiumsdiskussion debattierten die Vorsitzende der Barmer GEK, Birgit Fischer, der Chef der KV Rheinland-Pfalz, Dr. Günter Gerhardt, der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Dr. Ralf-Norbert Bartelt und vfa-Hauptgeschäftsführerin, Cornelia Yzer, über die schwarz-gelbe Gesundheitspolitik.

Dr. Gerhardt erläuterte, dass aus seiner Sicht große Effizienzgewinne möglich wären, wenn man mit Ärzten und Patienten die Sektorgrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und Rehabilitation überwinden würde. Hier gebe es bereits gute Ansätze in Ärztenetzen, die aber von Krankenkassen und Politik viel zu wenig gefördert würden.

Frau Fischer verlangte mehr Anstrengungen bei der Prävention. Man müsse viel mehr als bisher die Ursachen teurer Erkrankungen bekämpfen. Die demographische Entwicklung führe nicht automatisch zu höheren Kosten. Wenn es gelinge, dass die Menschen länger gesund leben, würden die hohen Ausgaben wie bisher erst im letzten Lebensjahr anfallen. Auch brauche man viel größere Anstrengungen bei der Versorgungsforschung, damit die richtigen Therapien auch nur die Patienten bekämen, denen diese wirklich helfen. Leider seien die Kassen durch Fehlsteuerungen der Politik derzeit zu einem reinen Preiswettbewerb statt zu einem Qualitätswettbewerb gezwungen: "Unter dem aktuellen Druck der Zusatzbeiträge kann sich keine Kasse leisten in Qualitätsverbesserung zu investieren, die sich erst in drei Jahren bezahlt macht".

Frau Yzer widersprach dem Staatssekretär mit Nachdruck. Eine Veränderung zu mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem sehe sie bei der Bundesregierung derzeit gar nicht. Vielmehr sei alles wie immer: Zu Beginn einer Legislaturperiode werde erst einmal durch staatlich-planwirtschaftlichen Eingriff ein Zwangsrabatt verordnet. Diesen als kurzfristige Notmaßnahme zu verkaufen, sei angesichts der Laufzeit bis 2013 schon ein bemerkenswerter Vorgang. Aber auch das AMNOG selbst bringe in der derzeitigen Gesetzesfassung nicht mehr Wettbewerb. Die Industrie wehre sich nicht gegen eine frühe Bewertung des Nutzens neuer Arzneimittel. Allerdings könne sie keinen fairen Wettbewerb in der Tatsache erkennen, dass die Industrie künftig gezwungen werde, Preisverhandlungen mit dem nachfragemonopolistischen GKV-Spitzenverband zu führen, ohne dass für diesen zumindest das Wettbewerbs- und Kartellrecht gelte. Viel besser wäre es, wenn der Qualitätswettbewerb zwischen den Kassen dadurch gefördert würde, dass die Kassen, wie vom vfa vorgeschlagen, direkt mit den Herstellern Erstattungsbedingungen verhandeln könnten. Hierzu habe der Politik offensichtlich erneut der Mut gefehlt. Bahr entgegnete, dass die Grundzüge des AMNOG aus seiner Sicht politisch feststünden, für einzelne Verbesserungsvorschläge sei er aber offen.

Auch die „Pipeline der Gesundheit“ ist in Wiesbaden bei den Hessischen Gesundheitstagen zu Gast. Der damalige Hessische Gesundheitsminister Jürgen Banzer und die vfa-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer weihten die neun Mater lange am Freitag, d. 27. August 2010 um 12:30 Uhr auf dem Rathausplatz ein.